Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassenärztliche Vereinigung. Honorarverteilung. Regelleistungsvolumen. Anerkennung und Bewertung von Praxisbesonderheiten. Härtefallregelung. Zulässigkeit des regelmäßig vorgesehenen Vorjahresquartalsvergleichs. Verpflichtungsklage. Klagevoraussetzung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Anerkennung und Bewertung von Praxisbesonderheiten muss bei der Kassenärztlichen Vereinigung (substantiiert) beantragt werden; ein hierauf gerichtetes Verwaltungsverfahren findet nicht von Amts wegen und auch nicht auf einen Antrag des Vertragsarztes auf Gewährung von Stützungszahlungen wegen Härtefalls statt.

2. Der in honorarverteilungsrechtlichen Härtefallregelungen regelmäßig vorgesehene Vorjahresquartalsvergleich ist zulässig. Darüber hinausgehende Härtefallregelungen, die die wirtschaftliche Entwicklung der Vertragsarztpraxis über Jahre hinweg zum Gegenstand haben, sind nicht notwendig.

3. Die mit der Verpflichtungsklage begehrte Leistung (wie die Anerkennung und Bewertung von Praxisbesonderheiten) muss vor Klagerhebung bei der Verwaltungsbehörde beantragt werden. Das Erfordernis der Vorgängigkeit des (Behörden-)Antrags stellt eine nicht nachholbare Klagevoraussetzung dar.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 24.01.2018; Aktenzeichen B 6 KA 82/17 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19.02.2014 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 241.772,26 € endgültig festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt höheres Honorar für die Quartale 1/2009 bis 4/2009 durch (gänzlich) ungekürzte (unquotierte) Vergütung der in diesen Quartalen erbrachten Leistungen, hilfsweise durch Gewährung eines arztindividuellen Aufschlags auf den Regelleistungsvolumen(RLV)-Fallwert infolge Praxisbesonderheiten bzw. die Gewährung von Ausgleichszahlungen (Honorarstützung) wegen Härtefalls.

Der Kläger ist Facharzt für Radiologie und Nuklearmedizin; er ist mit Vertragsarztsitz in F. als Facharzt für Nuklearmedizin zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Mit Bescheid vom 19.12.2008 wies die Beklagte dem Kläger für das Quartal 1/2009 ein RLV von 65.572,50 € zu. Der arztgruppenspezifische und der arztindividuelle RLV-Fallwert wurde auf 62,45 € festgesetzt.

Am 13.01.2009 erhob der Kläger Widerspruch gegen den RLV-Zuweisungsbescheid vom 19.12.2008 für das Quartal 1/2009. Die im Quartal 1/2009 zu erbringenden vertragsärztlichen Leistungen sollten unbudgetiert vergütet werden, hilfsweise möge man das RLV für das Quartal 1/2009 angemessen erhöhen. Die Beklagte wurde außerdem um die Beantwortung von Fragen zur Honorarfestsetzung gebeten.

Mit Honorarbescheid vom 07.10.2009/Korrekturbescheid vom 24.06.2010 setzte die Beklagte das Honorar des Klägers für das Quartal 1/2009 unter Anerkennung eines RLV von (zuletzt) 74.812,50 € auf 105.537,16 € fest. Dem Kläger wurde zum Ausgleich des Honorarverlusts gegenüber dem Quartal 1/2008 eine konvergenzbedingte Ausgleichszahlung von 13.858,51 € gewährt.

Am 26.10.2009 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Honorarbescheid vom 07.10.2009 für das Quartal 1/2009. Die im Quartal 1/2009 erbrachten vertragsärztlichen Leistungen sollten unbudgetiert vergütet werden, hilfsweise möge man das RLV für das Quartal 1/2009 - ggf. im Härtefallwege - angemessen erhöhen.

Mit Bescheid vom 26.03.2009 wies die Beklagte dem Kläger für das Quartal 2/2009 ein RLV von 63.671,85 € zu. Der arztgruppenspezifische und der arztindividuelle RLV-Fallwert wurde auf 60,43 € festgesetzt.

Widerspruch gegen den RLV-Zuweisungsbescheid vom 26.03.2009 für das Quartal 2/2009 wurde nicht erhoben.

Mit Honorarbescheid vom 14.12.2009 setzte die Beklagte das Honorar des Klägers für das Quartal 2/2009 unter Anerkennung eines RLV von 63.671,85 € auf 100.585,18 € fest. Dem Kläger wurde zum Ausgleich des Honorarverlusts gegenüber dem Quartal 2/2008 eine konvergenzbedingte Ausgleichszahlung von 26.362,77 € gewährt.

Am 13.01.2010 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Honorarbescheid vom 14.12.2009 für das Quartal 2/2009. Die im Quartal 2/2009 erbrachten vertragsärztlichen Leistungen sollten unbudgetiert vergütet werden, hilfsweise möge man das RLV für das Quartal 2/2009 - ggf. im Härtefallwege - angemessen erhöhen. Der Widerspruch richte sich insbesondere gegen die Rechtmäßigkeit des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM) und des Honorarverteilungsvertrags 2009 (HVV) sowie gegen die Bevorzugung von Berufsausübungsgemeinschaften. Außerdem werde ein Härtefallantrag im Hinblick auf die erfolgten Honorarkorrekturen gestellt.

Mit Bescheid vom 24.06.2009 wies die Beklagte dem Kläger für das Quartal 3/2009 ein RLV von 73.910,64 € zu. Der arztgruppenspezifische und der arztindividuelle RLV-Fallwert wurde auf 66,90 € festgesetzt.

Widerspruch gegen den RLV-Zuweisungsbescheid vom 24.06.2009 für das Quartal 3/2009 wurde nicht erhoben.

Mit Honorarbescheid vom 15.01.2010 setzte die Beklagte das Honorar des Klägers ...

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