Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Erstattungsstreit gem § 105 SGB 10. zuständiger Leistungsträger. gesetzliche Krankenkasse. gesetzliche Unfallversicherung. Bindungswirkung der nachträglich ablehnenden Verwaltungsentscheidung des die Erstattung begehrenden Unfallversicherungsträgers gegenüber der Krankenkasse. medizinische Heilbehandlung. Kreuzbandruptur. kein Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität. umstrittene medizinische Lehrmeinung
Leitsatz (amtlich)
Einem Erstattungsverlangen hat der angegangene Versicherungsträger zu entsprechen, wenn der zunächst leistende Versicherungsträger gegenüber dem Versicherten seine Leistungspflicht bestandskräftig abgelehnt hat und diese Entscheidung nicht offensichtlich falsch ist.
Normenkette
SGB X § 105 Abs. 1-2, §§ 44, 86; SGB VII §§ 8, 11, 34; SGG §§ 130, 99 Abs. 3 Nr. 2, § 144 Abs. 1 Nr. 2, § 160 Abs. 2 Nr. 1, §§ 193, 197a
Nachgehend
Tenor
I. Das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 29. März 2012 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Erstattungsbetrag in Höhe der von der Beklagten nach dem SGB V zu übernehmenden Leistungen zu erstatten.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 10.272,49 € festgesetzt.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die klagende Unfallkasse begehrt von der beklagten Krankenkasse die Erstattung von Behandlungskosten für die Beigeladene, nachdem sie bestandskräftig gegenüber der Beigeladenen festgestellt hat, dass der operativ behandelte Kreuzbandriss nicht Folge des anerkannten Arbeitsunfalles vom 06.03.2006 gewesen ist.
Die Beigeladene war als angestellte Lehrerin im M…-Gymnasium in L… tätig. Zu dieser Zeit war sie bei der Beklagten krankenversichert. Als sie am 06.03.2006 kurz vor 9.00 Uhr eine Treppe hinabstieg, um das Klassenbuch zu holen, rutschte sie ab und verdrehte sich das rechte Bein, wobei es nach Darstellung der Klägerin auch zu einer Überstreckung gekommen sei. Nach ihrer Schilderung habe sie zunächst das Knie nicht mehr gespürt. Nach einigen Minuten habe sie starke Schmerzen verspürt. Nach zwei Unterrichtsstunden habe sie wegen der Schmerzen und einer starken Schwellung am rechten Knie die Arbeit beenden müssen. Sie begab sich in Behandlung zu den H-Ärzten T… und L… in M…. Diese stellten einen diskreten Erguss im Kniegelenk rechts fest, leichte mediale Aufklappbarkeit und vordere Schublade rechts. Diagnostiziert wurde zunächst eine Distorsion des rechten Knies. Bei einer Punktion wurden 5 ml Blut entnommen.
Wegen fortbestehenden Instabilitätsgefühls erfolgte Überweisung zum D-Arzt Dr. K…, KH St. E…, L…. Bei der Erstuntersuchung am 24.04.2006 stellte er eine vordere Schublade, freie Beweglichkeit, stabile Bänder und pos. Pivotshift-Phänomen fest. Er erstellte eine Einweisung in stationäre Behandlung zur Kreuzbandersatz-OP und Klärung des Zeitpunktes der vorderen Kreuzbandruptur. Die Schädigung könne auch bei einem Freizeitunfall 2004 geschehen sein. Bei diesem Unfall war eine Meniskusverletzung entstanden, die zu einer Operation am 06.01.2005 führte. Dabei wurde eine ausgedehnte Korbhenkelläsion im Bereich des Innenmeniskushinterhorns festgestellt. Knorpelschäden fanden sich im Kniegelenk nicht. Es wurde eine Resektion durchgeführt. Das vordere Kreuzband wurde untersucht und war inspektorisch und manipulatorisch intakt. Auch in einer MRT-Aufnahme war keine Verletzung feststellbar.
Im Operationsbericht vom 12.05.2006 wurde ein Zustand nach Innenmeniskus-Hinterhornresektion beschrieben mit einer Auffaserung der Pars intermedia sowie die radiologisch nachgewiesene Ruptur des vorderen Kreuzbandes. Makroskopisch entsprach diese eher einer veralteten Ruptur. Es fand sich anstelle des vorderen Kreuzbandes nur insuffizientes Narbengewebe. Der tibiale Anteil war auf das hintere Kreuzband aufgewachsen. Spuren einer frischen Verletzung fanden sich bei der Operation am 12.05.2006 nicht. Die Ärzte kamen zu der Feststellung, dass die Kreuzbandruptur nicht mit dem Unfall vom 06.03.2006 in Verbindung stehe.
Die Klägerin beauftragte darauf den Unfallchirurgen Dr. A… aus L… mit der Erstellung eines Zusammenhangsgutachtens. Er kam in seinem Gutachten vom 23.08.2006 und der Ergänzung vom 24.10.2006 zu dem Ergebnis, dass die Kreuzbandruptur nicht auf den Unfall zurückzuführen sei. Es habe kein adäquates Trauma vorgelegen. Außerdem wachse das beschädigte Kreuzband nicht innerhalb von zwei Monaten auf das hintere Kreuzband auf. Auch der Meniskusriss sei Folge des früheren Unfalls. Im MRT-Befund vom 16.03.2006 finde sich eine Chondromalazie Grad II an der medialen Femur- und Tibiagelenkfläche. Intraoperativ weise die Knorpelsubstanz in der medialen Femurkondyle querverlaufende Usuren sowie oberflächliche Auffaserungen auf. Die Befunde sprächen gegen ein akutes Geschehen. Er komme eher zu dem Ergebnis, dass bei dem früheren Unfall das Band vorgeschädigt worden sei. Dafür spreche auch,...