Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Beitragstragung. deutsche Rentenzahlung. Wohnort in der Schweiz. pauschal bemessene Kopfprämien in der obligatorischen schweizerischen Grundversicherung fallen nicht unter § 249a SGB 5. Verfassungsmäßigkeit. Europarechtskonformität

 

Leitsatz (amtlich)

Unabhängig von der deutschen Rente pauschal bemessene Kopfprämien einer (ausländischen - hier schweizerischen -) Krankenversicherung fallen nicht unter § 249a SGB V. Ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG, Art 14 Abs 1 GG oder Unionsrecht liegt hierin nicht. Die Beiträge sind unabhängig von der Zahlung der deutschen Rente zu entrichten. Sie haben keinerlei schmälernde Auswirkungen auf den Zahlbetrag der Rente.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19.03.2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Im Streit steht die anteilige Tragung von Beiträgen zur Krankenversicherung nach § 249a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V).

Der 1951 geborene Kläger hat seinen Wohnsitz in der S und ist - ursprünglich bei der A-Versicherung, mittlerweile bei der A1 Krankenkasse - im Tarif „Basis“ der obligatorischen S Grundversicherung krankenversichert. Die von ihm zu entrichtenden Beiträge werden pauschal in Form einer Kopfprämie bemessen (im Jahr 2020 2.996 CHF bei 2.500 CHF Selbstbehalt), wobei ein Anspruch auf kantonale Bezuschussung bei Unterschreitung bestimmter Einkommensgrenzen besteht. Der Kläger war bis zum Umzug im Jahr 2011 in die S über 30 Jahre freiwilliges Mitglied der gesetzlichen deutschen Krankenversicherung (zuletzt der ... Krankenkasse). Der Kläger bezieht seit 01.10.2016 eine Altersrente für langjährig Versicherte von der Beklagten in Höhe eines monatlichen Zahlbetrags von 1.782,48 € (Rentenbescheid vom 12.12.2016).

Am 06.02.2017 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung eines Zuschusses zu den Beiträgen zu seiner S Krankenversicherung. Mit Bescheid vom 16.02.2017 lehnte die Beklagte einen Zuschuss nach § 106 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ab. Diesbezüglich war beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg bereits unter dem Aktenzeichen L 8 R 1256/19 ein Verfahren anhängig. Die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe (SG) wurde mit Urteil vom 01.04.2020 zurückgewiesen. Rechtsmittel wurden keine eingelegt.

Am 26.02.2019 beantragte der Kläger bei der Beklagten rückwirkend ab dem 01.10.2016 die anteilige Tragung seiner Krankenversicherungsbeiträge nach § 249a SGB V.

Mit Bescheid vom 14.03.2019 lehnte die Beklagte den Antrag auf „eine Zulage“ nach § 249a SGB V ab.

Hiergegen legte der Kläger am 11.06.2019 Widerspruch ein. Zur Begründung gab er an, dass der Anspruch auf eine Zulage zur Krankenversicherung durch die Beitragszahlung in die deutsche Rentenversicherungskasse entstanden sei. Auch das deutsche Krankenversicherungssystem würde in der privaten Krankenversicherung sogenannte Kopfprämien kennen. Hier würde ein Beitragszuschuss nach § 106 SGB VI gewährt. Die Rechtsauffassung der Beklagten verstoße gegen das Grundrecht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) sowie das Grundrecht auf Eigentumsfreiheit nach Art. 14 Abs. 2 GG. Außerdem stehe sie nicht in Einklang mit der VO (EWG) Nr. 1408/71.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17.02.2020 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und adressierte den Widerspruchsbescheid an die Anschrift des Klägers in der S. Zur Begründung führte sie aus, der Europäische Gerichtshof (EuGH) habe mit Urteil vom 06.07.2000 (Rs. 0-73-99, „Movrin") entschieden, dass sich die Deutsche Rentenversicherung unter bestimmten Voraussetzungen an den Beiträgen zu einer gesetzlichen Pflichtversicherung in einem anderen Mitgliedstaat der EU, des EWR oder in der S entsprechend § 249a SGB V zu beteiligen habe. Diese Zulage habe die Leistungen bei Alter zu ergänzen, um die Belastung der Rentenbezieher durch Krankenversicherungsbeiträge zu verringern. Voraussetzung für die Beteiligung der deutschen Rentenversicherungsträger an den Beiträgen, die Rentner zu einer Pflichtkrankenversicherung in einem anderen Mitgliedstaat zu zahlen haben, sei jedoch, dass Krankenversicherungsbeiträge aus der deutschen Rente erhoben werden. Die Zulage entsprechend § 249a SGB V bemesse sich nach der Höhe der an die Krankenversicherung gezahlten Beiträge aufgrund des Rentenbezuges. In der S würden die Beiträge jedoch unabhängig von der Höhe des Einkommens in Form einer sogenannten Kopfprämie erhoben. Die Festsetzung der Beiträge sei somit nicht von der Höhe der deutschen Rente abhängig, so dass die vom EuGH genannten Voraussetzungen für eine Beteiligung der deutschen Rentenversicherungsträger an den Beiträgen, die in der S krankenversicherungspflichtige Bezieher einer deutschen Rente zu zahlen haben, nicht vorlägen.

Am 12.05.2020 hat der Kläger zum SG Klage erhoben. Zur Begründung seiner Klage hat er vorgetragen, die in der obligatorischen ...

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