Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis der Erwerbsminderung zur Bewilligung von Erwerbsminderungsrente unter Berücksichtigung der erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen
Orientierungssatz
1. Der Anspruch auf Erwerbsminderungsrente nach § 43 SGB 6 hat u. a. zur Voraussetzung, dass der Versicherte in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit nachweisen kann und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Damit geht einher, dass der Versicherungsschutz den Leistungsfall der Erwerbsminderung betreffend nur für einen Zeitraum von zwei Jahren nach dem Wegfall eines Bezugs zum Erwerbsleben aufrechterhalten bleibt.
2. Die Bewilligung von Erwerbsminderungsrente ist entsprechend den erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen davon abhängig, dass zu einem Zeitpunkt, zu dem Versicherungsschutz noch bestanden hat, der Versicherte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits erwerbsgemindert war.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 15.05.2018 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig. Die im Jahr 1970 geborene Klägerin, die keine Berufsausbildung durchlaufen hat, siedelte im Jahr 1987 aus der T. in die Bundesrepublik Deutschland über, wo sie sodann bis 1992 in einer Änderungsschneiderei tätig war. Seither ist sie nicht mehr erwerbstätig. Bei der Klägerin ist seit 10.08.2010 ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt (Bescheid des Landratsamts Z. vom 21.10.2010). Einen ersten Antrag der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung vom 11.08.2011 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.10.2011 ab. Am 10.12.2015 beantragte die Klägerin bei der Beklagten erneut die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Sie gab an, unter multiplen Beschwerden, u.a. an Bandscheibenschäden mit Operationen, einer Blutanämie, einem Restless-legs-Syndrom, starken Schlafstörungen und an Depressionen, Asthma und psychosomatischen Störungen zu leiden. Die Beklagte zog daraufhin den Entlassungsbericht vom 02.07.2015 der im Zeitraum vom 11.05. - 08.06.2015 in der Klinik am S. M., Bad S., durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme bei, aus der die Klägerin unter den Diagnosen einer mittelgradigen depressiven Episode, einer undifferenzierten Somatisierungsstörung, eines LWS-Syndroms, Asthma bronchiale sowie Hypothyreose als fähig entlassen worden ist, mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem zeitlichen Umfang von mehr als 6 Stunden arbeitstäglich auszuüben. Ferner zog sie das fachärztliche Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie und psychosomatische Medizin Dr. Z. vom 07.05.2012 bei, das in einem Verfahren nach dem Schwerbehindertenrecht vor dem Sozialgericht Reutlingen (SG - S 7 SB 2412/11 -) erstellt worden ist. Mit Bescheid vom 08.02.2016 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin unter der Begründung, die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Rente seien nicht erfüllt, ab. Bezogen auf die Antragstellung am 10.11.2015 seien innerhalb des vorangegangenen verlängerten Fünf-Jahreszeitraums (01.09.2004 - 09.11.2015) nur 7 Monate mit Pflichtbeitragszeiten belegt, erforderlich seien jedoch 36 Monate.
Den hiergegen am 07.03.2016 ohne Begründung eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2016 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 27.10.2016 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben, zu deren Begründung sie vorgebracht hat, sie sei bereits seit Anfang 2011 erwerbsunfähig gewesen. Hierzu hat sie u.a. eine Gesamtaufstellung der für sie zuständigen Krankenkasse über stationäre Krankenhausaufenthalte ab September 2008, ambulante Operationen seit April 2006 sowie über stationäre und ambulante Rehabilitationsmaßnahmen vorgelegt. Zuletzt hat sie einen (unvollständigen) Bericht des Klinikums für den Landkreis T. vom 11.03.2018 über eine stationäre Behandlung vom 26.02. - 11.03.2018 beim SG eingereicht.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat unter Aufstellung der versicherungsrechtlichen Zeiten ausgeführt, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung letztmalig bei einem Leistungsfall im Juni 2013 erfüllt seien.
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen einvernommen. Dr. S., Facharzt für Orthopädie, hat in seiner schriftlichen Auskunft vom 29.03.2017 angegeben, die Klägerin ab dem 20.11.2015 zu behandeln. Bei der Klägerin bestehe ein HWS-Syndrom, ein LWS-Syndrom, eine Hüftkopfnekrose sowie Hüftgelenksarthritis. Es bestehe keine Arbeitsfähigkeit aufgrund der akuten Erkrankung des linken Hüftgelenkes. Die Fachärztin für Neurologie Dr. S. hat in ihrer schriftlichen Zeugen...