Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften über die Bestimmung von Abschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente sowie der Vertrauensschutzregelungen
Orientierungssatz
Die Vorschriften über die Bestimmung von Abschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente und die Vertrauensschutzregelungen sind verfassungsgemäß (vgl BVerfG vom 5.2.2009 - 1 BvR 1631/04 = BVerfGK 15, 59 und vom 11.11.2008 - 1 BvL 3/05 ua = BVerfGE 122, 151 = SozR 4-2600 § 237 Nr 16, BSG vom 5.5.2009 - B 13 R 77/08 R, vom 19.11.2009 - B 13 R 5/09 R = SozR 4-2600 § 236 Nr 1 sowie vom 25.2.2010 - B 13 R 41/09 R).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. September 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger, der Altersrente für schwerbehinderte Menschen bezieht, wendet sich gegen Rentenabschläge für deren vorzeitige Inanspruchnahme.
Der am 1947 geborene Kläger absolvierte vom 1. April 1961 bis 3. September 1964 bei der Autohaus R. GmbH (im Folgenden: Autohaus R.) eine Ausbildung zum Kraftfahrzeug (Kfz)-Handwerker, die er als Geselle abschloss. Anschließend war er beim Autohaus R. zunächst als Kfz-Mechaniker, nach einer erfolgreich abgeschlossenen innerbetrieblichen Kundendienst-Schulung im Jahr 1985 als Service-Berater Kfz versicherungspflichtig beschäftigt. Ab 9. Oktober 2003 war er arbeitsunfähig und bezog zunächst ab 20. November 2003 Krankengeld, später Arbeitslosengeld. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 28. Februar 2006 beendet, der Kläger erhielt eine Abfindung in Höhe von € 24.000,00. Ab November 2006 war er als Fahrer in der Schülerbeförderung geringfügig beschäftigt.
Die ab 1985 ausgeübte Tätigkeit als Service-Berater Kfz beinhaltete nach Auskunft des Autohauses R. an die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) vom 2. Juni 2004 die Annahme von Pkws, Diagnose, Feststellung von Wartungs- und Reparaturbedarf, Endabnahme der Pkw von der Werkstatt, Probe- und Prüffahrten mit Pkws und leichten Nutzfahrzeugen sowie Übergabe an Kunden. Diese Tätigkeit wurde im allgemeinen von Facharbeitern mit einer Ausbildungsdauer von drei bis fünf Jahren verrichtet; sie beinhaltete keine Vorgesetztenfunktion. Sie war eingruppiert in Lohngruppe 5 - 6 des Lohnabkommens Kfz-Gewerbe Baden-Württemberg, wobei die Eingruppierung mitbestimmt wurde durch Bewährungsaufstieg bzw. mehrjährige Betriebszugehörigkeit. Die Tätigkeit erfolgte vorwiegend auf den Beinen, gehend und stehend, im Wechsel von Stehen/Gehen/Sitzen, oft in gebückter Haltung, in Zweischicht, mit künstlichem Licht und angestrengtem Sehen (Feinarbeit) sowie im Freien, bei Nässe, Kälte, Hitze, Zugluft, Druckluft, zeitweilig starkem Lärm und ständiger Konzentration, verbunden mit dem Fahren von Pkw und Lkw und sonstigen Fahrzeugen mit Hebearbeiten. Die Arbeitszeit belief sich auf fünf bis sechs Tage pro Woche, insgesamt 42 bis 45 Wochenstunden.
Am 18. Juni 1969 zog sich der Kläger bei einem schweren Pkw-Unfall komplizierte Brüche beider Oberschenkel zu, die aufgrund von Komplikationen und erneuter Brüche zu einer dauernden Fehlstellung und Verkürzung des rechten Beines führten. Ab Januar 1970 führte der Kläger nach seiner Behauptung mehrmonatige Rehabilitationsmaßnahmen durch und nahm seine Beschäftigung am 23. September 1970 wieder auf. In der Folge fanden nach seiner Behauptung mehrere Operationen, zunächst am rechten Knie, statt. 1990 wurde eine valgisierende Umstellungsosteotomie des rechten Oberschenkels durchgeführt. 1991 wurden Metalleinsatz und Verschraubung entfernt. 1996 wurde ein Ermüdungsbruch am rechten Bein diagnostiziert. 1999 erfolgte eine Operation am rechten Kniegelenk, bei der ein Knorpelschaden II. bis IV. Grades festgestellt wurde.
Vom 23. September bis 14. Oktober 1999 führte der Kläger eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der F.-Klinik B. B. durch, die er arbeitsfähig antrat und aus der er arbeitsfähig entlassen wurde. Chefarzt der Abteilung Innere Medizin/Rheumatologie Dr. M. stellte im Entlassungsbericht vom 19. November 1999 die Diagnosen ausgeprägte Varusgonarthrose rechts bei Zustand nach valgisierender Umstellungsosteotomie 1990 und arthroskopischer Gelenkrevision, metabolisches Syndrom sowie rezidivierende Lumbalgie. Das rechte Kniegelenk sei bis 120Grad, am Ende des Heilverfahrens bis 110Grad beweglich, Fersen- und Zehengang unauffällig, keine Druck- oder Klopfschmerzhaftigkeit der Wirbelsäule. Der Kläger habe postoperativ ab und zu belastungsabhängige Schmerzen im Kniegelenk, die Gehstrecke betrage drei bis vier km, Nachtschmerzen bestünden nicht. Es bestünden rezidivierende Beschwerden der Lendenwirbelsäule, Behandlungen würden nicht durchgeführt. Der Kläger treibe Sport in Form von Radfahren und Schwimmen. Dr. M. fand die körperliche Leistungsfähigkeit des Klägers aufgrund degenerativer Veränderungen am rechten Kniegelenk eingeschränkt. Vollschichtig ausgeführt werden kön...