Entscheidungsstichwort (Thema)
Erwerbsminderungsrente. sozialgerichtliches Verfahren. Untersuchung durch medizinischen Sachverständigen. Teilnahme Angehöriger
Leitsatz (amtlich)
Bei einer gerichtlich veranlassten Untersuchung durch einen medizinischen Sachverständigen hat der Rentenbewerber grundsätzlich keinen Anspruch auf die Zulassung einer Teilnahme von Angehörigen (Anschluss an LSG Celle-Bremen vom 20.11.2009 - L 2 R 516/09 B).
Orientierungssatz
Einen allgemeinen Anspruch auf Überprüfung eines Sachverständigengutachtens durch ein “Obergutachten„ sehen die Prozessordnungen - auch das SGG - nicht vor (vgl BSG vom 23.5.2006 - B 13 RJ 272/05 B).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 30. August 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger auf Grundlage seines Antrags vom 8. November 2006 gegen die Beklagte ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, zusteht.
Der am ... Januar 1958 geborene Kläger siedelte - nach seinen Angaben im Rentenantrag - am 1. Januar 1965 aus der Türkei in die Bundesrepublik Deutschland über. Er absolvierte ab 1974 eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker und war anschließend bis Mai 2001 als Schlosser, Verzahner, Dreher und Schichtführer beschäftigt. Zuletzt war er als Fertigungsprüfer (QS-Fachkraft) versicherungspflichtig beschäftigt. Nachdem der Kläger seit dem 2. November 2005 arbeitsunfähig geschrieben war, wurde er zum 30. Juni 2007 gekündigt. Seither ist er arbeitsunfähig geschrieben bzw. arbeitslos. Ihm wurde mit Wirkung zum 13. April 2007 ein GdB von 50 zuerkannt. Vom 8. November 2001 bis zum 7. November 2006 wurden mehr als drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder aufgrund des Bezugs von Lohnersatzleistungen iS des § 3 Satz 1 Nr 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) entrichtet; insgesamt sind Beitragszeiten von mehr als fünf Jahren vorhanden (Versicherungsverlauf vom 10. November 2006).
Stationäre Maßnahmen zur medizinischen Rehabilitation erbrachte die Beklagte vom 10. Mai 2005 bis zum 31. Mai 2005 (F.-Klinik Bad B.) sowie vom 21. Juni 2006 bis zum 1. Juli 2006 (B.-Klinik Ü.). Aus dem dortigen Entlassbericht vom 30. Juni 2006 ergibt sich, dass beim Kläger ein akutes rechtsseitiges Schmerzsyndrom L5 bei sequestriertem intraforaminal gelegenem Bandscheibenprolaps L5/S1 rechts besteht. Nach einer Bandscheibenoperation befand sich der Kläger vom 14. August 2006 bis zum 4. September 2006 wiederum auf Kosten der Beklagten in einer stationären Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation, nun in der Reha-Klinik S. D.. Der dortige Entlassbericht vom 7. September 2006 führt aus, der Kläger leide an anhaltenden Lumboischialgien rechts bei Zustand nach Bandscheibenoperation L5/S1 am 20. Juli 2006 sowie an Adipositas mit einem BMI von 33 mit kombinierter Fettstoffwechselstörung. Er wurde dort für Tätigkeiten in seinem Beruf als Kontrollarbeiter sowie für mittelschwere Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen betreffend die Arbeitshaltung und den Bewegungs-/ Haltungsapparat als für sechs Stunden und mehr täglich leistungsfähig angesehen.
Am 8. November 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, die diese mit Bescheid vom 10. November 2006 ablehnte. Seinen Widerspruch vom 17. November 2006, mit dem er geltend gemacht hatte, er sei nicht in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein und sich nicht ordnungsgemäß über einen längeren Zeitraum aufrecht halten zu können, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2007 zurück. Der Kläger sei noch in der Lage, mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne längere Wirbelsäulenzwangshaltung und ohne häufiges Bücken mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Auch eine Tätigkeit als Fertigungsprüfer sei ihm mindestens sechs Stunden täglich möglich.
Am 9. März 2007 hat der Kläger beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben und sein Begehren weiter verfolgt. Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Ärzte Dr. E., Dr. K. und Prof. Dr. K./ Dr. T. als sachverständige Zeugen sowie durch Einholung von Gutachten auf nervenärztlichem Fachgebiet bei Dr. M. und Dr. H.. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 42 bis 55, 59 bis 68, 73 bis 86, 108 bis 127, 205 bis 221, 240 bis 267 sowie 289 bis 293 der SG-Akten Bezug genommen.
Der Internist und Hausarzt Dr. E. hat in seiner Auskunft vom 18. Juni 2007 mitgeteilt, ergänzend zu den in der Reha-Klinik S. erhobenen Befunden komme noch ein Restlesslegs-Syndrom hinzu, zudem bestünden häufig Kopfschmerzen und ventrikuläre Extrasystolen. Diese zusätzlichen Gesundheitsstörungen seien aber nicht als so gravierend...