Entscheidungsstichwort (Thema)
Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Voraussetzungen bei Zugrundelegung der BSG-Rechtsprechung zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung für eine Versorgungsehe nach § 46 Abs 2a SGB 6
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen bei Zugrundelegung der BSG-Rechtsprechung (siehe insbesondereBSG Urteil vom 5. Mai 2009 - B 13 R 53/08 R -) um die gesetzliche Vermutung für eine Versorgungsehe in§ 46 Abs. 2a SGB VI zu widerlegen; hier im Falle einer Eheschließung ca. 3 Monate vor dem Versterben der Ehepartnerin nach schon mehreren Jahren mit einer Krebserkrankung und insgesamt stetiger Verschlechterung des Gesundheitszustandes.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. September 2022 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer großen Witwerrente aus der Versicherung der B1 (im Folgenden: Versicherte).
Der 1963 geborene Kläger ist der Ehemann der 1961 geborenen und 2019 verstorbenen Versicherten, mit der er 2019 die Ehe schloss. Die Eheleute haben keine Kinder.
Die Versicherte war bis zur Erstdiagnose von Brustkrebs im Jahr 2017 als Bankkauffrau versicherungspflichtig beschäftigt, bezog sodann Krankengeld und Rente wegen Erwerbsminderung. Der Kläger ist gelernter und in diesem Beruf beschäftigter Bankkaufmann und seit 01.07.2023 in Altersteilzeit tätig. Er hatte in den Jahren 2017 bis 2019 ein Einkommen in Höhe von brutto 66.013,22 € (2017), 71.374,22 € (2018) und 80.683,53 € (2019, vgl. Bl. 101 ff. Senats-Akte). Die gesetzliche Regelaltersrente ab 01.07.2030 wird voraussichtlich 2.745,76 € betragen (Bl. 107, 108 Senats-Akte). Darüber hinaus hat der Kläger Anspruch auf eine Betriebsrente.
Der Kläger erbte nach dem Tod der Versicherten deren Haus. Er ist außerdem Eigentümer eines weiteren Hauses in W1 sowie seines früheren Elternhauses in G1, das er mit seinem Bruder je zur Hälfte geerbt und den er hierfür ausbezahlt hat (vgl. Bl. 138 ff. Senats-Akte). Beide letztgenannten Häuser sind nach Angaben des Klägers schuldenfrei (Bl. 44 SG-Akte). In dem von ihm und bis zu deren Tod von der Versicherten bewohnten Haus, das der Kläger von der Versicherten erbte, wird eine Wohneinheit vermietet, für das die Eheleute in den Jahren 2017 bis 2019 jährliche Mieteinnahmen in Höhe von 5.400,00 € erhielten (vgl. Bl. 123 ff. Senats-Akte). Die für diese Immobilie im Jahr 2019 bestehende Darlehensrestschuld in Höhe von ca. 20.000,00 € wurde nach Angaben des Klägers durch die Risikolebensversicherung der Versicherten abgelöst (Bl. 44 SG-Akte). Für das von ihm vermietete frühere Elternhaus erhielt der Kläger in den Jahren 2017 bis 2019 Mieteinnahmen in Höhe von 6.000,00 € jährlich sowie für das weitere Haus in W1 solche in Höhe von 8.400 € im Jahr 2017, in Höhe von 8.120,00 € im Jahr 2018 und in Höhe von 9.000,00 € im Jahr 2019 (vgl. Bl. 126 ff. Senats-Akte).
Der Kläger und die Versicherte lebten nach dem Vorbringen des Klägers seit 1990 in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft, er zog 1990 in das Haus der Versicherten unter der im Rubrum genannten Anschrift ein. Beide erwogen bereits in den Jahren 1995 bis 1997 das erste Mal im Zusammenhang mit einem Kinderwunsch zu heiraten.
Nachdem bei der Versicherten im Jahr 1999 ein Morbus Hodgkin vom nodulär sklerosierendem Typ im Stadium IIA, mediastinaler Bulk (Anm.: B-Zell-Lymphom Befall von zwei oder mehr Lymphknotenregionen - hier im Mediastinum „Mittelfell“, intermediäres/mittleres Stadium) diagnostiziert, von September 1999 bis Januar 2000 eine Chemotherapie sowie im Januar/Februar 2000 eine Bestrahlung erfolgte und der Kinderwunsch unerfüllt geblieben war, lebten der Kläger und die Versicherte zunächst in der bisherigen Form miteinander im gemeinsamen Haushalt weiter.
Nach dem Vorbringen des Klägers wurden im Herbst 2015 - erneut - gefasste Heiratspläne wegen Baumaßnahmen im Zuge der Renovierung der drei in ihrem Eigentum stehenden Häuser weiterhin nicht umgesetzt.
Im Mai 2017 wurde bei der Versicherten ein primär pulmonal metastasierendes Mammakarzinom (cT1b cN1a M1 [pul] G3, Stadium IV) rechts diagnostiziert und bis Oktober 2017 sieben Zyklen Chemotherapie (Docetaxel) in Kombination mit einer Antikörpertherapie (Pertuzumap und Trastuzumab) durchgeführt (vgl. Entlassungsbericht C1, G2, R1/M1, V1-Kliniken K1 vom 24.04.2019).
Im Januar 2018 befand sich die Versicherte zur stationären Anschlussheilbehandlung in der A1 Klinik T1 (Diagnosen: Mammakarzinom, pulmonale Rundherde beidseits, Hypothyreose, Hodgin-Lymphom), aus welcher sie nach ärztlicher Einschätzung mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen „in ca. ein bis zwei Monaten“ entlassen wurde, „vorausgesetzt stabile Situation bei formal metastasierter Tumorerkrankung und Anhalten des aktuell guten Allgemeinzustandes“ (Reha-Entlassungsbericht vom 02.02.2018, Bl. 152 ff. Senats-Akte). Eine Minderung der Leistungsfähigkeit könne bei erhöhtem Risik...