Entscheidungsstichwort (Thema)
Kürzung nach § 93 Abs 1 SGB 6 bei Regelaltersrentenbeziehern, die gleichzeitig Verletztenrente aufgrund eines während des Bezuges einer Rente wegen voller Erwerbsminderung im Rahmen einer unentgeltlichen Mithilfe erlittenen Arbeitsunfalls erhalten. keine analoge Anwendung des § 93 Abs 5 SGB 6. Verfügungssätze in einem Bescheid über die Bewilligung von Altersrente eines krankenversicherungs- und pflegeversicherungspflichtigen Rentners, bei dem Verletztenrente auf die Rente angerechnet wird. Streitgegenstand. zulässige Klageart
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Bescheid über die Bewilligung von Altersrente eines krankenversicherungs- und pflegeversicherungspflichtigen Rentners, bei dem Einkommen (hier: Verletztenrente) auf die Rente angerechnet wird, enthält getrennte Verfügungssätze: Neben der Regelung von Rentenart, Rentenbeginn und der Höhe der monatlichen Brutto-Rente auch eine Regelung über die Erhebung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung und deren Einbehalt sowie eine Regelung über die Höhe der auf die Rente anzurechnenden Einkünfte und über die Höhe des schließlich zustehenden monatlichen Zahlbetrages.
2. Wendet sich der Kläger gegen die Einkommensanrechnung ist Gegenstand des Rechtsstreits somit die vom Kläger mit der - isolierten - Anfechtungsklage angegriffene Festsetzung des Anrechnungsbetrages aus der Verletztenrente und auch das - insoweit mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgte - Begehren des Klägers auf einen höheren monatlichen Zahlbetrag wegen Wegfalls der Anrechnung.
3. Dem entsprechend werden Bescheide über die Änderung des anzurechnenden Einkommens ebenso gem § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Rechtsstreits wie Bescheide über die Änderung des monatlichen Zahlbetrages.
4. § 93 Abs 5 SGB VI ist nicht deshalb analog anzuwenden, weil es durch den Arbeitsunfall nicht zu einem Ausfall von Arbeitsentgelt kam (Unfallversicherungsschutz wegen unentgeltlicher Helfertätigkeit).
Orientierungssatz
Zum Leitsatz 1 vgl BSG vom 23.5.1989 - 12 RK 66/87 = SozR 2200 § 393a Nr 3, vom 6.3.2003 - B 4 RA 35/02 R = SozR 4-2600 § 313 Nr 1, vom 20.10.2005 - B 4 RA 27/05 R = BSGE 95, 159 = SozR 4-2600 § 93 Nr 7, vom 11.5.2011 - B 5 R 8/10 R = BSGE 108, 152 = SozR 4-5050 § 31 Nr 1, vom 9.10.2012 - B 5 R 8/12 R = BSGE 112, 74 = SozR 4-1300 § 45 Nr 10 sowie vom 27.5.2014 - B 5 R 6/13 R = BSGE 116, 64 = SozR 4-2600 § 97 Nr 2 und LSG Stuttgart vom 28.9.2006 - L 10 R 4911/05, vom 10.7.2007 - L 10 R 2470/07 sowie vom 24.1.2008 - L 10 R 3390/06.
Normenkette
SGB VI § 93 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3, 5 S. 1 Nr. 1; SGB VII § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 85 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; SGB X § 31; SGB IV § 18; SGG § 96 Abs. 1, § 77
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11.02.2015 wird zurückgewiesen und die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Verletztenrente des Klägers aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf seine Regelaltersrente angerechnet werden darf.
Der am 1948 geborene Kläger bezog vom 01.02.2007 an bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Rente wegen voller Erwerbsminderung. Wegen eines im November 2010 erlittenen Arbeitsunfalles im Rahmen einer unentgeltlichen Mithilfe bei B. arbeiten am Haus seines Sohnes wurde dem Kläger von der zuständigen Berufsgenossenschaft der B. (BG B.) Verletztenrente nach den Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung ab 04.11.2010 bewilligt (vgl. Bl. 162 ff. VA), die sich ab 01.07.2013 auf monatlich 422,90 € auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 40 v.H. belief (Auskunft der BG B. vom April 2013, Bl. 192 ff. VA). Ab 01.10.2013 berechnete sich die Verletztenrente des Klägers nach einer MdE um 35 v.H. und belief sich damit auf 370,04 € monatlich (vgl. Bescheid der BG B. vom 07.10.2013, Bl. 235 ff. VA). Die Verletztenrente wurde zum 01.07.2014 (Bescheid der BG B. vom 23.06.2014, monatlicher Zahlbetrag i.H.v. 376,22 €, vgl. Bl. 51 ff. LSG-Akte) bzw. zum 01.07.2015 (Bescheid der BG B. vom 18.06.2015, monatlicher Zahlbetrag i.H.v. 384,12 €, vgl. Bl. 53 ff. LSG-Akte) angepasst. Die Rente wegen voller Erwerbsminderung wurde ohne Berücksichtigung der Verletztenrente weitergezahlt.
Auf seinen Antrag bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 03.05.2013 Regelaltersrente ab 01.07.2013. Sie stellte den monatlichen Bruttobetrag dieser Rente mit 1.264,84 €, den monatlichen Anrechnungsbetrag wegen Anrechnung der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit 248,90 € (Zwischenergebnis monatlich 1.015,94 €) fest. Die monatlichen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung wurden mit 83,30 € bzw. 20,83 € festgesetzt, woraus sich ein monatlicher Nettozahlbetrag i.H.v. 911,81 € ergab. Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Bescheid vom 03.05.2013 (Bl. 213 ff. VA) Bezug genommen.
Wegen der ab 01.10.2013 geänderten Höhe der Verletztenrente hat die Beklagte mit Besche...