Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit. Besetzung der Richterbank. Rechtsmissbräuchlichkeit. pauschale Ablehnung aller Richter eines Senats. Vorbefassung. rechtliches Gehör. Fahrtkosten für mittellosen Kläger. Arbeitslosengeld II. kein Mehrbedarf für Alleinerziehende
Orientierungssatz
1. Lehnt ein Antragsteller pauschal alle Richter eines Senats allein wegen der Mitwirkung an dieser Entscheidung ab, ohne konkrete Anhaltspunkte für ihre Befangenheit vorzubringen, kann das Gericht unter Mitwirkung der abgelehnten Richter über das Ablehnungsgesuch entscheiden. Ausnahmen hiervon hat der Gesetzgeber in § 60 SGG iVm § 41 Nr 6 ZPO abschließend normiert (vgl BSG vom 19.1.2010 - B 11 AL 13/09 C = SozR 4-1500 § 60 Nr 7).
2. Eine Übernahme der Reisekosten ist außerhalb der Bewilligung von Prozesskostenhilfe möglich, wenn anders der Grundsatz der Wahrung des rechtlichen Gehörs nicht sichergestellt werden kann (vgl LSG Stuttgart vom 21.3.2007 - L 7 SO 258/07 NZB). Insoweit sind auch die Verwaltungsvorschriften, die die Bewilligung von Reiseentschädigungen an mittellose Personen vorsehen (hier: Verwaltungsvorschrift des Justizministeriums vom 27.4.2006 - VwV Reiseentschädigung - (Die Justiz 2006, 245) heranzuziehen.
3. Die Voraussetzungen für einen Mehrbedarf für Alleinerziehung gem § 21 Abs 3 SGB 2 sind nicht erfüllt, wenn beide Eltern des Kindes mit diesem zusammenleben und es gemeinsam versorgen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 23. September 2008 wird zurückgewiesen und die Klage gegen den Bescheid vom 21. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. November 2006 abgewiesen.
Die Beklagte erstattet ein Drittel der außergerichtlichen Kosten der Kläger in beiden Rechtszügen.
Tatbestand
Die Kläger begehren die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum 1. Mai bis 31. Oktober 2006.
Die Klägerin zu 1 und ihr 1999 geborener Sohn, der Kläger zu 3, lebten gemeinsam mit dem Kläger zu 2, dem Vater des Klägers zu 3, bis September 2004 in B. Die Klägerin bezog bis 11. August 2004, der Kläger zu 2 bis 4. Juni 2004 Arbeitslosengeld. Im Oktober 2004 zog die Familie in eine 97 qm große Wohnung nach N. Die Kaltmiete betrug 533 €, Nebenkosten waren in Höhe von 120 € zu entrichten zuzüglich 5,11 € Kabelanschlussgebühr und 11,75 € Müllgebühren. Seit 2005 bezogen die Kläger als Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von der Beklagten. Anfang März 2007 zog die Familie nach B. zurück.
Hinsichtlich des Leistungsanspruchs für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Oktober 2005 führten die Beteiligten einen Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Freiburg (SG). Mit Gerichtsbescheid vom 26. Juli 2006 sprach das SG den Klägern für eine Übergangszeit bis 31. August 2006 Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kaltmiete von 533 € zu, ab 1. September 2005 sei nur noch die angemessene Kaltmiete von 383,25 € zu berücksichtigen. Das Einkommen des Klägers zu 2 sei auf den Bedarf der Kläger anzurechnen, da die Kläger zu 1 und 2 in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft lebten. Auf die Berufung der Kläger hat der Senat mit Urteil vom 26. Januar 2007 (L 12 AS 4159/06) die Beklagte verurteilt, die tatsächliche Kaltmiete auch für September und Oktober 2005 zu berücksichtigten. Hinsichtlich der Annahme einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft hat der Senat die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt.
Auf Antrag der Kläger bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 25. April 2006 den Klägern unter Berücksichtigung einer Kaltmiete von 383,25 € für den Zeitraum 1. Mai bis 31. Oktober 2006 Leistungen. Dabei wies sie darauf hin, dass die Einkommensanrechnung mangels aktueller Nachweise vorläufig auf der Grundlage des anzurechnenden Einkommens des Klägers zu 2 für Januar 2006 in Höhe von 370,63 € erfolgt sei. Weiter wurde angerechnet das Kindergeld für den Kläger zu 3 in Höhe von 154 €. Die Beklagte gewährte neben Regelleistung und Kosten der Unterkunft und Heizung Zuschläge nach § 24 SGB II für die Klägerin zu 1 in Höhe von 113 € für Mai bis Juli 2006 und 41,43 € für August 2006 sowie für den Kläger zu 2 in Höhe von 78 € für Mai und 10,40 € für Juni 2006.
Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2006 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 20. Juni 2006 zum SG erhobene Klage.
Am 20. September 2006 beantragte die Klägerin einen “dringenden Notbedarf„ von mindestens 300 € monatlich. Die Wohngemeinschaft mit dem Kläger zu 2 stelle keine Bedarfsgemeinschaft dar. Der Bedarf für sie selbst und ihren Sohn belaufe sich auf monatlich 1.545,21 €. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 21. September 2006 ab. Die Kosten der Unterkunft seien in den Le...