Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn der Verzinsung bei Umdeutung eines Antrags auf Leistungen zur Rehabilitation/Teilhabe am Arbeitsleben in einen Rentenantrag. vollständiger Leistungsantrag
Leitsatz (amtlich)
Wird Rente aufgrund eines nach § 116 Abs 2 SGB 6 als Rentenantrag geltenden Antrags auf Leistungen zur Rehabilitation/Teilhabe am Arbeitsleben bewilligt, liegt der für den Beginn der Verzinsung nach § 44 Abs 2 Halbs 1 SGB 1 erforderliche vollständige Leistungsantrag erst vor, wenn der Versicherungsträger bei pflichtgemäßen Geschäftsgang erkennen muss, dass die Umdeutungsvoraussetzungen des § 116 Abs 2 SGB 6 erfüllt sind.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. April 2003 abgeändert.
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 14. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. März 2002 verurteilt, die Rentennachzahlung aus dem Bescheid vom 31. März 2000 auch vom 1. November 1999 bis zum 31. Dezember 1999 zu verzinsen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin ein Viertel der außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Beginn der Verzinsung einer Rentennachzahlung.
Die 1970 geborene Klägerin, eine gelernte Apothekenhelferin, nahm an einer medizinischen Rehabilitations-Maßnahme vom 28. August 1997 bis 18. September 1997 teil. Danach nahm sie am 22. September 1997 eine Beschäftigung als Kassiererin auf. Ab dem 7. September 1998 war sie arbeitsunfähig krank. Schon am 30. Januar 1998 hatte sie eine berufsfördernde Leistung in Form einer Umschulung (BKZ 7427) sowie eines Arthrodesenstuhls beantragt. Letzterer wurde mit Bescheid vom 21. August 1998 bewilligt. Der Umschulungsantrag wurde nicht ausdrücklich beschieden. Die Klägerin bezog bis zum 7. Juli 1999 Krankengeld. Danach war sie arbeitslos. Ein Antrag der Klägerin vom 12. Februar 1999 auf Gewährung medizinischer Leistungen zur Rehabilitation (BKZ 8054) wurde mit Bescheid vom 10. März 1999 abgelehnt, weil seit der letzten medizinischen Leistungen noch keine vier Jahre vergangen seien und kein Fall der Dringlichkeit vorliege. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde von der Widerspruchsstelle der Beklagten im November 1999 zurückgewiesen, weil nicht zu erwarten sei, dass durch medizinische Leistungen zur Rehabilitation die Erwerbsfähigkeit der Klägerin wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder der Eintritt von Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit abgewendet werde könne.
Am 9. Juni 1999 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsfähigkeit. Nachdem die Klägerin am 2. Februar 2000 einen Vorschussbescheid gemäß § 42 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) beantragt hatte, teilte die Beklagte mit Schreiben vom 8. Februar 2000 mit, dass die Zahlung eines Rentenvorschusses nicht möglich sei, weil eine Geburtsurkunde noch nicht vorliege. Diese wurde noch im Februar nachgereicht.
Mit Bescheid vom 31. März 2000 wurde der Klägerin wegen Erfüllung der Anspruchsvoraussetzung ab dem 7. September 1998 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit beginnend ab 1. April 1999 und befristet bis zum 31. Juli 2001 bewilligt. Die Klägerin erhielt eine Rente ab dem 1. Mai 2000 in Höhe von 898,69 DM; für die Zeit vom 1. April 1999 bis zum 30. April 2000 errechnete sich eine zunächst wegen Erstattungsansprüchen einbehaltene Nachzahlung in Höhe von 11.647,27 DM. Zur Begründung wird u.a. ausgeführt, als Rentenantrag gelte nach § 116 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) der am 30. Januar 1998 gestellte Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Rehabilitation. Hiergegen legte die Klägerin am 9. Mai 2000 Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 19. Juni 2000 ist die Nachzahlung abgerechnet worden; nach Befriedigung von Erstattungsansprüchen sind an die Klägerin 2.263,04 DM aus der Nachzahlung ausgezahlt worden. Mit Bescheid vom 25. Juli 2001 wurde die Befristung aufgehoben und dem Widerspruch insoweit abgeholfen. Mit Bescheid vom 22. Oktober 2001 stellte die Beklagte die Rente von Anfang an neu und höher unter Einbeziehung einer von der Klägerin während des Vorverfahrens geleisteten Beitragsnachzahlung fest.
Die Klägerin hatte mit Schreiben vom 13. September 2000 die Verzinsung der Nachzahlung aus dem Bescheid vom 31. März 2000 beantragt. Diesen Antrag lehnte die Beklagte zunächst mit Schreiben vom 11. Oktober 2000 ohne Rechtsmittelbelehrung ab. Hiergegen legte die Klägerin rechtzeitig Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 14. November 2001 lehnte die Beklagte den Zinsanspruch erneut ab. Gemäß § 44 Abs. 2 SGB I beginne die Verzinsung frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger, beim Fehlen eines Antrags nach Ablauf eines Kalendermonats nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Leistung. Zum Bescheid ...