Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Fortsetzung der freiwilligen Mitgliedschaft nach Ende der Versicherungspflicht (obligatorische Anschlussversicherung). Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Die Vorschrift des § 188 Abs 4 SGB 5 ist verfassungsrechtlich unbedenklich. In welchem Umfang der Gesetzgeber Systeme der gesetzlichen Sozialversicherung bildet und ausgestaltet, unterliegt seinem Gestaltungsermessen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18.01.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen eine Beitragsforderung der Beklagten und begehrt die Feststellung, dass er nicht bei der Beklagten freiwillig krankenversichert ist.
Der 1974 geborene Kläger war ab dem 01.06.2006 bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Zuletzt war er im Zeitraum vom 01.12.2013 bis 27.08.2014 aufgrund des Bezugs von Arbeitslosengeld gesetzlich pflichtversichert. Im anschließenden Zeitraum war er nicht beschäftigt und bezog auch keine Leistungen nach dem Zweiten, Dritten oder Zwölften Sozialgesetzbuch (SGB II/SGB III/SGB XII).
Am 02.09.2014 bat der Kläger die Beklagte telefonisch, seine Krankenversicherung ruhen zu lassen. Die Beklagte erklärte, dies sei nicht möglich; es greife eine obligatorische Anschlussversicherung. Mit einem bei der Beklagten am 17.09.2014 eingegangenen Schreiben beantragte der Kläger erneut das Ruhen der Versicherung. Er verfüge derzeit über kein Einkommen, weder aus selbständiger noch unselbständiger Beschäftigung. Er befreie die Beklagte von der gesetzlichen Verpflichtung, ihn weiter zu versichern. Hilfsweise kündige er seine Mitgliedschaft. Mit Schreiben vom 19.09.2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass gemäß § 188 Abs 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (gesetzliche Krankenversicherung SGB V) eine obligatorische Anschlussversicherung als freiwillige Mitgliedschaft vorgesehen sei, um Lücken im Verlauf der Krankenversicherung zu unterbinden. Der Kläger werde daher als freiwilliges Mitglied weiterversichert, es sei denn er weise eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall, zB eine private Krankenversicherung, nach. Hierauf erwiderte der Kläger, § 188 Abs 4 SGB V sei nicht einschlägig. Er beabsichtige lediglich, die Mitgliedschaft bis zur Aufnahme einer neuen Erwerbstätigkeit ruhen zu lassen. Es sei unzulässig, ihm eine Zwangsmitgliedschaft aufzubürden.
Mit Bescheid vom 10.11.2014 (Blatt 20 Verwaltungsakte) teilte die Beklagte, auch im Namen der m. Pflegeversicherung, dem Kläger mit, dass er ab dem 28.08.2014 als freiwilliges Mitglied bei der Beklagten krankenversichert sei. Der monatliche Beitrag in der Krankenversicherung betrage 603,45 €, der monatliche Beitrag in der Pflegeversicherung 93,15 €. Da der Kläger keine Einkommensnachweise vorlege, teilte die Beklagte ihm mit Bescheid vom 21.11.2014 mit, dass sich der monatliche Beitrag nach der gesetzlichen Beitragsbemessungsgrenze (Höchstbetrag) berechne.
Mit Schreiben vom 18.11.2014 (Blatt 29 Verwaltungsakte) gab der der Kläger an, er könne die Ausführungen der Beklagten im Schreiben vom 10.11.2014 nicht nachvollziehen.
Mit Änderungsbescheid vom 05.02.2015 (Bl 41 Verwaltungsakte) teilte die Beklagte, auch im Namen der m. Pflegeversicherung, dem Kläger mit, dass sie aufgrund der Ausführungen des Klägers im Schreiben vom 17.09.2014, wonach er über keine Einkünfte verfüge, den monatlichen Beitrag nach der gesetzlichen Mindestbemessungsgrundlage festsetze (Zeitraum 28.08. bis 31.12.2014: Krankenversicherung 137,33 €/Monat; Pflegeversicherung 24,57 €/Monat; Zeitraum ab 01.01.2015: Krankenversicherung 132,30 €/Monat, Zusatzbeitrag 8,51 €/Monat; Pflegeversicherung 24,57 €/Monat). Die Zahlung der rückständigen Beiträge mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 26.03.2015 (Blatt 45 Verwaltungsakte) an.
Mit Schreiben vom 14.04.2015 (Bl 47 Verwaltungsakte), betitelt mit “Leistungsbescheid/vollstreckbare Ausfertigung, rückständige Beiträge zur Kranken- Pflegeversicherung„ teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass rückständige Beiträge in Höhe von 994,73 € bestünden und kündigte die Beklagte die Zwangsvollstreckung an. Dieses Schreiben ließ die Beklagte dem Kläger über den Gerichtsvollzieher beim Amtsgericht P. zustellen. Gleichzeitig erteilte sie dem Amtsgericht P. einen Vollstreckungsauftrag.
Am 30.04.2015 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und gleichzeitig beantragte, ihm einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren mit dem Ziel, die Zwangsvollstreckung “aus dem Leistungsbescheid vom 14.04.2015„ vorläufig einzustellen. Mit Beschluss vom 15.05.2015 (S 14 KR 1433/15 ER) hat das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt. Rechtsmittel hiergegen sind nicht eingelegt worden.
Zur Begründung der Klage hat der Kläger vorgetragen, ein Versicherungsverhältnis mit der Beklagten bestehe nicht, da dieses infolge...