Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung bei Beamten. systembezogene annähernd gleichwertige Berücksichtigung. Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 13 R 29/17 R

 

Orientierungssatz

Wird in der beamtenrechtlichen Versorgung für ein Kind eine Erziehungszeit berücksichtigt, ist für dieses Kind eine Kindererziehungs- oder Berücksichtigungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen. Ein zeitlicher Gleichlauf der Versorgungen ist nicht erforderlich, um eine annähernd systembezogene Gleichwertigkeit anzunehmen (vgl LSG Stuttgart vom 21.2.2017 - L 9 R 3651/16).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 10.10.2018; Aktenzeichen B 13 R 29/17 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 20. Oktober 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung von Kindererziehungszeiten streitig.

Die 1949 geborene Klägerin ist Mutter von vier Kindern, die 1976, 1978, 1980 und 1983 geboren wurden.

Sie war als Lehrerin ab 1972 Beamtin des Landes Baden-Württemberg. Zunächst wurde sie ab dem 21.08.1972 in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen; mit Urkunde vom 16.12.1976 wurde ihr die Eigenschaft einer Beamtin auf Lebenszeit verliehen. Versorgungsträger ist das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (LBV). Mit Bescheid des LBV vom 06.03.2014 wurden die Versorgungsbezüge nach dem Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg (LBeamtVGBW) festgesetzt und der Klägerin ab dem 01.08.2014 ein Ruhegehalt in Höhe von 1.924,20 € brutto gewährt. In der Anlage des Bescheides wird die Berechnung der maßgebenden ruhegehaltsfähigen Dienstzeit und des maßgebenden Ruhegehaltssatzes dargestellt. Danach wurde u. a. die Zeit vom 08.09.1972 bis 15.08.1976 als Dienstzeit im Beamten-/Richterverhältnis oder gleichgestellte Zeit (3 Jahre und 342 Tage ruhegehaltsfähig) und als Dienstzeiten im Beamten-/Richterverhältnis oder gleichgestellte Zeiten (Kindererziehungszeit   - bis zur Vollendung des 6. Lebensmonats voll ruhegehaltfähig -) die Zeiten vom 16.08.1976 bis 12.10.1976 (58 Tage ruhegehaltsfähig), vom 04.10.1978 bis 29.11.1978 (57 Tage ruhegehaltsfähig), vom 30.11.1978 bis 03.04.1979 (125 Tage ruhegehaltsfähig), vom 19.10.1980 bis 18.04.1981 (182 Tage ruhegehaltsfähig) und vom 13.07.1983 bis 12.01.1984 (184 Tage ruhegehaltsfähig) berücksichtigt. Wegen der weiteren Zeiten wird auf den Bescheid des LBV vom 06.03.2014 (Bl. 28 ff. der Verwaltungsakte) Bezug genommen.

Die Beklagte hatte im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens mit Bescheid vom 10.03.2011 als Kindererziehungszeiten die Zeiten vom 01.05.1976 bis 30.04.1977, vom 01.11.1978 bis 31.10.1979, vom 01.11.1980 bis 31.10.1981 und vom 01.08.1983 bis 31.07.1984 und als Berücksichtigungszeiten die Zeiten vom 13.04.1976 bis 03.10.1978, vom 04.10.1978 bis 18.10.1980, vom 19.10.1980 bis 12.07.1983 und vom 13.07.1983 bis 31.12.1991 festgestellt.

Am 16.04.2015 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Regelaltersrente ab dem 01.04.2015.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 30.04.2015 ab, weil die Klägerin die allgemeine Wartezeit zu dem gewünschten Rentenbeginn am 01.04.2015 nicht erfülle. Ihr Versicherungskonto enthalte bis zum 31.03.2015 statt der erforderlichen 60 Monate nur 24 Wartezeitmonate. Der Bescheid vom 10.03.2011 werde hinsichtlich der Feststellung von Kindererziehungszeiten für die Zeiten vom 01.05.1976 bis 30.04.1978, 01.11.1978 bis 31.10.1980, 01.11.1980 bis 31.10.1982 und 01.08.1983 bis 31.07.1985 sowie hinsichtlich der Feststellung von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für die Zeiten vom 13.04.1976 bis 12.04.1986, 04.10.1978 bis 03.10.1988, 19.10.1980 bis 18.10.1990 und vom 13.07.1983 bis 12.07.1993 nach § 149 Abs. 5 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) mit Wirkung ab 01.07.2014 aufgehoben. Wegen einer Rechtsänderung könnten die bisher vorgemerkten Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung nicht mehr berücksichtigt werden, weil die Klägerin während dieser Zeit Versorgungsanwartschaften nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen erworben habe. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung könnten wiederum nur für Zeiträume vorgemerkt werden, in denen die Voraussetzungen für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten erfüllt seien.

Zur Begründung ihres hiergegen am 01.06.2015 eingelegten Widerspruchs machte die Klägerin geltend, die vier Kinder würden zwar bei ihrer Pension berücksichtigt, dies aber keineswegs annähernd gleichwertig. Für die Kinder würden insgesamt 601 Tage ruhegehaltsfähige Dienstzeit berücksichtigt. Ihre Pension berechne sich, indem sie für 22 Jahre und 77 Tage ruhegehaltsfähige Dienstzeit 44,59 % (= 1.924,00 €) erhalte. 365 Tage ruhegehalt...

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