Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Finanzierung gem §§ 150ff SGB 7. Zwangsmitgliedschaft. Beitragspflicht. Satzung. Beitragsnachlassverfahren. kein Verstoß gegen höherrangiges Recht: europäisches Wettbewerbsrecht. Verfassungsmäßigkeit: keine Verletzung der Berufsausübungsfreiheit. keine Verletzung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit
Leitsatz (amtlich)
Berufsgenossenschaften sind keine Unternehmen im Sinne der Art 81 (ex-Art 85) und 82 (ex-Art 86) des EG-Vertrages. Eine Satzungsbestimmung nach § 162 SGB 7 verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, wenn sie für eine unterdurchschnittliche Unfallbelastung lediglich einen Beitragsnachlass von 10 vH vorsieht.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Juni 2001 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit seiner Klage wendet sich der Kläger gegen Beitragsforderungen der beklagten Berufsgenossenschaft für die Jahre 1998 und 1999.
Der ... 1960 geborene Kläger, griechischer Staatsangehöriger, betreibt seit August 1988 ein Transportunternehmen. Gegenstand des Unternehmens war zunächst nur die Durchführung von Kleintransporten und Kurierfahrten mit Lastkraftwagen (LKW) und Personenkraftwagen (PKW). Am 07.06.1993 erhielt er von der Stadt St nach § 80 GüKG in der bis zum 30.06.1998 geltenden Fassung die Erlaubnis für den allgemeinen Güternahverkehr und am 29.04.1999 vom Landratsamt K die Erlaubnis für den gewerblichen Güterkraftverkehr nach § 3 GüKG. Seit 16.07.1998 ist die Firma des Klägers als "M. G Intern. Transporte E.K." mit Sitz in E in das Handelsregister des Amtsgerichts K eingetragen. Aufgrund eines Antrags vom 10.05.1995 wurde für den Kläger eine Zusatzversicherung gemäß § 41 der Satzung der Beklagten abgeschlossen und die Gesamtversicherungssumme auf die satzungsmäßige Höchstgrenze festgelegt.
Mit Bescheid Nr. 4 vom 28.03.1999 forderte die Beklagte vom Kläger für die Zusatzversicherung gemäß § 41 ihrer Satzung für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.1998 bei einem Beitragsfuß von 2,70 einen Beitrag in Höhe von insgesamt 1.173,69 DM. Mit Bescheid Nr. 5, ebenfalls vom 28.03.1999, setzte die Beklagte die Beiträge für das Unternehmen des Klägers bei einem Beitragsfuß von 2,70 für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.1998 auf insgesamt 72.071,53 DM (947,70 DM für die Unternehmerpflichtversicherung und 71.123,83 DM für die Arbeitnehmerversicherung) fest. Die Festsetzung der Beiträge für das Jahr 1999 erfolgte durch den Bescheid Nr. 6 vom 26.03.2000. Bei einem Beitragsfuß von 2,95 ergab sich für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.1999 ein Gesamtbetrag von 109.305,93 DM (951,08 DM für die Unternehmerpflichtversicherung und 108.354,85 DM für die Arbeitnehmerversicherung). In den Bescheiden Nr. 5 und 6 wurde dem Kläger ein Nachlass von je 10 v.H. gewährt.
Am 17.05.1999 legte der Kläger gegen die Bescheide Nr. 4 und 5 vom 28.03.1999 und am 13.04.2000 gegen den Bescheid Nr. 6 vom 26.03.2000 Widerspruch ein. Er machte geltend, die Bescheide würden in vollem Umfang angegriffen. Das in Deutschland derzeit geltende Sozialversicherungsmonopol der gesetzlichen Unfallversicherung, auf dessen Grundlage die Beitragsbescheide ergangen seien, verstoße gegen das geltende europäische Recht, in dem es zum einen die Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 49 ff. EG-Vertrag n. F./Art. 59 ff. EG-Vertrag a.F., zum anderen die Wettbewerbsfreiheit gemäß Art. 81 EG-Vertrag n. F./Art. 85 ff. a.F. verletze. Darüber hinaus sei das Prinzip des Zwangsversicherungsmonopols gemäß § 114 SGB VII wegen Verstoßes gegen Art. 12, 2, 14 Grundgesetz (GG) verfassungswidrig. Unabhängig von diesen grundsätzlichen Verstößen werde die Rechtmäßigkeit der konkreten Beitragsbescheide gerügt. Sowohl die angesetzten Gefahrenklassen als auch der Beitragsfuß seien nicht nachvollziehbar, die satzungsmäßige Regelung des Nachlasses begegne rechtlichen Bedenken. Wegen Einzelheiten der Widerspruchsbegründung wird auf das Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 08.06.2000 (Blatt 73/84 der BG-Akte) verwiesen.
Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies die Widersprüche des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2000 zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe gegen die angefochtenen Bescheide fristgerecht Widerspruch eingelegt. Den Widersprüchen könne jedoch nicht stattgegeben werden. Die Forderung der Sozialversicherungsbeiträge vom Kläger seien rechtmäßig. Das Unternehmen des Klägers sei mit Datum vom 12.01.1990 rückwirkend ab 08.08.1988 in das Unternehmerverzeichnis eingetragen worden. Nach Ablauf der Widerspruchsfrist begründeten sich hieraus die satzungsmäßigen Rechte und Pflichten des Unternehmens, wie z.B. die Feststellung der Zugehörigkeit des Unternehmens zur Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen und Unterstellung des Unternehmens zur satzungsmäßigen Pflichtvers...