Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Ermächtigung zur Errichtung einer Zweigpraxis. keine Versorgungsverbesserung bei Leistungsübernahme durch bereits niedergelassene Leistungserbringer

 

Leitsatz (amtlich)

Die bessere Erreichbarkeit eines Vertragsarztes (bzw MVZ) ist dann keine Versorgungsverbesserung iSd § 24 Abs 3 S 1 Nr 1 Ärzte-ZV, wenn die am Ort der geplanten Zweigpraxis niedergelassenen Ärzte die Leistungen des Filialarztes übernehmen können und wollen. Es ist die Entscheidung des Versicherten, ob er im Rahmen der freien Arztwahl weitere Wege in Kauf nimmt.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19.09.2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen Nr. 2 - 6.

Der Streitwert wird auf 15.000 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Im Streit stehen die Ermächtigung zur Errichtung einer Zweigpraxis in F. und die Genehmigung zur Anstellung eines Arztes.

Die Klägerin ist als MVZ seit 01.07.2005 in den Fachgebieten Laboratoriumsmedizin und Humangenetik im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) zur vertragsärztlichen Versorgung mit Sitz in I. zugelassen.

Am 12.02.2009 beantragte die Klägerin beim Zulassungsausschuss für Ärzte für den Bezirk der KV Baden-Württemberg (Regierungsbezirk F.) die Ermächtigung zur Errichtung einer Zweigpraxis in F., O. H., mit Schwerpunkt Laboratoriumsmedizin mit Wirkung zum 01.04.2009. Zugleich beantragte sie die Genehmigung zur Anstellung des als ärztlichen Leiter der Zweigpraxis vorgesehenen Arztes Dr. G., dessen Anstellung bei der Klägerin für den Standort I. bereits vom Zulassungsausschuss für Ärzte im Bereich R. genehmigt war (Beschluss vom 13.06.2007). Zur Begründung ihrer Anträge gab die Klägerin an, die Voraussetzungen für eine Ermächtigung lägen vor. Bislang würden die laborärztlichen Überweisungsaufträge von ca. 200 südbadischen Ärzten von der Klägerin in I. bearbeitet. Dies sei angesichts einer Entfernung von durchschnittlich mehr als 250 km aus naheliegenden Gründen mit bestimmten Befundlaufzeiten verbunden. Künftig könnten die laborärztlichen Untersuchungen direkt vor Ort durchgeführt werden. Die damit um mehrere Stunden verkürzten Befundlaufzeiten führten zu einer erheblichen Verbesserung der Versorgung der Versicherten. Hinzu komme, dass künftig mit der Zweigpraxis ein zweiter laborfachärztlicher Standort mit leistungsfähigem Analysespektrum für die Versorgung der Versicherten im Raum S. zur Verfügung stehe. Dies verbessere die Versorgung im Sinne einer effektiven Wahlmöglichkeit. Im Übrigen sei die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Sitz der Klägerin nicht beeinträchtigt, da dort unverändert 15 Fachärzte zur Verfügung stünden.

Der für F. zuständige Zulassungsausschuss hörte die KV und den Zulassungsausschuss an. Einwände gegen die geplante Zweigpraxis wurden nicht erhoben (Schreiben vom 19.02.2009).

Der Zulassungsausschuss befragte an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende, laborärztlich tätige Ärzte in F. (Facharzt für Laboratoriumsmedizin K., MVZ C. und E.-Labor). Die Ärzte des E.-Labors und des MVZ C. sprachen sich gegen eine Zweigniederlassung aus. Eine Versorgungsverbesserung sei aufgrund der bereits bestehenden Versorgung nicht zu erwarten. Der Facharzt K. antwortete auf das Schreiben nicht.

In einer Stellungnahme vom 16.04.2009 sprach sich die KV für die Ablehnung des Antrags aus, da in F. sechs Fachärzte für Laboratoriumsmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen seien, die zeitnah und ohne Wartezeiten Laboraufträge durchführten.

Mit Bescheid vom 15.05.2009 lehnte der Zulassungsausschuss die Anträge der Klägerin ab und führte zur Begründung aus, dass eine Verbesserung der Versorgung der Versicherten mit Erteilung der Ermächtigung zur Errichtung einer Zweigpraxis in F. nicht gegeben sei. Die Formulierung in § 24 Abs. 3 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) “wenn und soweit„ bedürfe einer kleinräumigen Bedarfsprüfung. Die Versorgungsregion der Nebenbetriebsstätte sei anhand der Raumordnungskategorien der Bedarfsplanung bemessen nach Fahrstrecken festzulegen. Bezogen auf den Stadtkreis F. als Raumordnungskategorie 5 seien 10 km Entfernung anzusetzen. Im Stadtkreis F. bestünden bereits ein Labor-MVZ sowie eine Einzelpraxis und das von Nuklearmedizinern betriebene E.-Labor. Die Befragung dieser Einrichtungen habe ergeben, dass die labordiagnostische Versorgung gesichert sei. Von einer unzureichenden Versorgung sei nicht auszugehen. Zudem sei es den niedergelassenen Vertragsärzten zuzumuten, Laborbefunde über weitere Strecken anzufordern bzw. auch auf die bereits im Stadtkreis F. genügend befindlichen Laboreinrichtungen zurückzugreifen. Der Zulassungsausschuss sehe keine Notwendigkeit für eine Zweigstelle der Klägerin in F.

Hiergegen legte die Klägerin am 05.06.2009 Widerspruch beim beklagten Berufungsausschuss ein. Zur Begründung führte sie aus, die Errichtung einer Zweigpraxis durch...

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