Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsarzt. keine Abrechnung der Geb-Nr 100 EBM-Ä bei Ablehnung der Ultraschalluntersuchung durch Patientin
Leitsatz (amtlich)
1. Die Leistungslegende der Geb-Nr 100 EBM-Ä erfüllt ein Frauenarzt nur dann, wenn er eine nach den Schwangerschafts-Richtlinien vorgesehene Ultraschalluntersuchungen durchführt.
2. Weigert sich eine Patientin aus ethischen Gründen, eine Ultraschalluntersuchung an sich durchführen zu lassen, hat der Arzt auch dann keinen Anspruch auf Vergütung nach der Geb-Nr 100 EBM-Ä, wenn er alle anderen Betreuungsleistungen für die Schwangere erbracht hat. Die Sollvorschrift erlaubt dem Arzt nur ein Absehen von der Ultraschallüberwachung aus medizinischen Gründen.
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Streichung der Geb.-Nr. 100 des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM) in den Abrechnungen der Quartale 2/98 und 3/98.
Der Kläger ist als Frauenarzt zur vertragsärztlichen Versorgung in M. zugelassen.
Die Abrechnungsstelle P. der Beklagten strich in der Abrechnung des Klägers im Quartal 2/98 u. a. 7-mal und in der Abrechnung 3/98 u. a. 3-mal die Geb.-Nr. 100 EBM (Betreuung einer Schwangeren), weil der Kläger bei den jeweiligen Patientinnen im Verlauf der Schwangerschaft keine Ultraschalluntersuchungen durchgeführt habe (Bescheide vom 22.10.1998 und 25.3.1999).
Der Kläger erhob gegen die Streichungen der Geb.-Nr. 100 EBM Widerspruch. Er sehe nicht ein, warum er eine Schwangere zu einer unnötigen Untersuchung überreden solle. Es wäre für ihn bequemer und weniger zeitaufwändig, die Ultraschalluntersuchungen routinemäßig durchzuführen. Weiter machte er Ausführungen zur Auslegung der Geb.-Nr. 100 EBM unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG und zudem geltend, durch die für die Bestimmung des Leistungsinhalts der Geb.-Nr. 100 EBM in jeder Hinsicht maßgeblichen Mutterschafts-Richtlinien werde die Durchführung eines Ultraschall-Screenings keineswegs ausnahmslos gefordert. Die Mutterschafts-Richtlinien beließen es bei bloßen „Sollensbestimmungen", so dass in atypischen Fällen Abweichungen gestattet seien. Solche besonderen Gründe lägen bei den beanstandeten Behandlungsfällen vor. Er habe das gesamte von den Mutterschafts-Richtlinien festgelegte Programm mit Ausnahme allein der sonographischen Untersuchungen erfüllt. Trotz seiner Belehrung und Hinweise hätten sich die betroffenen Schwangeren aus Gründen des unbedingten Lebensschutzes jeweils bewusst gegen ein Ultraschall-Screening entschieden.
Auf Anfrage der Beklagten teilte die Kassenärztliche Bundesvereinigung mit (Schreiben vom 21.7.1999), die Berechnung der Geb.-Nr. 100 EBM setze voraus, dass alle Screening-Untersuchungen nach den Mutterschafts-Richtlinien durchgeführt würden. Unterblieben diese, sei in den betreffenden Quartalen, in denen diese gemäß den Mutterschafts-Richtlinien durchgeführt werden müssten, die Geb.-Nr. 100 EBM nicht berechnungsfähig. In diesen Fällen wären die Leistungen zur Betreuung der Schwangerschaft nach entsprechenden kurativen Positionen abzurechnen, wie dies auch dann der Fall sei, wenn ein anderer Arzt z. B. im Rahmen einer Vertretung die Betreuung einer Schwangeren im Laufe eines Quartals teilweise übernehme. Das Verhalten des Klägers sei rechtlich riskant, weil bei späteren Fehlbildungen die Beweisführung für ihn schwierig sei.
Die Widersprüche des Klägers wies der Vorstand der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 1.10.1999). Zur Begründung führte er aus, sowohl nach der Stellungnahme der Kassenärztlichen Bundesvereinigung als auch nach den Ausführungen des Kölner Kommentars zum EBM (Stand: Juli 1997) stehe fest, dass die Ultraschalluntersuchungen verbindlich durchgeführt werden müssten. Würden sie - warum auch immer nicht durchgeführt, so greife die Allgemeine Bestimmung A 1 Teil A 1 EBM ein. Nachdem die Geb.-Nr. 100 EBM für den Leistungsinhalt auf die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen verweise, könnten diese Leistungen nur abgerechnet werden, wenn die in den Mutterschafts-Richtlinien vorgegebenen Untersuchungsschritte eingehalten würden. Im Übrigen scheine die Argumentation des Klägers, aus Sicht des Vorrangs des Lebensschutzes werde ein Ultraschall-Screening abgelehnt, die Zielrichtung der Screening-Untersuchungen nicht zu treffen. Diese dienten dem Schutz des werdenden Lebens durch beispielsweise das frühzeitige Erkennen des Risikos einer Frühgeburt.
Der Kläger hat am 25. 10.1999 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und auf die Begründung seines Widerspruches verwiesen. Zur Illustration der Beweggründe der ein Ultraschall-Screening ablehnenden Schwangeren hat er literarische Belege vorgelegt. Er hat auch erneut geltend gemacht, in den Fällen, in denen von Schwangeren die Durchführung sonographischer Screening-Untersuchungen abgelehnt werde, würden die weiteren nach den Mutterschafts-...