Entscheidungsstichwort (Thema)

Festsetzung von Säumniszuschlägen nach Konkurseröffnung. Masselosigkeit. Ermessen

 

Leitsatz (amtlich)

Der Anspruch der Bundesanstalt für Arbeit auf den Säumniszuschlag wegen Nichtzahlung der Wintergeld-Umlage entsteht auch dann, wenn der Konkursverwalter die Umlageforderung wegen Masselosigkeit nicht erfüllen kann und die Druckfunktion des Säumniszuschlags deshalb ins Leere läuft. Es ist jedoch grundsätzlich unbillig, wenn die Bundesanstalt in einem solchen Falle den Säumniszuschlag nicht in vollem Umfang erläßt; die (weitere) Funktion des Säumniszuschlags, der Bundesanstalt einen Mindestschadensausgleich zu sichern, rechtfertigt nicht, vom Erlaß ganz oder teilweise abzusehen (Übertragung der von BSG vom 26.2.1991 - 10 RAr 4/90 = SozR 3-2400 § 24 Nr 1 entwickelten Grundsätze auf das neue Recht).

 

Orientierungssatz

Steht fest, daß ein Konkursverwalter eine Forderung (hier Umlage nach § 186a AFG) weder erfüllen kann noch wegen der in § 60 KO geregelten Rangfolge erfüllen darf, ohne sich selbst gegenüber anderen Konkursgläubigern haftbar zu machen, so ist die Erhebung von Säumniszuschlägen auch unter dem Gesichtspunkt eines standardisierten Mindestschadensausgleichs unbillig.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 04.03.1999; Aktenzeichen B 11/10 AL 5/98 R)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten besteht Streit über die Berechtigung der Beklagten zur Erhebung von Säumniszuschlägen gegenüber dem Kläger in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter über das Vermögen einer zur Winterbau-Umlage herangezogenen Baufirma.

Durch Beschluß des Amtsgerichts B - Konkursgerichts - vom 28. Juli 1995 (N 121/95) wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der Firma B M GmbH Estrichbau (Gemeinschuldnerin) mit Sitz in O -R eröffnet und der Kläger zum Konkursverwalter ernannt. Mit Bescheid vom 11. Oktober 1995 machte das Landesarbeitsamt Baden-Württemberg (LAA) Forderungen an rückständiger Winterbau-Umlage nach § 186a Arbeitsförderungsgesetz (AFG) einschließlich durch Zahlungsverzug entstandener Kosten (Säumniszuschläge und Mahngebühren) für die Zeit vom 28. Januar 1995 bis 28. Juli 1995 in Höhe von insgesamt 2.540,20 DM als Masseschulden nach § 59 Abs. 1 Nr. 3e Konkursordnung (KO) gegenüber dem Kläger in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter über das Vermögen der Gemeinschuldnerin geltend und forderte diesen zur Zahlung auf. Der Bescheid wurde außerdem mit dem Hinweis versehen, daß nach § 3 Abs. 2, § 6 Winterbau-Umlage VO i.V.m. § 179 S. 1 AFG und § 24 Abs. 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) Säumniszuschläge auch für die Zeit nach Konkurseröffnung bis zur Begleichung der Umlagebeträge erhoben würden; sie seien Teil des Masseschuldanspruches. Hierauf teilte der Kläger dem LAA mit, daß er die angemeldete Forderung als Masseverbindlichkeit vermerkt habe, jedoch die vorhandene Masse derzeit zur Ausgleichung von Masseschulden nicht ausreiche (Schreiben vom 16. Oktober 1995).

Mit Bescheid vom 24. September 1996 erhob das LAA vom Kläger Säumniszuschläge für die Monate August 1995 und September 1995 bis August 1996, die sie unter Hinweis auf das dem Bescheid beigefügte Berechnungsblatt mit 273,-- DM bezifferte, davon jedoch die Hälfte erließ, weil der Tatbestand der Masseunzulänglichkeit erfüllt sei. Dementsprechend wurde der zur Zahlung verlangte Betrag auf 136,50 DM festgesetzt.

Der damit begründete Widerspruch des Klägers, die Masseunzulänglichkeit dauere weiterhin an, weshalb die Festsetzung von Säumniszuschlägen ermessensfehlerhaft sei, blieb ohne Erfolg. Hierzu wurde ausgeführt, nach § 24 Abs. 1 SGB IV in seiner ab 01. Januar 1995 geltenden Fassung sei im Falle der Säumnis ein Säumniszuschlag zu zahlen, dessen Entstehung durch die Eröffnung eines Konkursverfahrens über das Vermögen des Umlageschuldners nicht gehindert werde. Säumniszuschläge dienten zum einen dem Zweck, Druck auf den säumigen Zahlungspflichtigen auszuüben, und zum anderen aber auch dazu, den Sozialversicherungsträgern einen gesetzlich standardisierten Mindestschadensausgleich zukommen zu lassen. Dem Umstand, daß Masseunzulänglichkeit vorliege und damit der Säumniszuschlag seine Funktion als Druckmittel nicht erfüllen könne, sei durch hälftigen Erlaß der Forderung Rechnung getragen worden. Ein vollständiger Erlaß komme jedoch nicht in Betracht, weil die Funktion des standardisierten Mindestschadensausgleichs auch im Konkursverfahren zum Tragen komme (Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 1997.

Deswegen hat der Kläger am 17. Februar 1997 (Montag) Klage zum Sozialgericht Mannheim erhoben, die er im wesentlichen unter Hinweis auf den in Ablichtung zu den Gerichtsakten vorgelegten Aufsatz "Säumniszuschläge im Konkurs nach der Änderung des § 24 SGB IV" des Rechtsanwalts Dr. Hermann Plagemann in Frankfurt (veröffentlicht in ZIP 1995, 585) begründet hat. Weiter hat er die Ansicht vertreten, der stereotype Hinweis darauf, daß ein Erlaß von mehr als der Hälfte der Säumniszuschläge ausscheide, weil der standardisierte Mindestschadensausgleich zu realisi...

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