Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirtschaftlichkeitsprüfung. Verordnung. Anzahl der orthopädischen Schuhzurichtungen. Anspruch des Versicherten auf Ausstattung. Beurteilungsspielraum des Prüfungsausschusses. keine Aufteilung in vertragsärztliche und privatärztliche Behandlung

 

Orientierungssatz

1. Bei den ärztlich verordneten Leistungen soll im Wege des Regresses der Schaden ersetzt werden, der den Krankenkassen durch unwirtschaftliche Verordnungen eines Arztes entsteht, und damit für die Kosten, für die sie nach der Rechtslage aufzukommen nicht verpflichtet sind, einen Ausgleich erhalten, wobei es auf ein Verschulden des Vertragsarztes nicht ankommt (vgl BSG vom 29.1.1997 - 6 RKa 5/96 = SozR 3-2500 § 106 Nr 38).

2. Der Versicherte hat keinen Anspruch darauf, dass alle von ihm gekauften Schuhe auch bei Vorliegen einer medizinischen Notwendigkeit mit einer orthopädischen Zurichtung versehen werden. Vielmehr ist dies nur in dem Umfang erforderlich, dass die Gehfähigkeit und Gehausdauer des Versicherten erhalten bleibt. Das Gebot der wirtschaftlichen Behandlungsweise durch einen Vertragsarzt ergibt deshalb eine Beschränkung der Anzahl von verordneten Schuhzurichtungen.

3. Die von einem Prüfungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen angenommene Grenze von drei Schuhzurichtungen als Erstversorgung ist nicht zu gering bemessen.

4. Wenn ein Versicherter mit älteren Schuhen noch in ausreichendem Maße versorgt ist, besteht kein Anlass, die aus eventuell modischen Gründen neu gekauften Schuhe ebenfalls entsprechend zu versorgen. Besteht der Versicherte gleichwohl auf einer Schuhzurichtung für die neu gekauften Schuhe, ist es Aufgabe des Vertragsarztes als Leistungserbringer, dem Versicherten zu erläutern, dass die Notwendigkeit hierfür nicht besteht und die Krankenkasse die entsprechenden Kosten nicht übernehmen kann. Besteht der Versicherte aber gleichwohl auf einer Verordnung, so hat diese gegebenenfalls auf Privatrezept zu erfolgen.

5. Wenn ein Vertragsarzt die Erkrankungen der Patienten vertragsärztlich behandelt und im Rahmen der Behandlung auch vertragsärztliche Verordnungen ausstellt, kann er die Behandlung nicht bis zu einer bestimmten Grenze als vertragsärztlich bezeichnen und die über diese Grenze hinausgehende als privatärztlich.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen einen Regress wegen unwirtschaftlicher Verordnung von orthopädischen Schuhzurichtungen im Quartal 2/97 bei Versicherten der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK).

Der Kläger ist als Orthopäde in W. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Die DAK übersandte dem Prüfungsausschuss mit Schreiben vom 21.07.1997 und 23.07.1997 insgesamt 83 vom Kläger ausgestellte Verordnungen über orthopädische Schuhzurichtungen für drei bzw. fünf Paar Schuhe und beantragte die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise. Sie verwies darauf, dem Schreiben beigefügten Zusammenstellungen sei zu entnehmen, dass in den letzten sechs Monaten 50 Verordnungen "orthopädische Schuhzurichtung für drei Paar Schuhe" und 24 Verordnungen "orthopädische Schuhzurichtung für fünf Paar Schuhe" vom Kläger ausgestellt worden seien, die bei der Firma H. abgegeben worden seien. Des Weiteren sei aufgefallen, dass mehrmals im letzten halben Jahr zwei Verordnungen für drei Paar Schuhe für das gleiche Mitglied ausgestellt worden seien. Für vier Mitglieder seien innerhalb von sechs Monaten eine Verordnung für fünf Paar und das andere Mal für drei Paar Schuhzurichtungen (insgesamt acht Paar Schuhzurichtungen innerhalb von sechs Monaten), für drei Mitglieder innerhalb von sechs Monaten zwei Verordnungen für je fünf Paar ausgestellt worden.

Der Prüfungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen setzte einen Regress in Höhe von DM 20.130,60 fest (Beschluss vom 10.09.1997/Bescheid vom 06.10.1997). Er hielt eine Versorgung bis zu drei Paar Schuhen für ausreichend.

Gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses erhoben der Kläger und die DAK Widerspruch.

Die DAK machte geltend, bei sechs Mitgliedern sei der Regress zu gering ausgefallen, weil bei diesen innerhalb von 12 Monaten Schuhzurichtungen für mehr als drei Paare erfolgt seien. Zugleich werde ein neuer Fall vorgelegt, in dem am 22.01.1997 und 16.04.1997 insgesamt sechs Paar Schuhzurichtungen verordnet worden seien.

Der Kläger legte eine Aufstellung der Diagnosen und Verordnungen der beanstandeten Patienten vor und machte geltend, in diesen Fällen sei die Verordnung einer losen Einlage oder ähnlicher vom Prüfungsausschuss vorgeschlagener Maßnahme nicht ausreichend gewesen. Bei Beinlängendifferenzen ab 1 cm seien Schuheinlagen nicht mehr ausreichend und die Verordnung von orthopädischem Schuhwerk mit Schuhunterfütterung demnach nicht unwirtschaftlich. Die erfolgten spezifischen Schuhzurichtungen seien in der Regel Fußbettabänderungen und Sohlenveränderungen, um den Abrollvorgang und das Wirbelsäulenverhalten günstig zu beeinflussen bzw. um einen Gelenkschutz für Hüfte und Knie zu erreichen.

Auf den Widerspruch der DAK änderte der Beklagte den Besc...

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