Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstreckung einer Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs 5 S 2 SGB 6 auf eine befristete berufsfremde Beschäftigung. Antragserfordernis
Orientierungssatz
1. Die Erstreckung der Versicherungsbefreiung nach § 6 Abs 5 S 2 SGB 6 erfolgt (nur) aufgrund eines Verwaltungsakts des Rentenversicherungsträgers, der einen entsprechenden Antrag des in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherungspflichtigen voraussetzt. Sie tritt nicht ipso iure ein.
2. Versäumt der in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherungspflichtige innerhalb einer Drei-Monats-Frist nach § 6 Abs 4 S 1 SGB 6 ausgehend von der Aufnahme seiner grundsätzlich versicherungspflichtigen Tätigkeit die Antragstellung ist eine Erstreckung nach § 6 Abs 5 S 2 SGB 6 ausgeschlossen.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 8. Mai 2019 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger in seiner Beschäftigung als Leiter der Immobilienentwicklung bei der M. P. in M. /Australien vom 1. März 2017 bis zum 31. Mai 2018 von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist.
Der 1968 geborene Kläger ist seit dem 14. März 2005 als Rechtsanwalt bei der K. O. beschäftigt. Im Rahmen einer Entsendevereinbarung wurde der Kläger ab dem 1. März 2017 zunächst zeitlich befristet bis zum 28. Februar 2018 zur M. P. Nach M. /Australien entsandt. Die zeitlich befristete Tätigkeit des Klägers im Rahmen von Projekttätigkeiten in M. /Australien dauerte bis zum 31. Mai 2018 an.
Ausweislich einer Mitteilung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Land Hessen vom 5. April 2005 ist der Kläger seit dem 24. Januar 2000 kraft Gesetzes Mitglied des Versorgungswerkes und hat im Rahmen der Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) einkommensbezogene Pflichtbeiträge analog §§ 157 ff. SGB VI zu zahlen.
Mit Bescheid vom 25. Januar 2006 hatte die Beklagte den Kläger für die Tätigkeit als Rechtsanwalt bei der K. O. von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Eingangsdatum des Befreiungsantrages sei der 5. April 2005, Beginn des Beschäftigungsverhältnisses bzw. Versicherungspflicht als Selbstständiger sei der 14. März 2005, Beginn der Pflichtmitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung und der Berufskammer sei der 1. Februar 2000, Beginn der Befreiung sei der 14. März 2005.
Am 20. Juli 2017 beantragte der Kläger die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung im Wege einer Befreiung (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI) für die im Voraus zeitlich begrenzte Tätigkeit als Leiter der Immobilienentwicklung der M. P. In M. /Australien; Beginn der Beschäftigung sei der 1. März 2017.
Mit Bescheid vom 23. November 2017 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht vom 20. Juli 2017 für die vom 1. März 2017 bis 28. Februar 2018 befristete berufsfremde Beschäftigung als Leiter der Immobilienentwicklung der M. P. In M. /Australien ab. Der Kläger habe seine zeitlich befristete berufsfremde Beschäftigung am 1. März 2017 aufgenommen. Der Antrag auf Befreiung von Versicherungspflicht sei jedoch erst am 20. Juli 2017 beim Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg als zur Annahme von Befreiungsanträgen berechtigten Stelle eingegangen. Erfolge eine Ablösung des Kammerberufes durch eine zeitlich befristete berufsfremde Beschäftigung oder Tätigkeit, könne eine Erstreckung der Befreiung nicht ausgesprochen werden, wenn der Antrag nicht fristgerecht gestellt worden sei. Dies sei vorliegend der Fall.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2018 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 23. November 2017 zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, grundsätzlich sei eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI auf die jeweilige berufsgruppenspezifische, also kammerberufliche Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt. In Erweiterung des Tätigkeitsbezuges könne sie aber nach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI ausnahmsweise dann auf eine andere (berufsfremde) versicherungspflichtige Beschäftigung erstreckt werden, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder zeitlich im Voraus begrenzt sei und die Versorgungseinrichtung auch während der Ausübung dieser Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleiste. Damit solle erreicht werden, dass die kurzfristige und vorübergehende Ausübung einer anderen - unter Umständen auch berufsfremden - Tätigkeit den Betroffenen nicht zu einem Wechsel seines Systems der sozialen Sicherung zwinge. Der Gesetzeszweck sei dann erfüllt, wenn zuletzt vor der Aufnahme der neuen Beschäftigung, für die die Erstreckung begehrt werde, keine Zugehörigkeit zum System ...