Entscheidungsstichwort (Thema)
Gründungszuschuss -Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. enger zeitlicher Zusammenhang zum Bezug von Entgeltersatzleistungen. Vorbereitungshandlung. sozialrechtlicher Herstellungsanspruch
Orientierungssatz
1. Anders als nach dem bisher geltenden Recht (§ 57aF, § 421l SGB 3) genügt ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit und dem Bezug oder Anspruch auf eine Entgeltersatzleistung nicht mehr. Der eindeutige Gesetzeswortlaut des § 57 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB 3 lässt einen zeitlichen Abstand des Bezugs einer Entgeltersatzleistung und der Aufnahme der Tätigkeit nicht mehr zu. Vielmehr muss der Anspruch unmittelbar vor der Aufnahme der Tätigkeit bestehen. Hierfür genügt das sog Stammrecht, ein konkreter Auszahlungsanspruch muss nicht bestehen.
2. Eine Aufnahme der selbständigen Tätigkeit liegt - im Gegensatz zu bloßen Vorbereitungshandlungen -erst dann vor, wenn der Existenzgründer im Geschäftsverkehr nach außen tätig wird, was - ua - in der Gewerbeanmeldung oder der Anzeige einer beruflichen Tätigkeit beim zuständigen Finanzamt zu sehen sein kann.
3. Die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit oder deren Beginn und die Verfügbarkeit können nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ersetzt werden.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28. November 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger ein Anspruch auf Gewährung eines Gründungszuschusses zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit (GZ) nach § 57 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) zusteht.
Der ... 1964 geborene Kläger war von 14.06.1983 bis 30.09.2006 bei der Firma L GmbH als Dachdecker versicherungspflichtig beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde am 30.01.2006 zum 30.09.2006 durch den Arbeitgeber laut Arbeitsbescheinigung wegen einer "altersbedingten Firmenauflösung ohne Nachfolge" gekündigt.
Am 27.06.2006 meldete sich der Kläger - zusammen mit seinen Arbeitskollegen - bei der Agentur für Arbeit M (AA) persönlich arbeitsuchend. Dabei teilte der Kläger mit, sich mit seinen Kollegen schnellstmöglich selbständig machen zu wollen. Mit dem Kläger wurden die Förderungsmöglichkeiten und Voraussetzungen besprochen und ihm das Nachfolgeinstrument des zum 30.06.2006 auslaufenden GZ vorgestellt. Der Kläger entschied sich dafür, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Gewährung eines GZ zu beantragen. Am 17.07.2006 sprach er nochmals wegen des GZ bei der AA vor.
Am 28.09.2006 meldete sich der Kläger bei der AA mit Wirkung für den 01.10.2006 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld I (Alg), das ihm mit Bescheid vom 10.10.2006 (tägliches Bemessungsentgelt 63,67 €, erhöhter Leistungssatz, Anspruchsdauer 360 Tage) für den 01.10.2006 bewilligt wurde. Gleichzeitig mit der Arbeitslosmeldung beantragte der Kläger bei der AA einen GZ zum 02.10.2006.
Am 28.09.2006 übersandte die AA dem Kläger einen Antrag auf Gewährung eines GZ, den der Kläger am 10.10.2006 unter Anlage einer positiven Stellungnahme einer fachkundigen Stelle zur Tragfähigkeit der Existenzgründung (Dipl. Betriebswirt und Steuerberater K vom 09.10.2006) der AA zurückgab. Am 25.10.2006 reichte der Kläger weitere Unterlagen (Lebenslauf, Gewerbe-Ummeldung Änderungsdatum zum 12.10.2006 der Stadt M vom 16.10.2006) und am 02.11.2006 ("Businessplan" mit der - korrigierten - Angabe des Gründungszeitpunktes 12.10.2006) jeweils am Empfang der AA zum Antrag nach. Am 13.11.2006 und 14.11.2006 sprach der Kläger bei der AA vor. Dabei wurde mit dem Kläger sein Antrag auf Gewährung eines GZ besprochen (14.11.2006).
Weiter beantragte der Kläger am 14.11.2006 die Weiterzahlung von Alg ab 02.10.2006. Er erklärte, seine Selbständigkeit habe nicht am 02.10.2006 sondern am 12.10.2006 begonnen. Diesen Antrag lehnte die AA mit bestandskräftigem Bescheid vom 15.11.2006 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe am 28.09.2006 erklärt, ab 02.10.2006 eine selbständige Tätigkeit aufzunehmen. Erst am 14.11.2006 habe er erklärt, dass seine selbständige Tätigkeit am 12.10.2006 zustande gekommen sei. Damit stehe er der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung. Eine rückwirkende Verfügbarkeit könne nicht anerkannt werden.
Mit Bescheid vom 27.11.2006 wurde der Antrag des Klägers auf Gewährung eines GZ abgelehnt, weil der Kläger bis zur Aufnahme der Selbständigkeit keinen Anspruch auf Alg gehabt habe und deshalb die Anspruchsvoraussetzungen nicht gegeben seien.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 04.12.2006 bei der AA Widerspruch ein. Er machte geltend, durch Behördengänge habe sich der geplante Beginn seiner selbständigen Tätigkeit verschoben. Ab 01.10.2006 habe er Anspruch auf Alg. Somit müsse ihm der Zuschuss zustehen. Dem AA sei bekannt gewesen, dass die Arbeitsaufnahme Anfang Oktober 2006 nicht möglich gewesen sei, da e...