Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen Erwerbsminderung. Gesundheitliche Leistungseinschränkungen. Wegefähigkeit. Medizinische Beweiswürdigung. Berufsunfähigkeit. Bisheriger Beruf. Freiwillige Beitragszahlung. Mehrstufenschema. Kraftfahrer. Verweisungstätigkeit
Leitsatz (amtlich)
1.) Der bisherige Beruf bestimmt sich bei Versicherten, die neben freiwilligen Beiträgen auch Pflichtbeiträge gezahlt haben, allein nach der versicherungspflichtig ausgeübten Tätigkeit. Durch freiwillige Beiträge, die seit dem 1. Januar 1984 gezahlt wurden, kann der bisherige Beruf nicht verändert werden.
2.) Ein angelernter Kraftfahrer ist in der Regel kein Facharbeiter, sondern maximal als gehobener Angelernter einzustufen.
3.) Wird einem gehobenen Angelernten in einem Arbeitszeugnis bescheinigt, er habe die ihm übertragenen Aufgaben "stets zur vollsten Zufriedenheit" seines Arbeitgebers verrichtet, ändert dies nichts an dessen qualitativer Einstufung. Auch die überdurchschnittliche Verrichtung von angelernten Tätigkeiten führt nicht dazu, dass diese einer qualifizierten Berufsausbildung gleichzustellen sind.
Normenkette
SGB VI §§ 43, 240
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1957 geborene Kläger war von 1972 bis 1979 als angelernter Lagerist und Fahrer tätig und arbeitete von 1979 bis 1982 als Bodenleger und Verkäufer. In den Jahren 1983 bis 1998 war der Kläger dann als Kraftfahrer angestellt. Seit 1998 ist der Kläger als selbständiger Bodenleger tätig und hat nach eigenen Angaben im Jahr 2001 eine 3 bis 4 Monate dauernde Ausbildung zum staatlich geprüften Bodenleger absolviert (vgl. Bl. 82 ff der Verwaltungsakte). Der Kläger ist auch aktuell noch als selbständiger Bodenleger tätig, dies aber nicht im vollschichtigem Umfang. Der Kläger leistete als selbständig Tätiger freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung.
Dem Kläger wird auf Grund eines Arbeitsunfalls mit Knieverletzung eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 seit Juli 2008 gewährt. Vom Versorgungsamt wurde dem Kläger seit Mai 2008 ein GdB von 50 sowie das Merkzeichen G zuerkannt (Bl. 34 der Verwaltungsakte).
Am 23. Oktober 2008 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente, den er vorwiegend mit Beschwerden des Knies begründete (Bl. 13 ff der Verwaltungsakte).
Nach Beiziehung und Auswertung von medizinischen Unterlagen und Befundberichten gab die Beklagte eine orthopädische Begutachtung durch Dr. A. in Auftrag. In seinem Gutachten vom 2. Dezember 2008 diagnostizierte Dr. A. eine Gonarthrose beidseits, links bei Zustand nach zweifacher vorderer Kreuzbandrekonstruktion, weiter ein degeneratives Lumbalsyndrom und ein rezidivierendes Zervikalsyndrom bei Fehlstatik. Die Beschwerdebilder der HWS, LWS als auch beider Kniegelenke seien einer konservativen fachorthopädischen Therapie zugänglich, insbesondere sollte eine muskuläre Kompensation im Bereich des linken Kniegelenks erreicht werden. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne der Kläger unter Beachtung näher dargelegter qualitativer Einschränkungen sechs Stunden und mehr verrichten. Die Leistungsfähigkeit als Bodenleger betrage hingegen weniger als drei Stunden arbeitstäglich (Bl. 65 ff der Verwaltungsakte).
In einer Stellungnahme vom 4. Februar 2009 führte der berufskundliche Dienst der Beklagten aus, als maßgeblicher Vorberuf sei die Tätigkeit als angelernter Kraftfahrer anzusehen. Der Kläger verfüge nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung als Kraftfahrer und sei insofern als Angestellter mit einer Ausbildungszeit von bis zu zwei Jahren einzustufen. Als sozial zumutbare Verweisungstätigkeit wurden Tätigkeiten von Angestellten mit einer Anlernzeit von 3 bis 12 Monaten angesehen. Konkret wurde eine Tätigkeit als gewerblicher Mitarbeiter in der Metall- und Elektroindustrie, bei der Kunststofffertigung oder in der Spielzeugherstellung benannt. Beigezogen wurden Berichte über Arbeitsplatzerkundungen des berufskundlichen Dienstes der Beklagten (Bl. 90 ff der Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 18. Februar 2009 lehnte die Beklagte hierauf den Rentenantrag ab. Der Kläger sei nicht voll oder teilweise Erwerbsgemindert. Der Kläger sei auch nicht wegen Berufsunfähigkeit teilweise erwerbsgemindert, da er sozial zumutbar auf eine Tätigkeit als gewerblicher Mitarbeiter in der Metall- und Elektroindustrie, bei der Kunststofffertigung oder in der Spielzeugherstellung zu verweisen sei (Bl. 108 der Verwaltungsakte).
Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 26. Februar 2009 Widerspruch mit der Begründung, sein Gesundheitszustand habe sich in den letzten Jahren weiterhin verschlechtert (Bl. 117 der Verwaltungsakte).
Hierauf forderte die Beklagte verschiedene orthopädische Befundberichte des PD Dr. B. sowie einen Befundberich...