Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. selbst genutztes Hausgrundstück. Stromkosten der Heizungsanlage. fehlender Stromzähler. Schätzungsermessen
Leitsatz (amtlich)
1. Aufwendungen für Strom, der für den Betrieb einer Heizungsanlage benötigt wird, zählen zu den Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 S 1 SGB 2.
2. Wird der Stromverbrauch der Heizungsanlage nicht gesondert mit einem Zähler erfasst, kann er geschätzt werden (§§ 202 SGG, 287 Abs 2 ZPO). Unter Heranziehung mietrechtlicher Grundsätze zur Heizkostenabrechnung in einem Mietverhältnis kann aufgrund entsprechender Erfahrungswerte davon ausgegangen werden, dass die Kosten des Betriebsstroms für die Heizung (höchstens) 5% der Brennstoffkosten betragen.
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. April 2008 abgeändert und die Beklagte verurteilt den Klägern für die Zeit vom 01.01.2005 - 31.07.2005 höhere Leistungen für Unterkunft in Höhe von insgesamt 45,85 € zu gewähren.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. Juli 2005 streitig.
Der 1944 geborene Kläger und die 1951 geborene Klägerin sind verheiratet und bewohnen gemeinsam ein vor 1925 erbautes, in ihrem Eigentum stehendes Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von ca. 124 m² in E.-N.. Dafür mussten sie im streitgegenständlichen Zeitraum monatlich für Zinsen 50,42 €, für Grundsteuern 7,79 € (jährlich 93,45 €), für Gebäudeversicherungen 16,86 € (jährlich 202,34 €), für Heizungswartung sowie Schornsteinfeger 10,57 € (jährlich 126,88 €), für Wasser/Abwasser 28,96 € (jährlich 347,52 €), für Müllgebühren 26,83 € (jährlich 322,-- €) sowie für Heizung 131,-- € aufwenden. Das Haus wird mit einer Gas-Zentralheizung beheizt, die mit einer strombetriebenen Umwälzpumpe ausgestattet ist. Die Warmwasserbereitung erfolgt über einen elektrischen Durchlauferhitzer.
Die Agentur für Arbeit Mannheim bewilligte den Klägern mit Bescheid vom 12. Januar 2005 für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Mai 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich insgesamt 485,59 € (Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts 223,23 €, Kosten der Unterkunft und Heizung 262,36 €). Widerspruch und Klage gegen die Entscheidung der Bundesagentur für Arbeit blieben im Ergebnis ohne Erfolg (SG Mannheim, Urteil vom 28. November 2006, S 10 AS 1390/05); die gegen das Urteil eingelegte Berufung wurde zurückgenommen (LSG Baden-Württemberg, L 2 AS 1824/07). Das SG hatte u.a. darauf hingewiesen, dass Leistungen für Unterkunft und Heizung gegenüber dem Beklagten geltend zu machen seien.
Im April 2005 wandten sich die Kläger hinsichtlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung an den Beklagten und legten u.a. einen Kostenvoranschlag der L. GmbH Bedachungen vom 11. Dezember 2003 über Dach-, Gerüst- und Spenglerarbeiten am Haus der Kläger über einen Betrag von 2.704,73 € vor.
Die Agentur für Arbeit gewährte den Klägern für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 30. November 2005 Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich insgesamt 242,59 €, der Beklagte Leistungen für Unterkunft und Heizung für den gleichen Zeitraum in Höhe von 261,58 € (Bescheid vom 07. Juli 2005). Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und monierte den Abzug von 13,-- € für Warmwasser. Die Berechnung des Beklagten sei nicht nachvollziehbar. Bei der Heizung handle es sich um eine reine Zentralheizung ohne Warmwasserbereitung, sodass ein Abzug nicht gerechtfertigt sei. Die Warmwasserbereitung erfolge über einen elektrischen Durchlauferhitzer. Auch sei der Kostenvoranschlag für die Instandhaltungskosten nicht berücksichtigt worden. Daraufhin half der Beklagte mit Bescheid vom 23. September 2005 dem klägerischen Widerspruch insofern ab, als von den Kosten der Unterkunft und Heizung eine monatliche Warmwasserpauschale in Höhe von 13,--€ nicht mehr abgesetzt wurde, und setzte die Unterkunftskosten ab 1. Juni 2005 nunmehr auf monatlich 274,58 € fest. Für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Mai 2005 erkannte die Agentur für Arbeit im Rahmen des Rechtsstreits S 10 AS 1390/05 vor dem SG Mannheim wegen des zu Unrecht erfolgten Abzugs der Warmwasserpauschale eine Gewährung weiterer Leistungen für Unterkunft und Heizung von monatlich 13,-- € an und gewährte diese Leistungen nach.
Nachdem dem Kläger Ziff. 1 ab 1. August 2005 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen bewilligt worden war, hob der Beklagte mit Bescheid vom 6. Dezember 2005 die Leistungsbewilligung ab 1. August 2005 auf.
Im Dezember 2006 forderte der Kläger Ziff. 1 den Beklagten auf, nunmehr einen Widerspruchsbescheid hinsichtlich der Kosten für Unterkunft und Heizung zu erlassen. Nach seiner Auffassung sei für die Unterkunft auch die Instandhaltung zu berücksichtigen. Es sei dringend notwendig, am Gebäude Reparaturmaßnahmen an...