Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. Befreiung von der Versicherungspflicht. Vollendung des 58. Lebensjahres. keine Nahtlosigkeit zwischen letzter (nicht versicherungspflichtiger) selbständiger Tätigkeit und versicherungspflichtiger selbständiger Tätigkeit nach § 2 S 1 Nr 9 SGB 6 erforderlich
Leitsatz (amtlich)
Gemäß § 6 Abs 1a Nr 2 SGB 6 ist keine Nahtlosigkeit zwischen der letzten selbstständigen Tätigkeit und der versicherungspflichtigen selbstständigen Tätigkeit gem § 2 S 1 Nr 9 SGB 6 erforderlich. Es ist vielmehr ausreichend, wenn zuletzt vor der versicherungspflichtigen selbstständigen Tätigkeit eine andere (nicht versicherungspflichtige) selbstständige Tätigkeit ausgeübt wurde.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 29. Oktober 2008 sowie der Bescheid der Beklagten vom 19. September 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2007 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin auch für die Zeit vom 1. Oktober 2000 bis 27. Juni 2001 sowie ab 1. März 2003 von der Versicherungspflicht zu befreien.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Befreiung von der Versicherungspflicht.
Die 1941 geborene Klägerin, die seit Juli 2006 eine Regelaltersrente von der Beklagten bezieht (in Höhe von 754,51 € aufgrund von Kindererziehungszeiten und Versorgungsausgleich), gab unter dem 28.6.2001 an, nach ihrer Scheidung sei sie von August 1990 bis Juni 1996 als Betreiberin eines Hotels/Restaurants selbstständig tätig gewesen. Von Juli 1996 bis Februar 2000 habe sie nicht gearbeitet. Ab März 2000 sei sie für die H. M. Versicherungs-AG selbstständig tätig.
Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahren, eingeleitet aufgrund einer Anfrage der Klägerin vom Mai 2001, erfuhr die Beklagte von der selbstständigen Tätigkeit der Klägerin für die Versicherung und leitete ein Prüfungsverfahren ein. Im Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht für Selbstständige gab die Klägerin unter dem 10.8.2001 an, sie sei freie Mitarbeiterin der Hamburg Mannheimer Versicherung und in der Beratung und dem Verkauf von Produkten der Verbandsvorsorge tätig, wozu auch Reisen in andere Städte in Süddeutschland gehörten. Sie erhalte eine Erfolgsprämie.
Unter dem 12.10.2001 vermerkte ein Mitarbeiter der Beklagten, in der Akte sei kein Befreiungsantrag zu finden. Da die Antragsfrist aufgrund der verzögerten Bearbeitung seitens der Beklagten zwischenzeitlich abgelaufen sei, erkenne sie einen gegebenenfalls zu stellenden Befreiungsantrag als rechtzeitig gestellt an, sofern dieser innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Zugang ihres Aufklärungsschreiben eingehe.
Mit Schreiben vom 16.10.2001 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie aufgrund ihrer selbstständigen Tätigkeit als Mitarbeiterin der Hamburg Mannheimer Versicherung der Versicherungspflicht unterliege und wies sie auf die Befreiungsmöglichkeit hin.
Auf den von der Klägerin am 15.11.2001 gestellten Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht (wegen Vollendung des 58. Lebensjahres bei Eintritt der Versicherung) teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 7.1.2002 mit, die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1a Satz 1 Nr. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) lägen nicht vor, da sie die Tätigkeit erst nach Vollendung des 58. Lebensjahres ausgeübt habe. Für sie bestehe nur die Möglichkeit einer Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1a Nr. 1 SGB VI, d.h. für einen Zeitraum von drei Jahren nach der erstmaligen Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit. Daraufhin beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 21.1.2002 die Befreiung nach dieser Vorschrift.
Mit Bescheid vom 13.2.2002 teilte die Beklagte der Klägerin mit, aufgrund ihrer selbstständigen Tätigkeit als Versicherungsvertreterin ab 1.3.2000 sei sie nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtig. Die Versicherungspflicht ende aufgrund der Befreiung von der Versicherungspflicht gem. § 6 Abs. 1a Nr. 1 SGB VI am 27.6.2001. Zur Feststellung der Höhe der Beiträge bat die Beklagte um Rücksendung des ausgefüllten Vordrucks.
Mit einem weiteren Bescheid vom selben Tag teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie vom 28.6.2001 bis 1.3.2003 von der Versicherungspflicht befreit werde.
Am 8.4.2002 beantragte die Klägerin die Zahlung von Beiträgen nach einem Arbeitsentgelt in Höhe von 50 v.H. der Bezugsgröße (halber Regelbeitrag) bis zum Ablauf von drei Jahren nach dem Jahr der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit sowie die weitere Befreiung nach Ablauf des im Bescheid vom 13.2.2002 genannten Zeitraums.
Mit Bescheid vom 17.4.2002 teilte die Beklagte der Klägerin (nochmals) mit, dass sie ab 1.3.2000 nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtig sei. Ferner erklärte sie, dass...