rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Berlin (Entscheidung vom 20.02.2004; Aktenzeichen S 88 KR 141/04 ER) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 20. Februar 2004 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt in einem Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes die Versorgung mit dem den Wirkstoff Methylphenidat enthaltenen Medikament "Ritalin" im Rahmen des so genannten Off-Label-Use.
Der 1976 geborene Antragsteller leidet an einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), die im Jahre 2002 bei ihm diagnostiziert wurde. Seitdem wurde er zunächst im Rahmen vertragsärztlicher Versorgung mit dem Medikament "Ritalin" versorgt. Dieses Medikament ist arzneimittelrechtlich lediglich zur Therapie des ADHS bei Kindern sowie zur Therapie von Narkolepsie bei Erwachsenen zugelassen.
Der den Antragsteller behandelnde Arzt J S verordnete ihm deshalb ab Juni 2003 "Ritalin" lediglich auf Privatrezept. Daraufhin beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Gewährung von "Ritalin" als Sachleistung. Nach Einholung einer Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e.V. (MDK) lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 30. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2003 die Versorgung des Antragstellers mit "Ritalin" ab. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei eine Kostenübernahme für die im Rahmen des Off-Label-Use erfolgende medikamentöse Behandlung hier nicht möglich. Es bestehe zudem eine zumutbare Behandlungsalternative mit dem zugelassenen Importpräparat "Strattera", einem in den USA zugelassenen Medikament zur Behandlung des ADHS-Syndroms im Erwachsenenalter.
Mit seinem am 21. Januar 2004 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Antrag hat der Antragsteller sinngemäß beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, bis zur Entscheidung in der Hauptsache ihn mit dem Medikament "Ritalin" zu versorgen. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass in seinem Fall die Voraussetzungen für einen Off-Label-Use zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erfüllt seien. Es bestünde auch keine zumutbare Behandlungsalternative mit dem von der Antragsgegnerin vorgeschlagenen Medikament "Strattera". Bei Anwendung eines vergleichbaren Präparates sei es zu Unverträglichkeiten und einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen. Eine Umstellung der Medikation würde daher mit hoher Wahrscheinlichkeit zu schwerwiegenden Rückschlägen des erreichten relativ stabilen Gesundheitszustandes führen. Der ihn derzeit behandelnde Arzt lehne daher ein derartiges Experiment ab.
Mit Beschluss vom 20. Februar 2004 hat das Sozialgericht Berlin den Antrag zurückgewiesen. Die Versorgung des Antragstellers mit dem Medikament "Ritalin" im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes bis zur Entscheidung in der Hauptsache komme nicht in Betracht, weil bei summarischer Prüfung eine Klage in der Hauptsache keine Aussicht auf Erfolg haben könne. Die Voraussetzungen für die begehrte medikamentöse Versorgung im Rahmen eines Off-Label-Use lägen nicht vor. Das gewünschte Arzneimittel könne schon deshalb nicht zu Lasten der Krankenkasse verordnet werden, weil dessen Wirksamkeit bisher nicht in dem erforderlichen Umfang nachgewiesen worden sei. In der ärztlichen Fachwelt bestünde kein Konsens hinsichtlich der Behandlung des ADHS mit "Ritalin".
Mit seiner am 4. März 2004 eingelegten Beschwerde hat sich der Antragsteller gegen den ihm am 20. Februar 2004 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts gewandt. Er sei auf die Fortführung der Behandlung mit "Ritalin" weiterhin dringend angewiesen. Eine Versorgung mit dem Medikament "Strattera" stelle für ihn keine zumutbare Behandlungsalternative dar. Aufgrund seiner Vorerfahrungen mit dem chemisch und pharmakologisch eng verwandten Medikament "Edronax" sei eine entsprechende Anwendung gefährlich. Ein entsprechender Therapieversuch sei im Februar 2002 wegen starker Nebenwirkungen abgebrochen worden. Ohne eine Behandlung mit "Ritalin" drohe ihm ein "psychischer Absturz". Zudem habe ihm die Firma Novartis, der Hersteller des Medikamentes "Ritalin", mit Schreiben vom 25. März 2004 bestätigt, dass eine Zulassung dieses Medikamentes zur Behandlung von Erwachsenen angestrebt werde und dass die Forschung von Seiten der pharmazeutischen Industrie zum Einsatz des Medikamentes bei Erwachsenen durchaus aktiv sei.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 20. Februar 2004 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn mit dem Medikament "Ritalin" bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu versorgen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen,
die sie für unbegründet hält.
Das Gericht hat die Aufsätze von Martin Winkler "ADD bei Erwachsenen", von J. Fritze und M. Schmauß für den Vorstand der De...