Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Voraussetzungen für vorbeugende Feststellungsklage. Krankenversicherung. Kostenbeteiligung an Folgebehandlungen einer Operation. Mammareduktionsplastik. Regressanspruch der Krankenkasse. Verwaltungsakt. Rechtsverhältnis. Zeitliche Nähe
Leitsatz (amtlich)
1. Eine vorbeugende Feststellungsklage ist im sozialgerichtlichen Verfahren nur unter engen Voraussetzungen zulässig.
2. Eine Klage mit dem Ziel der Feststellung, die Krankenkasse sei nicht berechtigt, den Versicherten gemäß § 52 Abs 2 SGB 5 an den Kosten der Behandlung der Folgen einer Operation zu beteiligen, ist jedenfalls vor Durchführung dieser Operation unzulässig.
Normenkette
SGB V § 52 Abs. 2; SGB X § 31 S. 1; SGG § 54 Abs. 1 S. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 78 Abs. 1; GG Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. April 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte die Klägerin an etwaigen Kosten, die aufgrund möglicher Komplikationen im Zusammenhang mit einer von der Klägerin geplanten, auf eigene Kosten durchgeführten operativen Brustverkleinerung (Mammareduktionsplastik) entstehen könnten, beteiligen dürfte.
Die Klägerin ist 1963 geboren. Sie ist bei der Beklagten krankenversichert.
Im August 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten erstmals die Gewährung einer Mammareduktionsplastik. Der von der Beklagten eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) (Gutachten des/der Dr. K. vom 17. August 2006), nannte ein Gewicht der Brüste von rechts 1100 Gramm und links 1000 Gramm, beschrieb eine Ptosis beidseits und kam zu der Einschätzung, dass der Zustand der Brüste der Klägerin einerseits altersbedingt, andererseits durch eine vermehrte Gewichtszunahme nach Raucherentwöhnung entstanden sei. Ein krankhafter Befund liege nicht vor. Mit Bescheid vom 21. August 2006 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Mammareduktionsplastik beidseits ab. Den von der Klägerin erhobenen Widerspruch wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2007 zurück. Eine von der Klägerin beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage (S 3 KR 1187/07) nahm die Klägerin am 15. August 2007 zurück.
Unter dem 14. Oktober 2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten erneut die Gewährung einer Mammareduktionsplastik. Sie legte ein Attest des Prof. Dr. V., Leiter des Brustzentrums des Klinikums M., vom 7. Oktober 2008 sowie einen Bericht des Frauenarztes Dr. E. vom 27. Oktober 2008 vor. Danach sei die operative Brustverkleinerung medizinisch indiziert; der Gesundheitszustand der Klägerin, die mittlerweile an einem chronischen Cervicalsyndrom mit neurologischer Symptomatik und Schmerzen leide, habe sich weiter verschlechtert.
Die Beklagte holte das Gutachten der Dr. R., MDK, vom 6. Februar 2009 ein. Danach bestehe bei der Klägerin ein Übergewicht von 15 bis 20 Kilogramm. Durch Gewichtsabnahme von einem Kilogramm könne die Brustlast um 20 Gramm vermindert werden. Im Übrigen liege das Brustgewicht aber durchaus noch im Normbereich. Die schweren degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule seien nicht ursächlich auf die große Brust zurückzuführen, zumal eine Zunahme der Brüste bereits seit 2003 verzeichnet werde. Auch sei bei einem chronifizierten Schmerzsyndrom eine Linderung der geklagten Beschwerden nicht zu erwarten. Der Schwerpunkt des Körpers liege vor der Brust, so dass das Brustgewicht keinen Einfluss auf die Statik habe. Zu empfehlen seien eine Gewichtsreduktion und vor allem eine Stärkung der Rückenmuskulatur. Mit Bescheid vom 9. Februar 2009 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Mammareduktionsplastik erneut ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 20. November 2009 zurück. Hiergegen erhob sie beim SG erneut Klage (S 3 KR 5703/09). Mit Urteil vom 23. September 2010 wies das SG die Klage ab. Das Brustgewicht der Klägerin stelle keine Krankheit dar. Die Klägerin leide an einem multifaktoriellen Krankheitsgeschehen auf orthopädischem Gebiet mit daraus resultierenden Beschwerden, die durch das Brustgewicht nicht verursacht seien. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) wies die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 28. September 2011 zurück (L 5 KR 5058/10). Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung einer operativen Brustverkleinerung als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Brustgröße der Klägerin als solche stelle keine Krankheit dar. Das Brustgewicht der Klägerin liege im Bereich der natürlichen Varianz der Brustgrößen in der weiblichen Bevölkerung, was die Annahme einer Krankheit der Brust infolge ihrer Größe bzw. ihres Gewichtes ausschließe. Funktionsbeeinträchtigungen wegen der Brustgröße bestünden nicht. Unter einer psychischen Erkrankung infolge der Mam...