Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsgenehmigungspflicht bei türkischen Staatsbürgern
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 10. Februar 1998 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob beim Kläger beschäftigte LKW-Fahrer eine Arbeitsgenehmigung (früher: Arbeitserlaubnis) benötigen.
Der Kläger ist (seit 1991) deutscher Staatsangehöriger. Er ist Inhaber der Spedition, Internationale Transporte. Gleichzeitig ist er Inhaber einer Tochterfirma. Die Spedition ist Eigentümer mehrerer LKWs, die sie im internationalen Fernverkehr Deutschland/Türkei/lran/Irak einsetzt. Sämtliche LKWs sind in Deutschland zugelassen. Zwischen der Firma und der Tochterfirma besteht ein Vertretungs-/Agenturvertrag, wonach die letztgenannte Firma die LKWs der Firma im grenzüberschreitenden Güterverkehr nutzt.
Der Kläger setzte u. a. 17 u.g. Arbeitnehmer bereits vor dem 01.09.1993 als Fahrer auf den in Deutschland zugelassenen LKWs ein. Sämtliche Arbeitnehmer sind türkische Staatsangehörige, leben in der Türkei und haben ihre Arbeitsverträge mit der Tochterfirma abgeschlossen. Sie erhalten jeweils für die Beschäftigung in Deutschland ein nationales deutsches Visum vom zuständigen Generalkonsulat. Sie sind weiterhin beim Kläger beschäftigt.
Nach der bis zum 31.08.1993 geltenden Rechtslage war für die Tätigkeit der genannten Arbeitnehmer keine Arbeitserlaubnis erforderlich. Nach der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung von § 9 Nr. 2 AEVO bedurfte das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr für eine Tätigkeit bei Unternehmen mit Sitz in Deutschland keiner Arbeitserlaubnis.
Durch die VO vom 01.09.1993 (BGBl. 1 S. 1527) wurde § 9 Nr. 2 AEVO geändert: "Keiner Arbeitserlaubnis bedürfen ... das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr bei Arbeitgebern mit Sitz im Ausland .... für eine Tätigkeit bei Unternehmen mit Sitz im Geltungsbereich dieser Verordnung." Durch VO vom 30.09.1996 (BGBl. 1 S. 1491) wurde mit Wirkung ab 10.10.1996 (jetzt wortgleich § 9 Nr. 3 Buschst. a ArGV) die Arbeitserlaubnisfreiheit nach § 9 Nr. 2 AEVO auf das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr bei Arbeitgebern mit Sitz im Ausland, sofern das Fahrzeug im Sitzstaat des Arbeitgebers zugelassen ist, beschränkt.
Die Beklagte vertrat hierauf die Auffassung, arbeitserlaubnisfrei sei nur noch das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr bei Arbeitgebern im Ausland mit Kraftfahrzeugen, die im Ausland zugelassen seien bzw. das fahrende Personal im grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr bei Arbeitgebern im Inland mit Kraftfahrzeugen, die im Inland zugelassen seien, wenn die Kraftfahrer bereits vor dem 01.09.1993 bei einer deutschen Firma beschäftigt gewesen seien. Weil bei den Arbeitnehmern des Klägers diese Voraussetzungen nicht erfüllt seien, benötigten sie nunmehr eine Arbeitserlaubnis. In der Folge erteilte das Arbeitsamt (AA) in Ausführung einer Weisung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung Arbeitserlaubnisse aufgrund der Sonderregelung des § 8 Anwerbestoppausnahmeverordnung (ASAV) bis 30.04.1997. Nach diesem Zeitpunkt wurde die Ausnahmeregelung nicht mehr angewandt. Diverse Eingaben des Klägers bei verschiedenen Behörden blieben ergebnislos.
Am 29.05.1996 hat er Klage beim Sozialgericht (SG) Ulm erhoben und die Feststellung begehrt, dass die genannten Arbeitnehmer für ihre Tätigkeit keiner Arbeitserlaubnis bedürften.
Am 12.09.1996 hat er beim SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt (S 3 Ar 2032/96 eA). Mit Beschluss vom 09.12.1996 hat das SG die Beklagte verpflichtet, den Arbeitnehmern vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren Arbeitserlaubnisse zu erteilen. Die Beklagte hat diese Entscheidung ausgeführt, indem sie für jeweils vier Monate befristete Arbeitserlaubnisse erteilt hat.
Zur Begründung der Klage hat er ausgeführt, die Beschäftigung türkischen Fahrpersonals sei erforderlich, insbesondere wegen der Kenntnis der Landessprache und der der Abfertigung der Zolldokumente an den Grenzübergängen. Anderes gleichqualifiziertes Fahrpersonal habe er nicht gefunden. Ausgehend von der Rechtslage zum Zeitpunkt der Einstellung der Arbeitnehmer sei die Beschäftigung arbeitserlaubnisfrei gewesen. Nachträgliche Rechtsänderungen könnten diese Arbeitsverhältnisse nicht mehr erfassen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Der Kläger habe kein Recht, für seine Arbeitnehmer Arbeitserlaubnisse zu beantragen. Diese hätten auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis, weil sie keinen Wohnsitz in Deutschland hätten.
Hinsichtlich des Feststellungsbegehrens verlange der Kläger die Klärung einer abstrakten Rechtsfrage, denn es bestehe kein konkretes Rechtsverhältnis. Die Prüfung des Arbeit...