Entscheidungsstichwort (Thema)

Minderung seines Anspruchs auf Arbeitslosengeld wegen verspäteter Meldung als Arbeit suchend

 

Leitsatz (redaktionell)

Im Hinblick auf den Zweck der Regelung des § 37 b SGB III muss ein Arbeitnehmer sich unmittelbar nach Kenntnis, dass sein Versicherungspflichtverhältnis endet, bei der Agentur für Arbeit als Arbeit suchend melden. Der Arbeitnehmer hat keine Überlegungsfrist etwa dahin, zunächst ohne Einschaltung der Beklagten zu versuchen, ein neues Arbeitsverhältnis zu begründen. Vielmehr soll unabhängig von den vom Gesetzgeber vorausgesetzten Eigenbemühungen des Arbeitnehmers (siehe § 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III) die Agentur für Arbeit unmittelbar nach Ende des Versicherungspflichtverhältnisses in die Arbeitsvermittlung im Sinne des § 35 SGB III eingeschaltet werden. Es ist nicht konkret zu prüfen, ob möglicherweise durch das Verhalten des Arbeitnehmers sich der Schaden (Leistungen wegen Arbeitslosigkeit) vermindert hätte, wenn der Arbeitnehmer sich pflichtgemäß verhalten hätte.

Eine Verletzung der Meldung dieser Obliegenheitspflicht ist dem Arbeitnehmer nur dann nicht vorzuhalten, wenn er der Meldung nach § 37 b Satz 1 SGB III im Hinblick auf objektiv vorliegende Hindernisse zunächst nicht nachkommen kann.

Für die Verletzung der Obliegenheit des § 37 b SGB III ist es unerheblich, ob dem Versicherten die Pflicht zur Meldung als Arbeit suchend bekannt war.

Die Meldepflicht des Arbeitnehmers aus § 37 b SGB III besteht rechtlich unabhängig von der Wahrnehmung der Verpflichtung des Arbeitgeber nach § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB III, den Arbeitnehmer über die Meldepflicht zu informieren.

 

Normenkette

SGB III § 37b Abs. 3, § 140; BGB § 121 Abs. 1; SGB III § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 3

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 18.08.2005; Aktenzeichen B 7a/7 AL 80/04 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. April 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Minderung seines Anspruchs auf Arbeitslosengeld wegen verspäteter Meldung als Arbeit suchend.

Der 1955 geborene Kläger ist italienischer Staatsangehöriger und zumindest seit 1995 jeweils von Anfang/Mitte Februar bis Mitte Dezember bei einem Grabmalfertigungsbetrieb, der Firma G. F. G. in L. bzw. A. beschäftigt. Wie bereits in den Vorjahren, händigte ihm der Arbeitgeber am 29. September 2003 erneut ein Kündigungsschreiben aus, wonach das bestehende Arbeitsverhältnis zum 1. Dezember 2003 wegen winterlicher Witterung bzw. Arbeitsmangel gekündigt werde und nach jeweiliger Auftragslage der Zeitpunkt der vorläufigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen könne. Die Wiedereinstellung erfolge im Laufe des Monats Februar 2004, entsprechend der Witterungs- und Auftragslage (Bl. 148 Verwaltungsakte - VA -). Der Kläger arbeitete noch bis zum 14. Dezember 2003. In der Arbeitsbescheinigung der Firma G. F. vom 18. Dezember 2003 war vermerkt, dass das Arbeitsverhältnis am 30. September 2003 zum 14. Dezember 2003 durch Kündigung des Arbeitgebers beendet worden sei. Er erzielte ausweislich der Arbeitsbescheinigung im Jahr 2003 durchschnittlich pro Monat ca. 3.500,00 EUR versicherungspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt. Er meldete sich am 15. Dezember 2003 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld (Bl. 135 VA).

Mit Bescheid vom 13. Januar 2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 15. Dezember 2003 (wöchentlicher Leistungssatz 323,82 EUR, davon abzusetzender wöchentlicher Anrechnungsbetrag 161,91 EUR, wöchentliches Bemessungsentgelt 844,96 EUR, Leistungstabelle 2003, 60 vH, Leistungsgruppe C/0 - Blatt 31 LSG-Akte -). Zur Minderung verweist der Bewilligungsbescheid auf ein gesondertes Schreiben. Mit Schreiben vom 9. Januar 2004 teilte die Beklagte dem Kläger ergänzend zum Bewilligungsbescheid mit, er sei nach § 37 b Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) verpflichtet gewesen, sich unverzüglich beim Arbeitsamt Arbeit suchend zu melden, sobald er den Zeitpunkt der Beendigung seines Versicherungspflichtverhältnisses gekannt habe. Dieser Pflicht sei er nicht rechtzeitig nachgekommen. Nach den vorliegenden Unterlagen habe er sich spätestens am 11. Oktober 2003 beim Arbeitsamt Arbeit suchend melden müssen. Tatsächlich habe er sich erst am 15. Dezember 2003 gemeldet. Die Meldung sei um 65 Tage zu spät erfolgt. Nach § 140 SGB III mindere sich sein Anspruch auf Leistungen um 50,00 EUR für jeden Tag der verspäteten Meldung (längstens jedoch für 30 Tage). In seinem Fall errechne sich somit ein Minderungsbetrag in Höhe von insgesamt 1.500,00 EUR. Die Minderung erfolge, indem dieser Minderungsbetrag auf die halbe Leistung angerechnet werde, dies bedeute, ihm werde bis zur vollständigen Minderung des Betrages nur die Hälfte der ohne die Minderung zustehenden Leistung ausgezahlt. Die Höhe des Abzuges von de...

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