Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragspsychotherapeutische Versorgung. bedarfsunabhängige Zulassung. Teilnahme iS des § 95 Abs 10 S 1 Nr 3 SGB 5. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Bei der Entscheidung über eine bedarfsunabhängige Zulassung im Rahmen des § 95 Abs 10 S 1 Nr 3 SGB 5 können nur solche Behandlungen berücksichtigt werden, die im Rahmen des Delegations- oder des Kostenerstattungsverfahrens erbracht wurden, nicht aber solche Behandlungen, die bei Privatversicherten, bei Selbstzahlern oder bei über andere Kostenträger als die gesetzliche Krankenversicherung gegen Krankheit versicherten Personen (zB Sozialhilfeträger) erbracht worden sind, weil ein Psychotherapeut für die Weiterbehandlung dieser Personenkreise nicht auf eine Zulassung angewiesen ist. Ebenso wenig sind patientenbezogene Tätigkeiten in Anstellungs- oder Ausbildungsverhältnissen zu berücksichtigen (vgl zB BSG vom 8.11.2000, B 6 KA 52/00 R = BSGE 87, 158 = SozR 3-2500 § 95 Nr 25).
2. Diese Auslegung des Begriffes der Teilnahme in § 95 Abs 10 S 1 Nr 3 (bzw Abs 11 S 1 Nr 3) SGB 5 ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl BVerfG vom 22.3.2001 - 1 BvR 409/01 = MedR 2001, 515).
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin begehrt nunmehr noch die bedarfsunabhängige Zulassung als Psychologische Psychotherapeutin.
Die 1964 geborene Klägerin schloss im April 1993 das Studium der Psychologie mit dem Diplom ab. Seit 23. Januar 1995 hatte sie die Erlaubnis, die Heilkunde, beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie, ohne Bestallung berufsmäßig auszuüben.
Am 22. Dezember 1998 beantragte sie die bedarfsunabhängige Zulassung als Psychologische Psychotherapeutin und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin. In ihrem zum Antrag vorgelegten Lebenslauf gab sie u.a. an, seit 1. Februar 1997 selbstständig in eigener Praxis für Psychotherapie (Kinder, Jugendliche, Erwachsene) tätig zu sein.
Am 4. Januar 1999 erhielt die Klägerin die Approbation als Psychologische Psychotherapeutin sowie als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin.
Mit Beschluss vom 29. April 1999 (Bescheid vom 20. Mai 1999) lehnte der Zulassungsausschuss im Regierungsbezirk F den Antrag der Klägerin auf bedarfsunabhängige Zulassung als Psychologische Psychotherapeutin und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin in L ab. Zur Begründung führte er aus, zugelassen werden könne die Klägerin bedarfsunabhängig nur dann, wenn sie u.a. in der Zeit vom 25. Juni 1994 bis 24. Juni 1997 an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung teilgenommen habe. Der Zulassungsausschuss gehe davon aus, dass eine dauerhafte Behandlungspraxis als niedergelassener Psychotherapeut in diesem Zeitraum mit zumindest 250 Behandlungsstunden ambulanter psychotherapeutischer Behandlungstätigkeit ausgeübt worden sein müsse. Die Klägerin habe jedoch im Zeitfenster den Nachweis von 250 Behandlungsstunden bei gesetzlich Krankenversicherten nicht erbringen können. Der Zulassungsausschuss stellte im Übrigen fest, dass mit Ausnahme der schutzwürdigen Vortätigkeit alle sonstigen Voraussetzungen, so u.a. der Fachkundenachweis erfüllt seien.
Am 6. Mai 1999 beantragte die Klägerin daneben die bedarfsabhängige Zulassung als Psychologische Psychotherapeutin und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin in L.
Gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses hat die Klägerin fristgerecht Widerspruch eingelegt. Die Auffassung, dass eine dauerhafte Behandlungspraxis als niedergelassener Psychotherapeut nur dann angenommen werden könne, wenn innerhalb eines Zeitraums von sechs bis zwölf Monaten mindestens 250 Behandlungsstunden psychotherapeutische Behandlungstätigkeit ausgeübt worden seien, sei es im Rahmen des Delegationsverfahrens, sei es im Rahmen des Kostenerstattungsverfahrens, sei mit dem Wortlaut des Gesetzes, dem Willen des Gesetzgebers und einer verfassungskonformen Auslegung der Norm gemäß Art. 12 Grundgesetz nicht vereinbar. Unstreitig enthalte der Gesetzestext keinerlei Mindestzeiten der Leistungserbringung in dem betreffenden Zeitfenster. Entgegen der Auffassung des Zulassungsausschusses sei im vorliegenden Fall auch von einer schutzwürdigen Vortätigkeit auszugehen. Sie habe nachgewiesen, dass innerhalb des sogenannten Zeitfensters, also bis zum 24. Juni 1997, von den gesetzlichen Krankenkassen insgesamt 205 Behandlungsstunden genehmigt worden seien. Innerhalb dieses Zeitfensters seien die genehmigten Therapien begonnen und über den 24. Juni 1997 hinaus fortgeführt und abgeschlossen worden. Ferner sei nachgewiesen worden, dass sie in ihrer niedergelassenen Praxis im Auftrag der Ambulanz der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin in L 145 Stunden Diagnostik über die kinderpsychiatrische Ambulanz mit den gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet habe. Auch hierbei handele es sich um eine Teilnahme an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung, da ihre Hinzuziehung durch den Ärztlichen Leiter des kinder- und jug...