Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsunfall. mittelbare Unfallfolge. haftungsbegründende Kausalität. zuständiger Unfallversicherungsträger
Orientierungssatz
Zur Zuständigkeit des Unfallversicherungsträgers bei Anerkennung eines Gesundheitsschadens ab mittelbare Unfallfolge aus einem früheren Arbeitsunfall.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin oder die Beklagte für die Entschädigung des Arbeitsunfalls zuständig ist, den der Beigeladene am 29.05.1992 erlitten hat.
Der am 17.08.1948 geborene Beigeladene S. war im Jahr 1975 bei den H. Hüttenwerken in Dortmund beschäftigt, für die die Beklagte der zuständige Unfallversicherungsträger ist. Am 11.02.1975 erlitt S. als Mopedfahrer auf dem Heimweg von der Arbeit einen Verkehrsunfall, bei dem sein rechtes Bein verletzt wurde. Wegen der Folgen dieses Unfalls erhielt S. zunächst eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40 v.H. und ab 01.09.1976 von 30 v.H. (Bescheide vom 27.10.1975, 26.07.1976), die zunächst auf 20 v.H. reduziert worden war (Bescheid vom 13.12.1976), infolge eines im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund vom Kläger angenommenen Angebots aber in Höhe von 30 v.H. weitergewährt wurde. Als Folgen des Arbeitsunfalls vom 11.02.1975 wurden am rechten Bein anerkannt: "Bewegungseinschränkung des Kniegelenks nach knöchern fest verheiltem Trümmerbruch des Schienbeinkopfes mit Gelenkbeteiligung; Lockerung des vorderen Kreuzbandes; Teilverlust des Innen- und Außenmeniskus; geringe Bewegungseinschränkung des oberen Sprunggelenks; geringe Minderung der Muskulatur des Beines; röntgenologische Veränderungen und glaubhafte Beschwerden" (Bescheid vom 13.12.1976). Grundlage für die Weitergewährung einer Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. war das Gutachten von Dr. H., Orthopäde in U., vom 08.02.1977. Bei der gutachterlichen Untersuchung gab der Kläger damals an, er habe beim Laufen Schmerzen im rechten Kniegelenk. Nahezu den ganzen Tag bestehe ein gewisses Druckgefühl im rechten Knie; manchmal habe er das Gefühl, als ob im rechten Knie etwas einklemme. Er habe das Gefühl, daß das Knie immer lockerer werde. Bereits morgens bereite ihm das Treppabgehen Beschwerden.
Im Jahr 1992 war S. als Haustechniker im N.-Hotel in D. beschäftigt; dieser Betrieb ist Mitglied bei der Klägerin. Am 29.05.1992 stürzte S. während der Arbeit auf der Treppe des Hotels. Gegenüber Dr. Sch., Chefarzt der Chirurgischen Abteilung am E. Krankenhaus in D., gab S. am Unfalltag an, beim Heruntergehen der Treppe habe er einen stechenden Schmerz im rechten Knie verspürt. Er habe deshalb das rechte Knie hochgezogen. Beim Einbeinstand habe er das Gleichgewicht verloren und sei mit dem linken Kniegelenk nach innen umgeknickt. Bei der am 11.06.1992 durchgeführten Arthroskopie wurden am linken Knie eine frische vordere Kreuzbandruptur sowie ein Hinterhornlappen- und -horizontalriß des Innenmeniskus mit Knorpelerweichungsstelle auf dem lateralen Tibiaplateau sowie in der Trochlea des Gleitlagers festgestellt (vgl. Bericht von Dr. Sch. vom 22.06.1992). Auf die Frage der Klägerin führte S. unter dem 14.06.1992 aus, beim Herabsteigen der Treppe von der Küche in den Keller sei er, als das volle Gewicht seines Körpers auf dem linken Bein gelastet habe, umgeknickt und die letzten drei Stufen hinuntergestürzt. Der linke Fuß habe fest gestanden; ausgerutscht sei er nicht.
Die Klägerin ließ S. zunächst durch Dr. H. , Chirurg in D., begutachten. In seinem Gutachten vom 12.12.1992 führte dieser aus, der Unfall vom 29.05.1992 habe zu einer Ruptur des vorderen Kreuzbandes des linken Kniegelenkes geführt. Der von S. geschilderte Hergang sei geeignet gewesen, zu einer Verletzung des vorderen Kreuzbandes zu führen, zumal er unvorhergesehen und plötzlich aufgetreten sei. Da die histologische Untersuchung eine frische Rißbildung des vorderen Kreuzbandes ergeben habe, habe es sich auch um keine Gelegenheitsursache gehandelt. Der Meniskusschaden sei dagegen nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen, da die histologisch festgestellten herdförmigen degenerativen Veränderungen für eine bereits vorhandene Meniskusdegeneration sprächen. Der beratende Arzt der Klägerin Dr. L. vertrat in einer Stellungnahme vom 18.01.1993 die Ansicht, der beschriebene Unfallhergang sei in der Lage gewesen, die vordere Kreuzbandruptur hervorzurufen; ein ursächlicher Zusammenhang sei gegeben. Es handle sich um keinen Folgeunfall aus dem Jahr 1975. In einem weiteren Gutachten (zur ersten Rentenfeststellung) vom 01.04. 1993 gelangte Dr. Sch. zum Ergebnis, als Folge des Arbeitsunfalls vom 29.05.1992 liege beim Kläger eine suffiziente transarthroskopische Rekonstruktion einer ACL-Ruptur (Kreuzbandruptur) links mit IMHH-Schadensanierung (Meniskus-Sanierung) und noch geringen Restbeschwerden sowie endgradiger minimaler Bewegungseinschränkung vor. Unfallunabhängig bestünden am linken Knie eine Knorpelschädigung im Retropatellargelenk mit erfolgter Abrasionsarthroplastik und eine Chondromalazi...