Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 2112. haftungsbegründende Kausalität. Konkurrenzursache. kniebelastende Tätigkeit. erforderlicher zeitlicher Umfang. Latenzzeit zwischen Aufgabe der belastenden Tätigkeit und Erkrankung. Gonarthrose. Hilfstätigkeiten in der Bau- und Landwirtschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der BK 2112 kann eine asymetrische Ausprägung ausnahmsweise dann nicht zur Verneinung eines Ursachenzusammenhangs führen, wenn bereits ein Fehlen des Kreuzbandes vorliegt, dass zu einer erheblich stärkeren Ausprägung der Gonarthrose führt.

2. Zwischen dem Ende der Exposition und der erstmaligen Diagnose der Erkrankung muss eine zeitliche Latenz von 5 Jahren liegen.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16. Oktober 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Anerkennung einer Gonarthrose als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).

Der am … 1949 geborene Kläger arbeitete nach dem Hauptschulabschluss im April 1964 bis November 1964 in der elterlichen Landwirtschaft mit. Von Dezember 1964 bis Juni 1965 war er bei der Fa. T. in B. als Helfer im Hoch- und Tiefbau tätig. Von Juli 1965 bis November 1965 arbeitete er ca. je zur Hälfte bei der Fa. T. und in der elterlichen Landwirtschaft. Von Dezember 1965 bis März 1966 war er als Waldarbeiter beschäftigt, von Juli bis September 1966 als Lkw-Fahrer für eine Brauerei, von Oktober 1966 bis Oktober 1967 je zur Hälfte bei der Fa. T. und in der elterlichen Landwirtschaft, von November 1967 bis Juli 1968 als Bauhelfer im Hochbau und Steinmetzgehilfe bei der Fa. M., von August 1968 bis zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses im September 2003 war er als Bauhelfer im Tief- und Straßenbau und Maschinist bei der Fa. F. tätig (Bl. L 14 S. 25 VV), zuletzt als Baumaschinenführer im Wechsel sitzend, stehend, gehend ohne wesentliche Hebe- und Tragebelastungen, ohne wirbelsäulen- oder kniebelastende Zwangshaltungen (vgl. Reha-Bericht Klink H.). 1979 übernahm er den elterlichen Betrieb und bewirtschaftete diesen als Nebenerwerbslandwirt weiter, die Großtierhaltung wurde 1983, die Tierhaltung insgesamt 1992 eingestellt. Kniebelastende Tätigkeiten in größerem Umfang führte er seit 1994 nicht mehr durch.

Seit 1997 ist bei ihm ein Grad der Behinderung von 60 seit 1996 wegen Bandscheibenveränderungen und wegen Bewegungseinschränkung im rechten Hüftgelenk und im Kniegelenk beiderseits mit Meniskusschaden rechts festgestellt, seit 09.05.2003 ein Gesamt-GdB von 70 und Merkzeichen G u. a. wegen Knorpelschäden am rechten Kniegelenk.

Der Kläger war seit Dezember 2002 arbeitsunfähig erkrankt. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 30.09.2003 wegen Insolvenz der Firma gekündigt. Seit März 2004 bezieht er Erwerbsunfähigkeitsrente.

Der arbeitsmedizinische Dienst der Beklagten beschrieb am 13.01.1999 einen Zustand nach diversen Kniegelenksspiegelungen rechts. Die Beugung im rechten Kniegelenk sei schmerzhaft eingeschränkt (L 5 S. 22 VV). Die Karteikarte der Unfallchirurgen Dres. F./J. enthält als Anamnese und Befund im Dezember 1996 Klagen über Schmerzen, keine auffällige Ergussbildung, geringe periartikuläre Schwellung, Beweglichkeit der Patella schmerzhaft eingeschränkt, Druckschmerz mit Gelenkspalt, Bewegungsschmerz, deutliche Varusfehlstellung, im März 1998 starke Schmerzen im rechten Kniegelenk, 23.03.1998 Klagen über starke Schmerzen im rechten Knie, massive Schwellung, Ergussbildung, Beweglichkeit schmerzhaft aufgehoben, am 26.03.1998 jetzt Schmerzen im linken Knie, keine Schwellung, keine Ergussbildung, Druckschmerz medialer Gelenkspalt, Bandführung stabil, Lackmanntest negativ; von Seiten des rechten Kniegelenks deutlich besser, geringe Schwellung, keine Ergussbildung, Beweglichkeit noch eingeschränkt, im September 2000 Klagen über Schmerzen im rechten Knie nach Belastung, Ergussbildung des rechten Kniegelenks, Druckschmerzhaftigkeit medial betont, Streckdefizit von 20°. Im Röntgenbild fand sich im März 1998 im rechten Knie eine schwere medialbetonte Gonarthrose mit Gelenkspaltverschmälerung, vermehrte subchondrale Sklerose des Tibiaplateaus, Kantenausziehungen an den Femurkondylen und am Tibiaplateau, Verplumpungen der Eminentiae, kein Hinweis auf freien Gelenkkörper; am linken Knie in zwei Ebenen ein knöchern unauffälliger Befund. Im September 2000 zeigte das Röntgenbild des rechten Knies eine massive mediale Gonarthrose bei noch weitgehend intaktem lateralem Kompartment.

Der Kläger erlitt in den Jahren 1975, 1981, 1994 und 1996 Arbeitsunfälle mit Verletzungen des rechten Knies (L 5 S. 25 VV), 1975 eine Bänderzerrung durch Sturz, 1981 einen Muskelanriss mit Schwellung, 1994 eine Bänderzerrung, 1996 eine Zerrung. Unfallanzeigen liegen vor über Unfälle am 14.08.1996 (L 5 S. 32 VV - Zerrung), 30.05.1996 (L 5 S. 36 - Kontusion, Schürfung dist...

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