Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialversicherung. Versicherungspflicht. Trau-/Hochzeitsrednerin. Tätigkeitsschwerpunkt. Öffentlichkeitsbezug. künstlerische Tätigkeit. publizistische Tätigkeit
Orientierungssatz
Die Tätigkeit einer Traurednerin und Zeremonienleiterin bei Hochzeiten stellt keine künstlerische oder publizistische Tätigkeit im Sinne des KSVG dar.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 04.05.2022 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Sozialversicherungspflicht der Klägerin in der Künstlersozialversicherung.
Die 1986 geborene Klägerin ist nach ihren eigenen Angaben seit Februar 2016 im Wesentlichen als Traurednerin und Zeremonienleiterin bei der Durchführung von freien Trauungen selbstständig tätig.
Am 14.12.2017 meldete die Klägerin bei der Beklagten im Bereich „Wort“ die Tätigkeiten Rednerin bei Feiern, Hochzeiten, Festen und Beerdigungen und im Bereich „darstellende Kunst“ die Tätigkeiten als Schauspielerin, Tänzerin, Sprecherin, Moderatorin und Choreografin an. Sie legte eine Bestätigung der Versicherung bei der Versorgungsanstalt der Deutschen Bühnen vor. Im Fragebogen zur Prüfung der Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) vom 22.11.2017 gab sie insoweit an, als Rednerin bei Feiern, Hochzeiten, Festen sowie Beerdigungen tätig zu sein. Als solche sei sie in unterschiedlichen Bereichen tätig, dies zum Beispiel für den Bereich der Moderation (klassische Bühnenmoderation bei Veranstaltungen wie Abendgalas, auf Messen, Ehrungen oder im Rahmen der Kindermoderation), als Sprecherin (Aufnahmen im Studio für Werbefilme oder Imagefilme-Unternehmensfilme, Tätigkeiten vor der Kamera für Werbefilme) sowie als Rednerin (Traurednerin und Zeremonienleiterin bei Hochzeiten, Rednerin bei freien Taufen/Kinderwillkommensfesten, Beerdigungen sowie als Hochzeitsmoderatorin). Darüber hinaus sei sie als Texterin (Redenschreiben, z.B. Festreden) sowie im Medientraining, Personal-Coaching, Referentin/Übungsleiterin sowie als Tänzerin, Schauspielerin und Statistin tätig. Mit Schreiben vom 01.03.2018 hat die Klägerin ihr Arbeitseinkommen aufgeteilt. Danach ist sie zu 45% als Rednerin bei familiären Anlässen tätig, als Moderatorin zu 15% und als Referentin zu 10%. Ergänzend hat sie Rechnungen und beispielhafte Verträge vorgelegt.
Mit Bescheid vom 17.04.2018 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin nicht der Versicherungspflicht nach dem KSVG unterliege. Die Tätigkeit der Klägerin könne nicht als künstlerisch/publizistisch angesehen werden. So habe sie sich als Schauspielerin, Tänzerin, Choreografin, Rednerin bei familiären Anlässen, Moderatorin, Medientrainerin und Referentin zur Prüfung der Versicherungsvoraussetzungen nach § 1 KSVG gemeldet. Aussagekräftige Tätigkeitsnachweise lägen insofern jedoch lediglich für die Tätigkeiten als Rednerin, Moderatorin und Referentin vor. Eine erwerbsmäßige Tätigkeitsausübung als Medientrainerin habe die Klägerin nicht nachgewiesen, sondern insofern lediglich Werbematerial übersandt. Eine versicherungsrechtliche Beurteilung dieser Tätigkeit sei daher nicht möglich. Die Ausübung einer selbstständigen künstlerischen Tätigkeit als Schauspielerin, Tänzerin, Choreografin und Sprecherin sei ebenfalls nicht belegt. Bei der von der Klägerin tatsächlich ausgeübten selbstständigen Tätigkeit als Rednerin bei familiären Anlässen und Referentin handele es sich überdies nicht um eine publizistische Tätigkeit im Sinne des § 2 KSVG. Der Arbeitsschwerpunkt der selbstständigen Tätigkeit der Klägerin liege mit 55% bei den ausgeübten nicht künstlerischen Tätigkeiten. Die Eigenschaft als versicherungspflichtige Künstlerin/Publizistin komme indes nur solchen Personen zu, bei denen die künstlerische/publizistische Tätigkeit als Wesensmerkmal angesehen werden könne. Bei einem aus unterschiedlichen Tätigkeiten zusammengesetzten Berufsbild könne daher von einem künstlerischen/publizistischen Beruf nur dann ausgegangen werden, wenn die künstlerischen/publizistischen Elemente das Gesamtbild prägten, Kunst bzw. Publizistik, also den Schwerpunkt der Berufsausübung darstellten. Bei der Prüfung, ob eine künstlerische/publizistische Tätigkeit ausgeübt werde und mithin Versicherungspflicht nach dem KSVG bestehe, sei vorrangig auf die jeweilige Vergütung in den unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen abzustellen. Bei dem Tätigkeitsprofil der Klägerin überwiege der künstlerische/publizistische Aspekt (Moderatorentätigkeit) insoweit nicht. Eine Tätigkeit als Redner zu familiären Anlässen weise keine ausreichenden Analogien zum Berufsbild des Schriftstellers oder Journalisten auf. Im Vordergrund stehe die inhaltliche Gestaltung einer Veranstaltung in Absprache mit dem Auftraggeber bzw. den Auftraggebern. Sowohl in der Arbeitsweise al...