Entscheidungsstichwort (Thema)
Fremdrentenrecht. Überprüfung und Bindungswirkung von Feststellungsbescheiden. rumänische Beitragszeiten
Orientierungssatz
Art 38 RÜG sollte eine verwaltungstechnische Erleichterung gegenüber den (engeren) Voraussetzungen des § 48 SGB 10 für die Anpassung an geänderte rechtliche Voraussetzungen erbringen, nicht aber im Ergebnis eine Einschränkung für die Rücknahme von Verwaltungsentscheidungen nach § 48 SGB 10 darstellen, wenn dessen (engeren) Voraussetzungen erfüllt sind.
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte berechtigt war, Feststellungen von Versicherungszeiten sowie einen Bescheid über die Bewilligung einer Witwenrente aufzuheben und diese mit Wirkung für die Zukunft neu festzustellen.
Die ... 1942 geborene Klägerin ist Witwe des ... 1944 geborenen und ... 1997 verstorbenen Versicherten, mit welchem sie am 5. Juli 1980 von Rumänien in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt war.
Mit Bescheiden vom 15. November 1982 und 11. Mai 1984 hatte die Beklagte Beitragszeiten des Versicherten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) - teils mit (Zeitraum 13. Februar 1961 bis 31. Juli 1967), teils ohne (Zeitraum 1. Oktober 1967 bis 31. Mai 1980) Kürzung auf 5/6 - festgestellt. Mit Bescheid vom 7. September 1989, dem ein Versicherungsverlauf beigefügt war, stellte die Beklagte die bis 31. Dezember 1982 zurückgelegten Zeiten verbindlich fest.
Am 20. Februar 1998 beantragte die Klägerin die Gewährung von Witwenrente, worauf die Beklagte mit Bescheid vom 18. November 1998 ab 8. Juni 1997 eine große Witwenrente (ab 1. Oktober 1997 wegen der Höhe des berücksichtigten Einkommens ohne Zahlbetrag) bewilligte. Dabei berücksichtigte sie die vom Versicherten in Rumänien zurückgelegten Zeiten unter Zugrundelegung des aktuell geltenden Rechts, insbesondere im Hinblick auf die Kürzung von Zeiten auf 5/6 und die Bewertung nach Qualifikationsgruppen. Für die nach dem FRG anerkannten Zeiten (ohne Ausbildung-, Kindererziehungs- und Wehrdienstzeiten sowie freiwillige Beiträge) seien 60% der maßgeblichen Entgeltpunkte (EPe) berücksichtigt.
Dagegen erhob die Klägerin am 4. Dezember 1998 Widerspruch, mit der sie die ungekürzte Anrechnung der vom Versicherten ab Oktober 1967 in Rumänien zurückgelegten "Arbeitszeiten" begehrte. Die Zeiten seien bereits durch Bescheid vom 15. November 1982 ungekürzt anerkannt. Dieser sei noch nicht aufgehoben.
Da die Beklagte die früheren Vormerkungsbescheide nicht ausdrücklich aufgehoben hatte, entschied sie im Rentenbescheid vom 15. Februar 2000, die bisherige große Witwenrente werde ab 8. Juni 1997 neu festgestellt, aber wegen der Höhe des anrechenbaren Einkommens ab 1. Oktober 1997 (weiterhin) nicht gezahlt. Bei der Ermittlung der EPe für die nach dem FRG anerkannten Zeiten erfolgte eine Multiplikation der Entgelte mit dem Faktor 0,6. Der Bescheid vom 7. September 1989 werde aufgehoben, soweit er nicht dem geltenden Recht entspreche. Berücksichtigt seien Zeiten nach dem FRG im Umfang der Bewertung entsprechend den Nichtleistungsbescheiden vom 15. November 1982 und 11. Mai 1984. Es sei jedoch beabsichtigt, diese Bescheide für die Zukunft aufzuheben und bei der Witwenrente für die nach dem FRG anerkannten Zeiten im Umfang und der Bewertung auf die geltenden Bestimmungen des FRG zur Zeit des Rentenbeginns abzustellen und der Berechnung zugrunde zu legen. Die EPe für die Beitragszeiten in Rumänien mit Unterbrechungen würden dann alle nach dem FRG um 1/6 gekürzt und aufgrund des Durchschnittsverdienstes der Anlage 14 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) ermittelt. Die Voraussetzungen des § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) für die Aufhebung der Feststellungsbescheide für die Zukunft lägen vor, da durch die Änderungen der Vorschriften des FRG eine Änderung der rechtlichen Verhältnisse eingetreten sei und auch Art. 38 des Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG) eine Überprüfung bereits erteilter Bescheides vorschreibe. Die Klägerin erhalte Gelegenheit zur Äußerung. Der Bescheid werde Gegenstand des Widerspruchsverfahrens.
Die Klägerin erhob Einwendungen gegen die Kürzung der EPe um 40%. Die maßgebliche gesetzliche Regelung sei verfassungswidrig. Auch sei § 48 SGB X auf sog. Nichtleistungsbescheide nicht anwendbar, weswegen die beabsichtigte Vorgehensweise unzulässig sei.
Mit Bescheid vom 20. April 2000 hob die Beklagte den Bescheid vom 15. November 1982 in der Fassung des Bescheides vom 11. Mai 1984 sowie den Rentenbescheid vom 15. Februar 2000 mit Wirkung für die Zukunft, d.h. ab 1. Mai 2000, auf. Die Aufhebung des Rentenbescheides für die Zukunft sei zulässig, da sich die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die bei seinem Erlass vorgelegen hätten, wesentlich geändert hätten und die Änderung für die Zukunft zu berücksichtigen sei. Die EPe für die nach dem FRG anerkannten Beitragszeiten seien alle nach § 22 FRG um 1/6 zu kürzen und außerdem erfolge die Bewertung dieser Zeiten...