Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Anrechnung einer Unfallrente auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung
Orientierungssatz
§ 93 SGB 6 verstößt nicht gegen das GG (vgl BVerfG vom 19.7.1984 - 1 BvR 1614/83 = SozR 2200 § 1278 Nr 11, BSG vom 31.3.1998 - B 4 RA 49/96 R = BSGE 82, 83, SozR 3-2600 Nr 93 Nr 7 und BSG vom 28.1.1999 - B 8 KN 10/97 R = SozR 3-2600 § 93 Nr 9).
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Altersrente des Klägers wegen Zusammentreffens mit einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung teilweise nicht zu leisten ist.
Der ... 1936 geborene Kläger, ein gelernter Zimmermann, hat am 16. März 1956 einen Arbeitsunfall erlitten, wegen dessen Folgen ihm die zunächst zuständige Tiefbau-BG Verletztenrente gewährt hat, die die inzwischen zuständige Südwestliche Bau-BG weiterhin leistet, zuletzt unverändert nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. Bis zum Abschluss einer Umschulung zum Technischen Zeichner hat ihm außerdem die damals noch zuständige LVA Baden Berufsunfähigkeitsrente bis 31. Mai 1962 gewährt, wobei sie wegen Zusammentreffens dieser Rente mit der Verletztenrente die Ruhensvorschrift des damals noch geltenden § 1278 Reichsversicherungsordnung (RVO) angewandt hatte.
Auf den Antrag auf Gewährung von Altersrente vom 02. August 1999 holte die Beklagte eine Auskunft der Südwestlichen Bau-BG ein, wonach diese Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. gewährt, ab 01. Juli 1999 mit einem Zahlbetrag von 616,56 DM, und die Berechnung nicht ausschließlich nach dem Arbeitseinkommen des (Klägers als) Unternehmers oder seines Ehegatten bzw. nach einem festen Betrag für den Unternehmer oder seines Ehegatten erfolgt. Am 30. November 1999 gab der Kläger seine Beschäftigung als Bauzeichner auf.
Mit Bescheid vom 27. September 1999 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 01. Dezember 1999 Altersrente für langjährig Versicherte, die sie wegen der zugleich gewährten Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung in Anwendung des § 93 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) um monatlich 396,56 DM kürzte, womit sich noch ein monatlicher Zahlbetrag von 2.306,25 DM ergab.
Dagegen erhob der Kläger am 26. Oktober 1999 Widerspruch, mit welchem er sich gegen die Minderung der Rente wegen der Gewährung der Leistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung wandte. Durch den nicht selbst verschuldeten Arbeitsunfall habe er über Jahre Lohneinbußen in beträchtlicher Höhe hinnehmen müssen und sei bis 1983 und darüber hinaus nicht annähernd an die Einkommen im erlernten Beruf herangekommen. Da er die Unfallrente auf Dauer beziehe, sei nicht nachvollziehbar, warum jetzt eine Reduzierung erfolgen solle. Diese stelle einen weiteren Nachteil als Folge des Arbeitsunfalles dar. Nach Erläuterung der Sach- und Rechtslage sowie der Berechnung der Kürzung durch die Beklagte teilte er mit, nach seiner Auffassung komme die Rentenberechnung dem Tatbestand der "Täuschung" und des "Betruges" gleich. Die Rente aus der Unfallversicherung stehe ihm wegen der Unfallfolgen und der daraus resultierenden Erwerbsminderung, die Altersrente aufgrund seiner Beitragsleistungen zu. Deswegen seien ihm die Renten in vollem Umfang zu gewähren. Eine Kürzung widerspreche Treu und Glauben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05. April 2000 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, gemäß § 93 Abs. 1 SGB VI sei die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei Zusammentreffen mit Leistungen aus der Unfallversicherung insoweit nicht zu leisten, als die Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge den jeweiligen Grenzbetrag übersteige. Die -- im Einzelnen erläuterte -- Kürzung entspreche den gesetzlichen Vorgaben und die Voraussetzungen für eine Nichtanwendung der Kürzungsvorschrift seien nicht erfüllt.
Deswegen erhob der Kläger am 14. April 2000 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Er trug im Wesentlichen vor, die Beklagte kürze ihm seine Unfallrente, die ihm die Tiefbau-BG als Dauerrente bewilligt habe. Eine Änderung der Verletztenrente wäre nur zulässig, wenn sich die Unfallfolgen geändert hätten, was aber nicht der Fall sei. Die von der Beklagten gewährte Rente beruhe auf den von ihm geleisteten Rentenbeiträgen. Durch den Arbeitsunfall habe er seinen Beruf als Zimmermann nicht mehr ausüben können und er habe nach längeren Krankenhausaufenthalten und der Umschulung zusätzlich erhebliche finanzielle Einbußen gehabt. Hätte er den Arbeitsunfall nicht erlitten, würde seine Altersrente heute über 3.400,-- DM liegen. Das von der Beklagten praktizierte Verfahren, auch wenn es gesetzlich festgelegt sein sollte, erfülle nach seiner subjektiven Auffassung den Tatbestand des Betruges. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 21. Juni 2000 über den Abzug von Sozialabgaben sei nach Sozialabzügen auch entsprechend Rente zu zahlen. Ihm stehe die volle Rente zu. Die Besorgnis einer Überversorgung bei gleich...