Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Versorgungsbezüge als beitragspflichtige Einnahmen. Hinterbliebenenrente aus der Bayerischen Apothekerversorgung. Kapitalleistungen aus einer vom Arbeitgeber beim Versorgungswerk der Presse auf das Leben des Arbeitnehmers geschlossenen Lebensversicherung. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Versorgungsbezügen im Sinne des § 229 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB V gehört die aus der Bayerischen Apothekerversorgung an Hinterbliebene des Apothekers gezahlte Versorgung.
2. Kapitalleistungen aus einer vom Arbeitgeber beim Versorgungswerk der Presse auf das Leben des Arbeitnehmers geschlossenen Lebensversicherung, deren Versicherungsnehmer durchgehend der Arbeitgeber war, sind Versorgungsbezüge im Sinne von § 229 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB V.
Orientierungssatz
Die Heranziehung von Versorgungsbezügen bei der Beitragsbemessung in der gesetzlichen Krankenversicherung begegnet im Grundsatz keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 07.01.2020 wird zurückgewiesen.
Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 06.10.2020 wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung von Leistungen aus einer Hinterbliebenenrente, Leistungen des Versorgungswerks der P. GmbH und Leistungen einer Pensionskasse.
Der 1947 geborene Kläger ist seit Juni 2012 als Bezieher einer gesetzlichen Rente pflichtversichert in der gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner (KVdR) und Mitglied der Beklagten. Im Jahr 2011 erhielt er eine Kapitalzahlung des Versorgungswerks der P. in Höhe von 13.074,16 € aus einer im Jahr 1999 von seiner ehemaligen Arbeitgeberin der R. H. V. GmbH und Co. KG als Versicherungsnehmerin (übergegangen 2010 auf die H.-L. GmbH und Co. KG) abgeschlossenen Lebensversicherung. Im Jahr 2012 erhielt der Kläger eine einmalige Kapitalzahlung von der E. Pensionskasse in Höhe von 3.164,11 € aus einem im Jahr 2002 von seiner ehemaligen Arbeitgeberin als Versicherungsnehmerin abgeschlossenen Pensionskassenvertrag. Mit Bescheiden vom 22.10.2012 setzte die Beklagte - zugleich im Namen der Pflegekasse - Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für 1/120 der Kapitalleistung des Versorgungswerks der P. (108,95 €) in Höhe von monatlich insgesamt 19,00 € und für 1/120 der Kapitalleistung der E. Pensionskasse (26,37 €) in Höhe von monatlich insgesamt 4,61 € fest. Hiergegen legte der Kläger am 20.11.2012 Widerspruch ein. Der Widerspruch wurde aufgrund eines anhängigen Rechtsstreit hinsichtlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers ruhend gestellt. In den Jahren 2014 und 2015 erhob die Beklagte keine Beiträge auf die Kapitalleistungen, weil die monatliche Beitragsuntergrenze unterschritten wurde.
Seit dem 01.04.2016 bezieht der Kläger von der B. Apothekerversorgung Hinterbliebenenbezüge aus der Versicherung seiner am 02.03.2016 verstorbenen Ehefrau in Höhe von monatlich 283,79 € und seit dem 01.01.2018 in Höhe von 285,92 €. Seine Ehefrau war Apothekerin und als solche Pflichtmitglied des Versorgungswerks der B. Apotheker. Sie bzw. ihr Ehemann entrichteten seit 1980 für sie Beiträge an das Versorgungswerk.
Mit Bescheid vom 18.04.2016 setzte die Beklagte - auch im Namen der Pflegekasse - für die Zeit ab dem 01.04.2016 aus auf zehn Jahren umgelegten Kapitalzahlungen in Höhe von 108,95 € und 26,37 € monatliche Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und Pflegeversicherung in Höhe von 24,43 € fest.
Hiergegen legte der Kläger am 07.05.2016 Widerspruch ein. Aus den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 28.09.2010 (1 BvR 1660/08) und Bundessozialgerichts (BSG) vom 30.03.2011 (B 12 KR 16/10 R) ergebe sich, dass die Anteile herauszurechnen seien, die auf eigenen Leistungen beruhten. Er werde entsprechende Bescheinigungen beim Versorgungswerk der P., der E. Pensionskasse und der B. Apothekerversorgung anfordern. Der Kläger legte daraufhin eine Bescheinigung der B. Apothekerversorgung vor, wonach die Beiträge seit 1980 durch den Kläger bzw. seine Ehefrau eingezahlt worden seien.
Mit Bescheid vom 06.01.2017 setzte die Beklagte - zugleich im Namen der Pflegekasse - die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 01.01.2017 in Höhe von 24,70 € fest.
Mit Schreiben vom 17.01.2017, das mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, bestätigte die Beklagte ihre Berechnungen. Die Versorgungsbezüge lägen mit dem Bezug der Hinterbliebenenversorgung über der Geringfügigkeitsgrenze des § 226 Abs. 2 SGB V, so dass auch die Leistungen aus den Jahren 2011 und 2012 der Beitragspflicht unterfielen. Die vom Kläger zitierte Rechtsprechung sei nicht einschlägig.
Auch hiergegen legte der Kläger am 22.01.2017 Widerspruch ein. Im Kern gehe es um die Frage, ob die von ihm aus eigenen Mitteln finanzierten Leistungen der B. Apothekenversorgung der Beitragspflicht unterläge...