Entscheidungsstichwort (Thema)
Genehmigungspflichtigkeit hinsichtlich der Arbeit eines türkischen Arbeitnehmers
Normenkette
ArGV § 9 Nr. 3; ASAV § 8; ArGV § 5; GG Art. 14 Abs. 1 S. 2
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. Juli 1998 aufgehoben. Die Klagen werden abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Rechtsstreit wird geführt über die Frage der Feststellung, ob ein türkischer Arbeitnehmer keiner Arbeitsgenehmigung bedarf, hilfsweise, ob er Anspruch auf eine solche hat.
Die Klägerin zu 1 ist ein Unternehmen für internationale Güter- und Möbeltransporte mit Sitz in .... Ihren Angaben zufolge unterhält sie regelmäßig vier in Deutschland zugelassene Lastkraftwagen, die für Expresstransporte in die Türkei und zurück eingesetzt werden. Der Inhaber der Klägerin zu 1 ist Alleingesellschafter der Klägerin zu 2, einer Kapitalgesellschaft nach türkischem Recht. Dieses Unternehmen ist ebenfalls im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr tätig.
Seit Herbst 1992 setzte die Klägerin zu 1 auf ihren Fahrzeugen den 1957 geborenen ... (im Folgenden: K.) ein. Dessen Arbeitsentgelt und Sozialversicherung bestimmten sich - unter formaler Beschäftigung bei der Klägerin zu 2 - allein nach türkischem Recht; er behielt den alleinigen Wohnsitz in Izmir/Türkei bei. Schriftliche Vertragsbeziehungen zwischen der Klägerin zu 1 und K. bestanden nicht; dieser unternahm Fahrten für beide Firmen. Die Klägerin zu 1 zahlte ihm für die von ihr veranlassten Fahrten eine Spesenpauschale von DM 120,- pro Tag; ferner wurde das aus türkischer Währung umgerechnete Arbeitsentgelt zeitweise über sie ausgezahlt. Kontakte zur Beklagten bestanden anfänglich nicht, weil das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr nach der damaligen Bestimmung des § 9 Nr. 2 der Arbeitserlaubnisverordnung (AEVO) allgemein keiner Arbeitserlaubnis bedurfte; Letzteres wurde durch Verordnung vom 01. September 1993, BGBl. I S. 1527 mit Wirkung von diesem Tag auf das Personal "bei Arbeitgebern mit Sitz im Ausland" eingegrenzt; auch aus diesem Anlass ergaben sich keine Kontakte zur Beklagten. Erst auf eine - den Beweggrund hierfür nicht erkennen lassende - Nachfrage der Klägerin zu 1 vom 18. Dezember 1995 nach einer Arbeitserlaubnis für K. bestätigte das Arbeitsamt Göppingen (ArbA) mit Schreiben vom selben Tag, einer solchen bedürfe es nicht.
Durch Verordnung vom 30. September 1996, BGBl. 1 S. 1491 wurde mit Wirkung ab 10. Oktober 1996 die Arbeitserlaubnisfreiheit nach § 9 Nr. 2 AEVO (jetzt wortgleich maßgeblich § 9 Nr. 3 Buchst. a der Verordnung über die Arbeitsgenehmigung für ausländische Arbeitnehmer - Arbeitsgenehmigungsverordnung - vom 17. September 1998, BGBl. I S. 2899; ArGV) beschränkt auf "das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr bei Arbeitgebern mit Sitz im Ausland, sofern (Buchst. a) das Fahrzeug im Sitzstaat des Arbeitgebers zugelassen ist" . In Kenntnis dieser Änderung beantragte die Klägerin zu 1 eine Arbeitserlaubnis für K. Sie bezeichnete ihn als ihren eigenen Arbeitnehmer. Das ArbA schaltete das Landesarbeitsamt ein, das mit Schreiben vom 18. Dezember 1996 in Anwendung von § 8 der Anwerbestoppausnahme-Verordnung (ASAV) vom 21. Dezember 1990, BGBl. I S. 3012 die Erteilung einer Arbeitserlaubnis trotz des bekannten ausländischen Wohnsitzes des K. zusagte. Unterstellt wurde hierbei die Eigenschaft der Klägerin zu 1 als Arbeitgeberin sowie die Zahlung von Tariflöhnen nach inländischem Standard. Das ArbA erteilte daraufhin zuletzt unter dem 07. Januar 1997 eine bis 31. Januar 1997 befristete Arbeitserlaubnis für eine Beschäftigung des K. bei der Klägerin zu 1. Beweggrund für die Befristung auf diesen Zeitpunkt war neben der bestehenden Weisungslage - die eine Befristung bis längstens 30. April 1997 empfahl - die Bitte der Klägerin zu 1, K. jedenfalls während einer Ferienreise der Firmeninhaber im Dezember 1996/Januar 1997 noch zur Verfügung zu haben.
Weitere Anträge der Klägerin zu 1 auf Arbeitserlaubnisse für K. vom 07. Februar und 05. Mai 1997 lehnte das ArbA durch Bescheid vom 20. Mai 1997 ab. Die Befristung bis 31. Januar 1997 sei trotz bekannter Problematik der Entlohnung und der gleichzeitigen Beschäftigung beim Auslandsbetrieb erfolgt. Sie habe auf der Anwendung von § 8 ASAV beruht. Eine weitere Arbeitserlaubnis komme nicht in Betracht, da K. keinen Aufenthaltstitel innehabe. Mit ihrem Widerspruch brachte die Klägerin zu 1 vor, der von ihr angebotene Service setze ein zuverlässiges, eingespieltes und fleißiges Fahrpersonal voraus, das nur seitens der türkischen Arbeitnehmer so gestellt werden könne. Die Anwendung der Verordnung vom 30. September 1996 auf schon bestehende Beschäftigungen verstoße gegen die Grundsätze des Bestandsschutzes und der Verhältnismäßigkeit. Im Übrigen würden die Vermittlungsaussichten für deutsche Arbeitnehmer nicht verbessert. Es erging der zurückweisende Widers...