Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. weitere Unfallfolge. haftungsausfüllende Kausalität. Theorie der wesentlichen Bedingung. Nichtfeststellbarkeit: posttraumatische Belastungsstörung. neuropsychologische Folgen nach Stromunfall mit abgeklungener Reizsymptomatik des Nervus ulnaris
Leitsatz (amtlich)
Eine Gesundheitsstörung, die nicht durch einen Gesundheitserstschaden verursacht ist, sondern allein wesentlich auf Auswirkungen durch das Unfallereignis verursachter veränderter Lebensumstände - wie beispielsweise betriebliche Konflikte am Arbeitsplatz - zurückgeht, ist nicht als Unfallfolge anzuerkennen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 28.01.2021 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung von Unfallfolgen und die Gewährung von Verletztenrente streitig.
Nach der Unfallanzeige vom 17.11.2016 erlitt der 1963 geborene Kläger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Maschinenführer bei der Firma S in E GmbH am 15.11.2016 beim Entfernen hartnäckiger Anhaftungen von Streichfarbe mit einem Bohrhammer in feuchter Arbeitsumgebung einen Stromschlag. Der Kläger stellte sich noch am Unfalltag im Kreiskrankenhaus E vor. Nach dem Durchgangsarztbericht des K vom 15.11.2016 trug der Kläger Handschuhe, dauerte der Stromschlag, ehe sich der Kläger selbst lösen konnte, 3 bis 4 Sekunden an und trat weder eine Bewusstlosigkeit ein, noch erfolgte ein Sturz.
In dem Durchgangsarztbericht des K vom 15.11.2016 wurden als Befund im Bereich der rechten oberen Extremität intakte Weichteile, kein sichtbarer Stromeintritt, eine angegebene Pelzigkeit im Arm und in der Hand, eine freie Beweglichkeit der Schulter, eine diskrete Krafteinschränkung im Arm und kein Hinweis auf eine knöcherne Verletzung sowie im Bereich der Füße keine Stromaustrittsstellen erhoben. Im Nachschaubericht des K vom 16.11.2016 wurde ausgeführt, im Rahmen der 24-Stunden-Überwachung hätten sich keine weiteren Auffälligkeiten gezeigt. Der Kläger habe zuletzt noch Schmerzen im Bereich der rechten Schulter, Gefühlsstörungen im Bereich der lateralen rechten Schulter sowie der rechten Finger III bis V und ein leichtes Druckgefühl in der Brust angegeben. Nach dem Endgültigen Entlassbrief des Kreiskrankenhauses E vom 16.11.2016 zeigten sich laborchemisch keine besonderen Auffälligkeiten, ergab das craniale Magnetresonanztomogramm (cMRT) keine morphologisch sichtbaren Defekte und war das Elektrokardiogramm (EKG) unauffällig, weshalb der Kläger bei bereits rückläufigen Residuen des Stromschlags am 16.11.2016 entlassen wurde.
Nach den Angaben der Firma S machten sich im Rahmen der am „23.11.2016“ wieder aufgenommenen Tätigkeit die Folgen des Unfalls nicht bemerkbar. Nach dem Zwischenbericht des K vom 24.11.2016 funktionierte die am „20.11.2016“ wieder aufgenommene berufliche Tätigkeit gut. Es hätten lediglich noch Schmerzen vor allem im rechten Ringfinger und rechten Arm sowie Gefühlsstörungen bis zum Kniegelenk lateral am Bein und eine verminderte Sensibilität am lateralen Oberschenkel bis zum Kniegelenk, jedoch keine motorische Krafteinschränkung und keine Bewegungseinschränkungen bestanden. Ausweislich des Zwischenberichts des K vom 08.12.2016 stellte sich der Kläger erneut wegen anhaltenden intermittierend auftretenden Gefühlsstörungen im rechten Ring- und Kleinfinger mit Ausstrahlung über den Ellenbogen bis zur Schulter sowie intermittierend auch im Bereich des Schädels vor.
W führte in seinem Arztbrief vom 15.12.2016 als Diagnose eine nicht-erosive gastroösophageale Refluxkrankheit auf.
Nach dem Arztbrief des J vom 04.01.2017 ergab die am 29.12.2016 erfolgte Untersuchung ein beginnendes Loge-de-Guyon-Syndrom rechts sowie ein leicht verzögertes somato-sensibel-evoziertes Potenzial C8 rechts, das durch dieses Syndrom ausgelöst werden könne, kein radikuläres Defizit und kein zentral-neurologischer Herdbefund. Zwar könne der Stromunfall ein Auslöser für die Beschwerden gewesen sein, es sei aber unwahrscheinlich, dass er die Ursache hierfür sei. Es erfolgten weitere Vorstellungen im Kreiskrankenhaus E. K berichtete in seinem Zwischenbericht vom 05.01.2017, Sensibilitätsstörungen bei Berührung seien nicht eruierbar, es habe kein motorisches Defizit an den oberen und unteren Extremitäten bestanden, Zehenspitzengang und Hackengang seien demonstrierbar gewesen und die Arme hätten gegen Widerstand gut angehoben werden können, und in seinem Zwischenbericht vom 24.01.2017, der Kläger habe sensible Einschränkungen der kompletten rechten Körperhälfte angegeben, die Kraft der oberen Extremitäten erscheine beidseits gleich und es lägen zwar eine diskrete Fußheberschwäche rechts im Vergleich zu links, aber keine Mastdarmbeschwerden vor.
Es erfolgte am 09.02.2017 eine weitere Abklärung der Beschwerden des Kl...