Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenhilfe. Bedürftigkeitsprüfung. Vermögensverwertung. Zumutbarkeit. Lebensversicherung. alsbaldige Berufsausbildung
Orientierungssatz
Vermögen eines Arbeitslosen ist nicht zur alsbaldigen Berufsausbildung iS von § 6 Abs 3 S 2 Nr 3 AlhiV bestimmt, wenn der zeitliche Abstand zwischen der Beantragung der Arbeitslosenhilfe und der beabsichtigten Berufsausbildung des Kindes 4 Jahre beträgt.
Tatbestand
Streitig ist das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) wegen der Anrechnung von Vermögen.
Der 1956 geborene Kläger war zuletzt bis 30.09.1995 beschäftigt. Ab 02.10.1995 bezog er bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 28.09.1996 Arbeitslosengeld nach einem Bemessungsentgelt von wöchentlich 830,-- DM.
Mit seinem Antrag auf Anschluß-Alhi reichte der Kläger Unterlagen über drei Lebensversicherungen der W. Lebensversicherungs-AG ein: Eine Versicherung mit der Endnummer 2 mit einem Versicherungsumfang von derzeit ca. 46.000,-- DM, Versicherungsbeginn 01.10.1986, Versicherungsablauf (01.10.2016, Rückkaufswert, Stand 01.11.1996, 12.464,-- DM; eine Versicherung mit der Endnummer 7 mit einem Versicherungsumfang von 17.334,-- DM, abgeschlossen 1985 und mit einem Versicherungsablauf November 2003, wenn der als Bezugsberechtigter bestimmte Sohn T. (geboren 1985) volljährig ist. Schließlich eine kapitalbildende Lebensversicherung mit der Endnummer 4 mit einem Versicherungsumfang von 17.847,-- DM, einem Versicherungsbeginn 01.03.1982 und einem Versicherungsablauf 01.03.2000, versicherte Personen sind der Kläger und sein 1982 geborener Sohn D.. Im Todesfalle ist dem Sohn ein widerrufliches Bezugsrecht eingeräumt, im Erlebensfall steht (bzw. stand im Oktober 1996) das Bezugsrecht dem Kläger zu. Zum 01.11.1996 betrug der Rückkaufswert der Versicherung 18.431,20 DM.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 07.11.1996 die Gewährung von Alhi für die Zeit vom 30.09.1996 bis 22.11.1996 ab. Die Verwertung der Lebensversicherung mit der Endnummer 4 in Höhe des Rückvergütungswertes sei zumutbar. Dieses Vermögen sei mit 10.431,20 DM zu berücksichtigen, so daß der Kläger für zwölf Wochen seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten könne. Ab 23.12.1996 erhielt der Kläger Alhi (Bescheid vom 11.11.1996). Der Widerspruch des Klägers, mit dem er die Verwertung der Lebensversicherung als unzumutbar und unangemessen hart bezeichnete, wurde durch Widerspruchsbescheid vom 02.12.1996 zurückgewiesen.
Dagegen hat der Kläger beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben. Zur Begründung ist vorgebracht worden, die fragliche Lebensversicherung sei zur Absicherung des 1982 geborenen Sohnes D., insbesondere dessen Berufsausbildung abgeschlossen worden. Aus den Versicherungsbedingungen ergebe sich, daß es sich bei diesem Versicherungstarif K 500 A mit einem festen Auszahlungszeitpunkt und Beitragsfreistellung bei Versterben des Versicherten vor Ablauf um eine typische "Ausbildungsversicherung" handele. Dies hat die W. Lebensversicherungs-AG auch bestätigt, sie hat ihre Tarifbeschreibung vorgelegt. Danach findet diese "Term-Fix-Versicherung" vor allem dann Anwendung, wenn z.B. die Ausbildung eines Kindes für den Fall des Ablebens des versicherten Versorgers sichergestellt werden soll (Ausbildungsversicherung). Die Beklagte hat dagegen eingewandt, der Kläger habe eine Lebensversicherung und keine Ausbildungsversicherung abgeschlossen. Die Lebensversicherung sei auch nicht für eine alsbaldige Berufsausbildung bestimmt. Das SG hat durch Urteil vom 29.09.1997 den Bescheid vom 07.11.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.12.1996 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger in der Zeit vom 30.09. bis 22. 12.1996 Alhi zu gewähren. Das SG hat dazu ausgeführt, die Verwertung des Rückkaufswertes der Lebensversicherung sei nicht zumutbar, da sie als für eine alsbaldige Berufsausbildung bestimmt anzusehen sei. Diese Bestimmung ergebe sich aus dem klägerischen Vortrag, der anhand objektiver Kriterien auch nachvollziehbar sei. Das vom Kläger abgeschlossene "Paket" von Lebensversicherungen lasse erkennen, daß einerseits die Alterssicherung für ihn selbst und eine Ausbildungssicherung für die Kinder angestrebt werde. Die Zweckbestimmung zur Berufsausbildung des Sohnes D. sei damit glaubhaft. Die Lebensversicherung diene auch einer "alsbaldigen" Berufsausbildung. Die Auffassung der Beklagten, von einer alsbaldigen Berufsausbildung sei nur auszugehen, wenn die Ausbildung innerhalb eines Jahres nach dem Zeitpunkt der Beantragung der Alhi beginne, sei lediglich auf ihre eigenen Weisungen gestützt, sei aber nicht zwingend. Sinn und Zweck der Regelung gebiete dagegen eine Überprüfung der Vermögensverwertung unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten, dies könne nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles angemessen beurteilt werden. Da hier bereits sieben Neuntel, also der weit überwiegende Teil der gesamten Ansparzeit abgelaufen sei, sei die voraussichtlich im Jahre 2000 anstehende Berufsausbildung des Sohne...