Entscheidungsstichwort (Thema)
sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. festgestellte Schwerbehinderteneigenschaft mit einem GdB von 50. Herabsetzung des GdB. Rücknahme eines rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsaktes. Neufeststellungsbescheid. Sperrwirkung. Zweijahresfrist
Leitsatz (amtlich)
Die zu Unrecht festgestellte Schwerbehinderteneigenschaft kann gemäß § 45 Abs 3 S 1 SGB 10 dann nicht mehr zurückgenommen werden, wenn nach Ablauf der Zweijahresfrist der GdB in einem Verfahren nach § 48 SGB 10 neu festgestellt wird, und die früher festgestellte Behinderung und deren GdB ohne weitere Überprüfung bei der Bildung des Gesamt-GdBs Berücksichtigung findet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob und ggfs. inwieweit der Beklagte die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) herabsetzen durfte, und um die Erstattung von Kosten des Vorverfahrens.
Bei dem ... 1937 geborenen Kläger stellte das Versorgungsamt K (VA) durch Bescheid vom 02.11.1993 mit einem GdB von 50 "Hörminderung beiderseits" als Behinderung fest. Außerdem wurde das Merkzeichen "RF" anerkannt. Dieser Entscheidung lag die versorgungsärztliche Einschätzung von Dr. Sch vom 22.10.1993 zugrunde.
Am 24.09.1996 stellte der Kläger wegen eines Zustandes nach Herzinfarkt einen Erhöhungsantrag. Zu den hierauf vom VA beigezogenen ärztlichen Unterlagen wird in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R vom 22.11.1996 ausgeführt, bei dem Kläger bestehe jetzt auch ein Herzinfarkt bei coronarer Eingefäßerkrankung (7/96) im Stadium der Heilungsbewährung, wofür ein (Teil-)GdB von 50 zugrundezulegen sei, weiter -- wie bisher -- die "Schwerhörigkeit bds." mit einem (Teil-)GdB von 50, der Gesamt-GdB betrage 80. Während des Neufeststellungsverfahrens ermittelte das VA den medizinischen Sachverhalt ausschließlich wegen des Herzinfarkts.
Mit Neufeststellungsbescheid vom 03.12.1996 stellte sodann das VA bei einem GdB von 80 "Herzinfarkt bei coronarer Eingefäßerkrankung im Stadium der Heilungsbewährung" als weitere Behinderung fest, ebenso das Merkzeichen "RF".
Im August 1997 leitete das VA wegen der Heilungsbewährung von Amts wegen ein Neufeststellungsverfahren ein. In diesem Verfahren beantragte der Kläger die Erhöhung des GdB und die Feststellung des Merkzeichens "G". Das VA holte von dem Internisten Dr. F einen ärztlichen Befundschein ein. Darin wird mitgeteilt, es bestehe eine coronare Eingefäßerkrankung mit leicht eingeschränkter linksventrikulärer Funktion. Eine Gehbehinderung liege nicht vor. Hierzu wird in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme ausgeführt, die Behinderung von seiten des Herzens bedinge nur noch einen GdB von 10; der Gesamt-GdB betrage 50.
Im nachfolgenden Anhörungsverfahren gemäß § 24 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) machte der Kläger u.a. geltend, sein Herzleiden habe sich verschlimmert und die Schwerhörigkeit habe sich inzwischen fast zur Gehörlosigkeit weiterentwickelt. Das VA zog hierauf einen Befundbericht von Dr. M, Direktor der HNO-Klinik der St. Vincentius-Krankenhäuser K, bei. Darin wird unter Übersendung einer Kopie des Audiogramms vom 10.06.1997 berichtet, bei dem Kläger bestehe eine ausgedehnte Ohrradikalhöhle rechts nach mehrfacher Operation einer Knocheneiterung. Trotz regelmäßiger Ohrpflege komme es rezidivierend zu stärkeren Infekten. Bei der letzten Vorstellung am 10.06.1997 sei die Operationshöhle reizlos gewesen; das linke Trommelfell und der Gehörgang seien ebenfalls reizlos. Hierzu äußerte sich die Internistin Dr. C in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme. Sie legte dar, es bestehe eine Hörminderung rechts mit einem GdB von 20; der vernarbte Herzinfarkt bei Eingefäßerkrankung bedinge einen GdB von 10. Der Gesamt-GdB betrage 20. Irrtümlicherweise sei bei der Erstfeststellung bei fehlender Hörkurve des linken Ohres eine Taubheit links angenommen worden, das sei falsch gewesen.
Das VA hörte sodann den Kläger wegen der beabsichtigten weiteren Herabsetzung des GdB und der Aberkennung des Merkzeichens "RF" erneut an, worauf dieser die weiteren Audiogramme vom 18.12.1997 und 20.01.1998 vorlegte Nach Auswertung dieser Audiogramme gelangte Dr. C zu dem Ergebnis, daß die Hörbehinderung mit einem GdB von 20 zutreffend bewertet sei.
Mit Bescheid vom 14.05.1998 nahm das VA nach § 45 SGB X den Bescheid vom 03.12.1996 für die Zukunft zurück und stellte bei einem GdB von 20 ab 17.05.1998 "Hörminderung rechts, vernarbter Herzinfarkt bei Eingefäßerkrankung" als Behinderungen fest, außerdem entzog es das Merkzeichen "RF" ab demselben Tag. Es legte dar, der für die Hörminderung zugrundegelegte GdB sei von Anfang an zu hoch bemessen gewesen mit der Folge, daß auch das Merkzeichen "RF" zu Unrecht festgestellt worden sei. Das öffentliche Interesse an der Berichtigung des rechtswidrigen Zustandes überwiege das Interesse des Klägers am Bestand des Bescheides vom 03.12.1996. Da der Kläger die Unrichtigkeit dieses Bescheides nicht zu vertreten habe, werde der Bescheid lediglich für die Zukunft zurückgenommen.
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