Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragspsychotherapeutische Versorgung. Honorarverteilung 2011. quotierte Vergütung nicht antrags- und genehmigungspflichtiger Leistungen innerhalb der zeitbezogenen Kapazitätsgrenze
Leitsatz (amtlich)
Die Rechtsgrundlage der quotierten Vergütung der nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen innerhalb der zeitbezogenen Kapazitätsgrenze in § 7 Nr 2 des HVV für 2011 ist wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 18.02.2015 abgeändert. Die Honorarbescheide vom 15.07.2011, 16.01.2012 und 16.04.2012 für die Quartale 1/2011, 3/2011 und 4/2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.05.2013 werden hinsichtlich der Quotierung der Leistungen aus dem Kap. 21 EBM aufgehoben und die Beklagte verurteilt, über die Vergütung der Leistungen aus dem Kap. 21 EBM unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens in erster und zweiter Instanz tragen die Beteiligten jeweils zur Hälfte.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 5.041,30 € festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Abstaffelung seines Honorars für nicht antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen des Kap. 21 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) innerhalb der zeitbezogenen Kapazitätsgrenzen in den Quartalen 1/2011, 3/2011 und 4/2011.
Der Kläger nimmt mit einer Doppelzulassung als F, F1 und F2 in F an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Seit dem 01.01.2009 behandelt ihn die Beklagte mit seinem Einverständnis honorartechnisch als F3. In den streitgegenständlichen Quartalen war dem Kläger jeweils durch bestandskräftigen Bescheid die für die Fachgruppe der F3 aus den durchschnittlichen Zuwendungszeiten des Vorjahresquartals ermittelte zeitbezogene Kapazitätsgrenze für antrags- und genehmigungsbedürftige Leistungen des Kapitels 35.2 des EBM und sonstige Leistungen zugewiesen. In den Bescheiden heißt es, dass die Kapazitätsgrenze mit antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen des Kap. 35.2 EBM und/oder mit Zuwendungszeit für sonstige Leistungen vollständig ausgeschöpft werden könne. Darüber hinaus gehende Leistungen würden bis zur 1,5-fachen Kapazitätsgrenze nur gering und darüber hinaus gar nicht vergütet. Im kleingedruckten Hinweis heißt es, auch bei Einhaltung der Kapazitätsgrenze könne es zu einer Quotierung kommen, wenn die zur Honorarverteilung zur Verfügung stehende Geldmenge nicht ausreiche.
Mit Honorarbescheiden vom 15.07.2011, 17.10.2011, 16.01.2012 und 16.04.2012 bewilligte die Beklagte dem Kläger das vertragsärztliche Honorar für die Quartale 1/2011 bis 4/2011. Bei der Berechnung des Honorars wandte sie u.a. § 7 Nr. 2 des Honorarverteilungsvertrages (HVV) an, wonach für Ärzte aus § 87b Abs. 2 Satz 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) mit Kapazitätsgrenze (Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, F3 und Psychotherapie sowie andere ausschließlich psychotherapeutisch tätige Vertragsärzte) aus dem Vergütungsanteil gemäß Anhang I zu Anl. 4 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 26.03.2010 (Trennungsbeschluss) in der jeweils gültigen Fassung unter Berücksichtigung der zu erwartenden Zahlungen im Rahmen des Fremdkassenzahlungsausgleichs sowie dem entsprechenden arztgruppenspezifischen Verteilungsvolumen gemäß § 5 Abs. 3 HVV ein gemeinsames Vergütungsvolumen gebildet wurde. Aus diesem wurden die antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen des Kapitels 35.2 EBM zu 100% vergütet. Das verbleibende Volumen wurde durch die nach Mengenbegrenzung (Kapazitätsgrenze) anerkannte Leistungsanforderungen dividiert und ergab die Auszahlungsquote für nicht genehmigungspflichtige Leistungen. Die Mindestauszahlungsquote betrug 75%. Unter Anwendung dieser HVV-Bestimmungen errechnete die Beklagte für den Kläger für die nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen folgende Auszahlungsquoten und entsprechende Honorarminderungen:
|
Quartal |
1/2011 |
2/2011 |
3/2011 |
4/2011 |
Quote |
91,82 % |
100 % |
87,92 % |
93,51% |
Honorarminderung |
1.472,88 € |
- |
2.363,30 € |
1.205,12 € |
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 01.08.2011, 10.11.2011, 07.02.2012 und 08.05.2012 jeweils Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.05.2013 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Die Vergütung der nicht genehmigungspflichtigen Leistungen sei nicht zu beanstanden. Die Quotierung habe ihre Grundlage im HVV. Die Regelungen berücksichtigten die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur angemessenen Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen. Die Bestimmungen des HVV müssten für eine substantielle Vergütung der probatorischen Sitzungen sorgen. Die Mindestauszahlungsquote der nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen betrage 75 %. Auf diesem Wege könne der Rechtsprechung des BSG dahingehend entsp...