Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankengeld. Hinzutreten einer weiteren Krankheit während einer auf Krankheit beruhenden Arbeitsunfähigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Während der auf einer Krankheit beruhenden Arbeitsunfähigkeit tritt eine weitere Krankheit hinzu (§ 48 Abs 1 S 2 SGB 5), wenn diese Krankheit unabhängig von der bereits vorliegenden Erkrankung ebenfalls die Arbeitsunfähigkeit des Versicherten bedingt. Es reicht aus, dass beide Krankheiten zumindest an einem Tag nebeneinander bestanden haben.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 26.06.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Krankengeld (Krg) über den 05.12.2011 streitig.

Der Kläger war als Bezieher von Arbeitslosengeld I bei der Beklagten versicherungspflichtiges Mitglied. Ab dem 08.06.2010 wurde Arbeitsunfähigkeit unter Angaben der Diagnose “Gonarthrose„ und “sonstige näher bezeichnete Bandscheibenverlagerung„ durch den Allgemeinmediziner R bescheinigt. Bis zum 19.07.2010 bezog der Kläger Arbeitslosengeld I und vom 20.07.2010 bis zum 05.12.2011 erhielt der Kläger von der Beklagten Krg.

Vom 23.11.2010 bis 03.12.2010 erfolgte eine stationäre Aufnahme in das Kreiskrankenhaus E. zu einer Kniegelenksoperation mit anschließender Anschlussheilbehandlung vom 03.12.2010 bis zum 24.12.2010 in der R. Klinik Bad K.. In dem Entlassbericht finden sich die Diagnosen:

- Knie-TEP Implantation links am 24.11.2010 bei Gonarthrose links

- Gonarthrose rechts

- anamnestisch Coxarthrose beidseits

- chronisches Lumbalsyndrom bei anamnestischen Zustand nach BS-Prolaps ca 2004

- Impingementsyndrom linke Schulter

- chronische Schmerzen mit relevanten psychischen Faktoren

- mittelgradig depressive Episode.

Weiter heißt es, die Durchführung einer Psychotherapie sei dringend initiiert.

Im Auftrag der Beklagten erstellte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) am 18.03.2011 ein Gutachten aufgrund einer Untersuchung des Klägers. Danach bestünden Restbeschwerden nach Implantation einer zementfreien Knietotalprothese links am 24.11.2010. Außerdem sei durch die Trennung von der früheren Lebensgefährtin eine schwere psychische Belastungsreaktion eingetreten. Wegen dieser sei bereits im Rahmen der Rehabilitationsbehandlung mit einer Psychotherapie begonnen worden. Diese sei weiterhin indiziert. Derzeit bestehe Arbeitsunfähigkeit. Bei entsprechender ambulanter psychotherapeutischer Unterstützung sowie bei Feststellung eines regelrechten postoperativen Befundes könne voraussichtlich Mitte April 2011 mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit gerechnet werden.

Am 19.05.2011 bescheinigte der behandelnde Allgemeinarzt R Arbeitsunfähigkeit wegen der Restbeschwerden nach der Knietotalprothese. Letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit sei der 19.05.2011. Am 20.05.2011 stellte er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wegen einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode (F33.1 ICD-10) aus, derentwegen der Kläger vom 20.05.2011 bis voraussichtlich 03.06.2011 arbeitsunfähig sein werde.

Die Beklagte beauftragte erneut den MDK. Nach einem am 06.06.2011 nach Aktenlage verfassten Gutachten des MDK bestünden beim Kläger Restbeschwerden nach Implantation der Knietotalprothese links sowie eine rezidivierende depressive Störung bei aktuell mittelgradiger Episode, einer rezidivierenden Lumbago und eine beginnende Coxarthrose beidseits. Hinsichtlich der depressiven Störung würden sich im Rahmen der Psychotherapie Fortschritte zeigen. Aktuell werde die Arbeitsunfähigkeit durch die Depression begründet. Es bestehe noch keine ausreichende affektive Stabilität. Bei weiterem Behandlungsverlauf sei von weiterer Arbeitsunfähigkeit für die Dauer von zwei bis drei Monaten auszugehen. Bis etwa Mitte August 2011 könne mit dem Erreichen einer ausreichend stabilen affektiven und emotionalen Stimmungslage gerechnet werden.

Nachdem jedoch weiterhin Arbeitsunfähigkeit wegen der psychischen Erkrankung bescheinigt worden war, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 21.10.2011 fest, dass der Anspruch auf Krg am 05.12.2011 endet. Wegen derselben Krankheit sei der Anspruch auf Krg auf 78 Wochen innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren begrenzt. Der Krg-Anspruch sei an diesem Tag mit der Höchstanspruchsdauer von 78 Wochen innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren erschöpft. Dies gelte auch dann, wenn während der drei Jahre eine weitere Krankheit hinzugetreten sei. Der Kläger sei seit dem 08.06.2010 arbeitsunfähig. Mit der Krankmeldung vom 20.05.2011 sei eine weitere Diagnose hinzugetreten.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 25.10.2011 Widerspruch ein. Zugleich beantragte er beim Sozialgericht Freiburg (SG) die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Zur Begründung hat er geltend gemacht, die Annahme der Beklagten, eine weitere Erkrankung sei hinzugetreten, sei unzutreffend. W...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge