Entscheidungsstichwort (Thema)
Regelaltersrente. verspätete Antragstellung. Rentenbeginn. Erfüllung der Hinweispflichten des Rentenversicherungsträgers nach § 115 Abs 6 SGB 6 mit einfachem Brief. sozialrechtlicher Herstellungsanspruch
Orientierungssatz
Hinweispflichten des Rentenversicherungsträger nach § 115 Abs 6 können mit einfachem Brief erfüllt werden; eines förmlichen Zustellungsverfahrens bedarf es nicht.
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist der Rentenbeginn sowie die Berücksichtigung weiterer Anrechnungszeiten streitig.
Der ... 1935 geborene Kläger bestand am 6. Juli 1996 die Diplomprüfung zum Diplomkaufmann und am 16.12.1974 die zum Steuerberater. Ab dem 16.12.1974 war er als Steuerberater tätig, gab diese Tätigkeit im Juni 1989 auf und gab 1998 die eidesstattliche Versicherung ab.
Ihm wurde ausweislich des Kontenspiegels am 11. Dezember 2000 ein Anschreiben nach § 115 Abs. 6 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) durch die damals für den Kläger zuständige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) erteilt (Bl. 607 d. Verw.-Akte).
Am 2. April 2002 beantragte der Kläger bei der BfA per Fax Altersrente für langjährig Versicherte wegen Vollendung des 63. Lebensjahres, unterzeichnet am 31.03.2002.
Der Rentenantrag wurde an die nunmehr - nach Erstattung der von ihm in der Zeit vom 01.07.1989 bis 31.12.1993 freiwillig geleisteten Beiträge - für den Kläger zuständige Beklagte abgegeben. Diese führte zunächst ein Kontenklärungsverfahren durch. Im Rahmen desselben legte der Kläger Unterlagen vor, wonach er am 10. Februar 1956 die Reifeprüfung bestanden und vom 1. April 1956 bis 31. März 1973 und dann wieder vom 1. Oktober 1982 bis 31. März 1995 die Hochschule der Freien Universität B besucht habe.
Mit Bescheid vom 18. September 2002 gewährte die Beklagte dem Kläger daraufhin Regelaltersrente ab 1. April 2002. Die Anspruchsvoraussetzungen, d. h. die Vollendung des 65. Lebensjahres, sei mit dem 09.12.2000 erfüllt gewesen. Die Rente werde vom Antragsmonat an geleistet, weil der Antrag erst nach Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats gestellt worden wäre, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt gewesen seien (§ 99 SGB VI). Für die Schulausbildung berücksichtigte die Beklagte die Zeit vom 10.12.1952 bis 31.03.1956, d. h. insgesamt 40 Monate. An Hochschulausbildungszeiten wurden 56 Monate, d. h. die Zeit vom 1. April 1956 bis 30.11.1960 der Rentenberechnung zugrunde gelegt. Danach könnten Zeiten nicht mehr berücksichtigt werden, weil die Höchstdauer der Anrechnungszeit überschritten sei.
Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, ihm müsse Rente bereits ab dem 01.01.2000 gezahlt werden, hilfsweise ab dem 01.03.2002. Denn er habe seinen Rentenantrag bereits am 02.04.2002 gestellt. Der 31.03.2002 sei ein Ostersonntag gewesen, der 01.04.2002 demzufolge Ostermontag. Folglich sei der Fristenmonat 3/02 am 02.04.2002 abgelaufen. Deswegen habe er den Antrag fristgerecht für den März 2002 gestellt. Ihm sei auch nicht bekannt gewesen, dass ein Antrag, der nach Ablauf von 3 Monaten, beginnend mit dem Monat, der auf denjenigen folge, in dem das 65. Lebensjahr vollendet werde, gestellt werde, die Rente später beginnen lasse als mit dem Monat, der auf die Vollendung des 65. Lebensjahres folge. Ihm sei zu keiner Zeit und in keiner Form ein entsprechender Hinweis der BfA oder LVA zugegangen. Er habe den Antrag ausschließlich in eigener Initiative gestellt. Das Formular habe er privat von jemanden erhalten, der es nicht gebraucht habe, weil er mehrere Exemplare gehabt habe. Seinen Anspruch stützte er auch auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch, da er nicht auf die Befristung und nach Ablauf der Frist auch nicht auf die Möglichkeit einer früheren Antragstellung hingewiesen worden wäre. Schließlich müssten auch seine Hochschulmonate nach § 252 Abs. 4 SGB VI berücksichtigt werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. März 2003 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, der Kläger habe am 09.12.2000 das 65. Lebensjahr vollendet. Die 3-Monatsfrist für die rechtzeitige Rentenantragstellung habe somit am 01.01.2001 begonnen und am 31.03.2001 geendet. Er habe aber erst am 03.04.2002 Antrag auf Regelaltersrente gestellt. Da dieser Rentenantrag nicht innerhalb der 3-Monatsfrist gestellt und somit verspätet gewesen wäre, beginne die Regelaltersrente nach § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI im Antragsmonat, hier also am 01.04.2002. Laut der gespeicherten Daten sei er auch mit maschinellem Schreiben vom 11.12.2000 anlässlich der Vollendung des 65. Lebensjahres von der BfA Berlin auf die Möglichkeit der Gewährung von Regelaltersrente hingewiesen worden. Dieses Schreiben habe auch über die Folgen verspäteter Rentenantragstellung aufgeklärt, so dass der Rentenversicherungsträger seiner Aufklärungsfrist nachgekommen sei und ein Anspruch auf früheren Rentenbeginn nach dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch entfalle.