Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. Fremdrentenrecht. Beitragszeiten in einer rumänischen LPG
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Rechtslage bei der Gewährung von Hinterbliebenenrenten unter Anwendung des FRG der Geltung von § 14a FRG.
2. Zur Abführung von Beiträgen zur rumänischen Sozialversicherung für LPG-Mitglieder unter der Geltung des Dekrets Nr 535/1966 (vom 1.1.1966 bis 31.12.1977) zum Nachweis von Beitragszeiten §§ 15 Abs 1, 22 Abs 3 FRG - 5/6 oder 6/6 Anrechnung.
Auf etwaige Arbeitsunfähigkeitszeiten oder witterungsbedingt ausgefallene Arbeitstage kommt es bei einem ganzjährigen Beschäftigungsverhältnis nicht an.
3. Keine konkreten Zweifel an der Abführung der Beiträge für LPG-Mitglieder durch die Auskunft der rumänischen Verbindungsstelle CNPAS von November 2007 (Nr 14956/2007).
4. Zum Vorliegen einer Teilzeit- oder unständigen Beschäftigung (§ 26 S 3 FRG).
5. Zur Abführung von Beiträgen zur rumänischen Sozialversicherung für LPG-Mitglieder unter der Geltung des Gesetzes Nr 4/1977 (ab 1.1.1978) zum Nachweis von Beitragszeiten §§ 15 Abs 1, 22 Abs 3 FRG - 5/6 oder 6/6 Anrechnung).
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29. Mai 2002 und der Bescheid vom 28. Februar 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. August 2001 aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, den Bescheid vom 4. Juli 1991 teilweise abzuändern und verurteilt, der Klägerin höhere Altersrente ab 1. Januar 1997 unter Berücksichtigung der Zeit vom 1. Januar 1966 bis 31. Dezember 1977 sowie - soweit noch nicht anerkannt - unter Berücksichtigung der vollen Jahre 1979, 1981, 1984 bis 1988 sowie des Zeitraums vom 01.01.1989 bis 11.03.1989 als nachgewiesene Beitragszeiten (6/6) zu gewähren.
Im Übrigen, in Bezug auf Antrag Ziff. 3, wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtzügen zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Rücknahme eines bindenden Rentenbescheids und Zahlung einer höheren Witwenrente unter folgenden Gesichtspunkten:
1. Anerkennung weiterer Beitrags- bzw. Anrechnungszeiten zwischen 1979 und 1989
2. ungekürzte Bewertung einer Beitragszeit (“6/6-Anrechnung„) nach dem Fremdrentengesetz (FRG) zwischen 1966 und 1977, während der ihr verstorbener Ehemann J. W. (Versicherter) Mitglied einer rumänischen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) war.
3. früherer Beginn der Rentennachzahlung nach erfolgter Anrechnung weiterer Zeiten von 1954 bis 1959.
Die 1937 geborene Klägerin ist die Witwe des 1939 in S. (rumänisch S.), Kreis A. in Rumänien geborenen und 11.03.1989 in Rumänien verstorbenen Versicherten, der die rumänische Staatsangehörigkeit besessen hat. Sie war am 19.06.1990 in die Bundesrepublik Deutschland ausgereist und hat seit 04.07.1990 ihren ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet begründet. Die Klägerin ist Inhaberin des Vertriebenenausweises A.
Am 23.07.1990 beantragte die Klägerin Hinterbliebenenrente nach dem Versicherten bei der Landesversicherungsanstalt (LVA) Baden. Als Beschäftigungszeiten des Versicherten teilte sie mit:
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01.01.1955 |
bis |
01.01.1960 |
keine Versicherungszeiten |
01.01.1960 |
bis |
31.12.1978 |
LPG S., Landarbeiter |
15.10.1979 |
bis |
31.12.1980 |
LPG S., Landarbeiter |
01.01.1982 |
bis |
01.06.1988 |
LPG S., Landarbeiter |
Hierzu legte sie die Adeverinta (Arbeitsbescheinigung) Nr. 285 vom 13.03.1990 als Nachweis vor. Darin wird von der LPG S. bestätigt, dass der Versicherte wie folgt in der Einheit gearbeitet hat. Im Folgenden werden in Spalten das Jahr (Anul), “vorgesehen„ (vorgesehene Norm - Prevazut) und “realisiert„ (Realisat) wiedergegeben. Danach hatte der Versicherte das vorgesehene Soll in der Regel übererfüllt. Nur in den Jahren 1979 und 1984 bis 1988 hatte er weniger Einheiten realisiert als vorgesehen waren, für das Jahr 1981 enthält die Adeverinta unter Realisat einen Strich. Mit Schreiben vom 29.08.1990 forderte die LVA Baden die Klägerin zur Stellungnahme auf, was der Grund hierfür in den Jahren 1984 bis 1988 gewesen sei. Die Klägerin teilte mit, dass der Versicherte kränklich gewesen sei. Seine Arbeitstage hätten sich auf die Monate März bis November verteilt, wieviele in jedem Monat wisse sie nicht. Als Zeugen benannte sie J. und H. W., die die Angaben der Klägerin bestätigten, nähere Einzelheiten aber nicht mitteilen konnten (Auskünfte vom 05.10. und 11.10.1990).
Mit Bescheid vom 04.07.1991 bewilligte die Beklagte der Klägerin Witwenrente ab 04.07.1990. Hierbei berücksichtigte sie für die Zeit vom 01.01.1960 bis 31.12.1983 - mit Ausnahme für die Jahre 1979 und 1981 - pro Jahr 10 Monate Pflichtbeitragszeiten. Das Jahr 1981 blieb komplett unberücksichtigt. Für die Jahre 1979, 1984 bis 1988 berücksichtigte sie wie folgt Pflichtbeiträge:
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09.12.1979 |
bis |
31.12.1979 |
1 Monat |
01.03.1984 |
bis |
26.08.1984 |
5 Monate |
01.03.1985 |
bis |
16.05.1985 |
3 Monate |
01.03.1986 |
bis |
28.07.1986 |
5 Monate |
01.03.1987 |
bis |
08.09.1987 |
6 Monate |
01.03.1988 |
bis |
07.05.1988 |
3 Monate |
Seit 01.04.1997 bezi...