Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Zulassungsentziehung. Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit. Anzahl der abgerechneten Behandlungsfälle unter 10 % des Fachgruppendurchschnitts
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit gehört es, die an gesetzlich Versicherten erbrachten Leistungen gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung abzurechnen. Ohne Einreichung einer Abrechnung nimmt der Arzt nicht an der vertragsärztlichen Vergütung teil. Damit fehlt ein zentrales Element der vertragsärztlichen Tätigkeit, so dass ohne Weiteres von einer Nichtausübung ausgegangen werden kann.
2. Eine Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit liegt auch dann vor, wenn die Anzahl der abgerechneten Behandlungsfälle unter 10 % des Fachgruppendurchschnitts liegt. Ein Verschulden des Zulassungsinhabers setzt der Zulassungsentzug nicht voraus.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.10.2018 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) und mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2) bis 7), die diese selbst tragen.
Der Streitwert wird endgültig auf 60.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Entziehung ihrer Zulassung wegen Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit.
Die 1952 geborene Klägerin erhielt im Jahr 1979 die Approbation als Ärztin. Seit Oktober 1995 ist sie berechtigt die Bezeichnung „Praktische Ärztin“ zu führen. Am 31.05.1997 erhielt sie die Anerkennung zur Führung der Bezeichnung „Fachärztin für Kinderheilkunde“. Durch Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Nord-Württemberg vom 12.08.1998 wurde die Klägerin als Praktische Ärztin für den Vertragsarztsitz in S. (N.) zur Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen. Durch Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (Regierungsbezirk S.) vom 20.10.2005 wurde ihrem Antrag auf Erweiterung der Zulassung zur Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin mit der Zuordnung zur hausärztlichen Versorgung mit Wirkung vom 01.01.2006 stattgegeben, um eine Praxis in C. fortzuführen. Durch weiteren Beschluss vom 20.10.2005 wurde die Verlegung des Vertragsarztsitzes nach S.1 mit Wirkung zum 01.01.2006 genehmigt.
Mit Schreiben vom 28.08.2012 wies die zu 1) beigeladene Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg die Klägerin darauf hin, dass sie im Quartal 2/2012 keine Abrechnung eingereicht habe und auch im Quartal 1/2012 nur eine geringe Anzahl an Fällen abgerechnet worden sei, die auf einen wöchentlichen Arbeitsumfang von nur 2 Stunden hinwiesen. Auch die Fallzahlen im Quartal 4/2011 lägen weit unter dem Prüfgruppendurchschnitt. Im Quartal 1/2012 lägen die Fallzahlen der Klägerin 97 % unter dem Fachgruppendurchschnitt. Sie werde auf ihre Pflichten nach § 17 Abs. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) hingewiesen.
Die Klägerin teilte daraufhin mit Schreiben vom 15.09.2012 mit, wegen Sabotage läge eine schwierige Praxissituation vor. Es handele sich um eine absolute Not- und Ausnahmesituation, die eine normale Praxistätigkeit unmöglich mache. Die Praxis sei zurzeit vorübergehend bis zur Abklärung geschlossen und sie werde kollegial vertreten, so dass die Patientenversorgung gewährleistet sei.
Mit Schreiben vom 21.09.2012 stellte die Beigeladene zu 1) daraufhin beim Zulassungsausschuss einen Antrag auf Überprüfung der Zulassung der Klägerin.
Mit Bescheid vom 11.04.2013 (Beschluss vom 20.11.2012) ordnete der Zulassungsausschuss das Ruhen der Zulassung vom 20.11.2012 bis 31.03.2013 sowie eine Begutachtung der Klägerin im Hinblick auf ihren Gesundheitszustand von Amts wegen an. In seinem Gutachten vom 22.03.2013 gelangte E. zu der Einschätzung, dass bei der Klägerin ein dringender Verdacht auf eine wahnhafte Störung vorliege und sie gegenwärtig sicherlich nicht in der Lage sei, ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit nachzukommen.
Mit Bescheid vom 11.09.2013 (Beschluss vom 17.04.2013) ordnete der Zulassungsausschuss das weitere Ruhen der Zulassung vom 01.04.2013 bis 17.07.2013 sowie eine erneute Begutachtung von Amts wegen an. E1 gelangte in seinem Gutachten vom 08.07.2013 zu der Einschätzung, dass keine relevanten psychopathologischen Auffälligkeiten vorlägen. Es bestünden keine gesundheitlichen Einschränkungen, die an der weiteren Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit Zweifel aufkommen lassen müssten.
Mit Bescheid vom 16.12.2013 (Beschluss vom 17.07.2013) ordnete der Zulassungsausschuss das weitere Ruhen der Zulassung vom 18.07.2013 bis 31.08.2013 an.
Nach Aufforderung des Zulassungsausschusses teilte die Beigeladene zu 1) mit Schreiben vom 23.03.2015 mit, die Klägerin habe für die Quartale 4/2013 bis 4/2014 keine Abrechnungen eingereicht. Dem Schreiben waren T...