Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz gem § 2 Abs 2 S 1 iVm Abs 1 Nr 1 SGB 7. Wie-Beschäftigung. arbeitnehmerähnliche Tätigkeit. Gefälligkeitshandlung unter Verwandten. enge familiäre Beziehung. Brennholzsägen für die Tante und den Onkel

 

Orientierungssatz

Eine Wie-Beschäftigung gem § 2 Abs 2 S 1 iVm Abs 1 Nr 1 SGB 7 scheidet dann aus, wenn die unter Verwandten vorgenommene Gefälligkeitshandlung im Wesentlichen durch die familiären Beziehungen zwischen den Verwandten geprägt ist (hier: Brennholzsägen für die Tante und den Onkel).

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27. Oktober 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung des Ereignisses vom 01.11.2014 als Arbeitsunfall streitig.

Die im Jahr 1975 geborene Klägerin wurde am 01.11.2014 mit dem Notarztwagen in die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik A. gebracht, nachdem sie bei Sägearbeiten mit der rechten Hand in das laufende Sägeblatt gekommen war. Sie zog sich dabei mehrfragmentäre offene Frakturen und Strecksehnendurchtrennungen auf Höhe der Grundglieder der Finger D2 bis D5 sowie eine Verletzung des Nervs N3 zu. Die stationäre Behandlung erfolgte bis zum 20.11.2014.

Bei der Aufnahmeuntersuchung am 01.11.2014 gab die Klägerin an, sie sei im Rahmen einer Nachbarschaftshilfe verunglückt. Im Rahmen eines von der Verwaltungsberufsgenossenschaft durchgeführten Besuchsdienstes am 13.11.2014 führte die Klägerin aus, sie sei Polizeivollzugsbeamtin und habe die Sägearbeiten für das Ehepaar B. erbracht. Am 26.11.2014 teilte die Klägerin telefonisch mit, der Unfall habe sich im Rahmen einer Nachbarschaftshilfe beziehungsweise einer Gefälligkeitsleistung beim Sägen eines Baumes ereignet. Auf Anfrage der Verwaltungsberufsgenossenschaft führte sie in ihrem Schreiben vom 26.11.2014 aus, sie habe die Sägearbeiten beim Brennholzmachen für ihre im Jahr 1933 geborene Tante und ihren im Jahr 1928 geborenen Onkel durchgeführt. Für die Tätigkeit sei ein Tag eingeplant gewesen. Bis zu dem Unfall seien mehrere Festmeter Holz gesägt, gespalten und aufgesetzt worden. Die Sägearbeiten hätten um circa 9.30 Uhr begonnen. Der Unfall habe sich um circa 16.00 Uhr ereignet. Sie helfe ihrer Tante und ihrem Onkel ab und zu, je nach Erfordernis. Zuletzt habe sie ihnen am 03.10.2014 und 04.10.2014 beim Zusammenlesen von Äpfeln geholfen. Mit Bescheid vom 27.01.2015 führte die Verwaltungsberufsgenossenschaft aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Leistungen auf Grund des Unfalls vom 01.11.2014. Sie sei weder im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses noch als eine sogenannte “Wie-Beschäftigte„ tätig gewesen. Nach den Angaben der Klägerin handele es sich um eine Gefälligkeitsleistung unter Verwandten, bei der es sich auch nicht um eine länger dauernde, anstrengende und auch gefährliche Arbeit gehandelt habe, so dass sie zum Unfallzeitpunkt nicht arbeitnehmerähnlich tätig gewesen sei. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Verwaltungsberufsgenossenschaft mit Widerspruchsbescheid vom 26.03.2015 zurück. Hiergegen erhob die Klägerin zum Sozialgericht Heilbronn (SG) die unter dem Aktenzeichen S 6 U 1197/15 geführte Klage. Sie führte zur Begründung aus, sie sei am Unfalltag mit ihrer Lebensgefährtin von Heilbronn zu ihrer Tante und ihrem Onkel nach C. in D. gefahren, um beiden bei der Verarbeitung von circa drei bis vier Festmetern Holz zu helfen. Sie sei dabei als sogenannte “Wie-Beschäftigte„ unfallversichert gewesen. Da vorliegend mit einer Tätigkeit von circa einem Tag Dauer eine Tätigkeit von einigem Umfang gegeben gewesen sei und zum anderen der Familienverband zwischen Nichte und Tante/Onkel nicht als so eng wie zwischen Eheleuten oder Eltern und Kindern oder Geschwistern anzusehen sei, sei vorliegend keinesfalls von einer Gefälligkeit auszugehen, wobei hierbei auch besonders zu berücksichtigen sei, dass die Arbeiten mit Holz auf Grund der eingesetzten Werkzeuge eine erhöhte Gefährlichkeit im Vergleich zu typischen Gefälligkeiten, wie etwa der Hilfe beim Einkaufen oder dergleichen, aufwiesen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 18.06.2015 gab die Klägerin an, sie habe ihrer Tante und ihrem Onkel geholfen, da beide die Holzarbeiten nicht mehr alleine durchführen könnten. Es handele sich um ihre einzige Tante, zu der sie ein offenes, vertrautes Verhältnis habe. Sie habe ihr schon öfter geholfen, mal kurz hintereinander, dann mal länger nicht. Sie habe ihrer Tante wenigstens einmal im Jahr geholfen. Mit Urteil vom 18.06.2015 wies das SG die Klage ab. Die zum Unfall führende Tätigkeit der Klägerin habe auf einer Sonderbeziehung zu ihrer Tante und ihrem Onkel beruht. Grund hierfür sei die familiäre Bindung, die auch mit Leben ausgefüllt worden sei. Der Annahme einer Gefälligkeitsleistung stehe weder die Gefährlichkeit der Holzverarbeitung noch der zeitliche Umfang der ...

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