Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge. Beitragsbemessung in der freiwilligen Versicherung. Berücksichtigung von Leistungen einer Schweizer Personalvorsorgestiftung als sonstige Einnahme. Verfassungsmäßigkeit der unterschiedlichen Beitragsbemessung bei Pflichtversicherten
Orientierungssatz
1. Zu den sonstigen Einnahmen, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden können, gehören alle Einnahmen, die dem Versicherten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes zur Verfügung stehen - hier: Leistungen einer Schweizer Personalvorsorgestiftung (ständige Rechtsprechung, vgl BSG vom 21.12.2011 - B 12 KR 22/09 R = BSGE 110, 62 = SozR 4-2500 § 240 Nr 16).
2. Dass bei freiwillig versicherten Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung bei der Bemessung der Beiträge weitergehende Einnahmen als bei Pflichtversicherten berücksichtigt werden, entspricht dem die gesetzliche Krankenversicherung beherrschenden Solidaritätsprinzip, die Versicherten nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu Beiträgen heranzuziehen. Dies ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (vgl BVerfG vom 3.2.1993 - 1 BvR 1920/92 = SozR 3-2500 § 240 Nr 11).
Normenkette
SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 11 Fassung: 1992-12-21, § 9 Abs. 2, § 240 Abs. 1, 2 S. 1 Fassung: 1988-12-29; SGB IV § 26 Abs. 2, 3 S. 1, § 27 Abs. 2 S. 1; SGB XI § 20 Abs. 3, § 57 Abs. 4 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1; RVO § 165 Abs. 1 Nr. 2, § 180 Abs. 4; SGB X § 35 Abs. 1 S. 3, § 44 Abs. 1 S. 1; SGG § 73 Abs. 3 S. 2, § 77
Nachgehend
Tenor
Die Berufungen des Klägers gegen die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Februar 2015 werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch der Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die teilweise Erstattung von in der Zeit vom 1. September 1987 bis 28. Februar 1999 entrichteten Beiträgen zur Krankenversicherung und vom 1. Januar 1995 bis 28. Februar 1999 entrichteten Beiträgen zur Pflegeversicherung.
Der 1931 geborene Kläger war von 1987 bis 28. Februar 1999 freiwilliges versichertes Mitglied einer Rechtsvorgängerin der zu 2) beklagten Krankenkasse (im Folgenden einheitlich Beklagte zu 2)) sowie vom 1. Januar 1995 bis 28. Februar 1999 versicherungspflichtiges Mitglied einer Rechtsvorgängerin der zu 1) beklagten Pflegekasse (im Folgenden einheitlich Beklagte zu 1)). Er bezieht seit 1. September 1987 Leistungen von der B. Personalvorsorgestiftung der I. Schweiz (im Folgenden Personalvorsorgestiftung) in Höhe von anfänglich CHF 8.133,00 monatlich sowie ab 1. September 1996 von der Eidgenössischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung von anfänglich CHF 1.318,00. Im Jahre 1995 erhielt er eine Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beklagte zu 2) lehnte es ab, die Krankenversicherung der Rentner durchzuführen, weil die Vorversicherungszeiten (= Pflichtbeitragszeiten) nicht erfüllt seien (Schreiben vom 20. April 1995). Der Kläger zahlte Beiträge nach Einkünften in Höhe der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze.
Der Kläger beantragte am 12. Oktober 2012 bei den Beklagten, “die Beanstandung der gezahlten Beiträge„ von Beginn der Zahlung der Rente der “Pensionskasse„ (Krankenversicherungsbeiträge “wahrscheinlich 1987„; Pflegeversicherungsbeiträge ab 1. Januar 1995) bis 28. Februar 1999. Die Beiträge seien zu beanstanden und zu erstatten, weil Renten der Pensionskassen ausländische Renten seien und nicht der Beitragsbemessung unterlegen hätten. Er verwies auf das Urteil des Sozialgerichts Freiburg (SG) vom 8. Dezember 2011 (S 5 KR 2609/11, nicht veröffentlicht), wonach die Schweizer Betriebsrente erst seit 1. Juli 2011 wie eine gesetzliche Rente zu verbeitragen sei. Vorsorglich beantragte er auch die Überprüfung sämtlicher in der Vergangenheit bekannt gegebener Beitragsbescheide. Er legte einzelne Bescheide über die Festsetzung von Beiträgen als freiwilliges Mitglied der Beklagten zu 2) vor.
Die Beklagten forderten den Kläger auf, Nachweise über die “Pensionskassenrente„ vorzulegen, da ihnen keine Unterlagen mehr vorlägen (Schreiben vom 6. November und 19. Dezember 2012). Der Kläger reagierte hierauf nicht.
Mit Bescheid vom 29. Januar 2013 lehnte die Beklagte zu 2) zugleich im Namen der Beklagten zu 1) es ab, in der Vergangenheit bezüglich der Beitragseinstufung erteilte Verwaltungsakte zurückzunehmen sowie (sinngemäß) auch die Erstattung entrichteter Beiträge. Die Voraussetzungen für die Rücknahme von Beitragsbescheiden lägen nicht vor. Der Kläger habe den Beweis durch Vorlage aussagekräftiger Unterlagen nicht angetreten. Selbst wenn Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sein sollten - was bestritten werde -, wäre ein Erstattungsanspruch im Hinblick auf die vierjährige Verjährungsfrist verjährt. Da Bearbeitungsfehler von ihr nicht erkennbar seien, sei die Einrede der Verjährung auch ermessensfehlerfrei.
Mit an die Beklagte zu 2) geri...