Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Anordnung. Wahlanfechtung. Vertreterversammlung einer Kassenärztlichen Vereinigung
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen, unter denen im einstweiligen Anordnungsverfahren die Wahl zur Vertreterversammlung einer Kassenärztlichen Vereinigung angefochten werden kann.
Gründe
Die Antragsteller, drei Vertragsärzte mit Arztsitz in B., begehren im Wege der einstweiligen Anordnung die Neuauszählung der Stimmen zur Wahl der Vertreterversammlung der Antragsgegnerin zu 1. für die 11. Amtsperiode.
In der Zeit vom 25. November 1996 bis einschließlich 9. Dezember 1996 bzw. 11. Dezember 1996 fanden im Wege der Briefwahl die Wahlen zur Vertreterversammlung der Antragsgegnerin zu 1. statt. Die Wahl wurde auf der Grundlage der "Wahlordnung zur Bildung der von den Mitgliedern der Vereinigung zu wählenden Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung B." vom 14. Dezember 1995 (im folgenden "Wahlordnung"; veröffentlicht im Amtsblatt B. 1996, S. 1007) durchgeführt. Nach dem amtlichen Endergebnis der Wahlen (veröffentlicht im Mitteilungsblatt der Antragsgegnerin zu 1., Ausgabe Februar 1997, S. A69 ff.) sind von den insgesamt 5.826 Stimmberechtigten des Wahlkörpers "Vertragsärzte" 4.530 Wahlbriefe eingegangen. Von diesen Wahlbriefen wurden 186 Wahlbriefe als ungültig ausgesondert, weil der verschlossene Wahl-Umschlag mit dem Aufdruck "Wahlbrief" nicht mit dem Absender und/oder dem Vertragsarztstempel des Wahlberechtigten versehen war. Nach dem amtlichen Endergebnis entfielen bei Auszählung der gültig abgegebenen Stimmen für den Wahlkörper "Vertragsärzte" (insgesamt 3.765) 17 Stimmen auf den Antragsteller zu 1., 16 Stimmen auf den Antragsteller zu 2. und 21 Stimmen auf den Antragsteller zu 3.; die Antragsteller sind danach nicht zu Vertretern, sondern nur zu Nachrückern gewählt.
Die Antragsteller haben die Wahl am 6. Februar 1997 gegenüber der Antragsgegnerin zu 1. und am 7. Februar 1997 gegenüber der Antragsgegnerin zu 2. als Aufsichtsbehörde angefochten. Sie machen unter anderem geltend, durch die Zurückweisung von 183 (gemeint sind 186) Wahlbriefen sei eine Verletzung des gesicherten und geordneten Ablaufs des Wahlverfahrens erfolgt. Von einer objektiven Erfassung des Wählerwillens könne nicht ausgegangen werden. Der Verstoß gegen eine (Ordnungs-)Vorschrift über das Aussehen des äußeren Wahlbriefes könne nicht zu einer Zurückweisung der Wahlbriefe führen, denn gewichtiger als bloße Formalien sei die Durchsetzung des objektiven Wählerwillens.
Die Antragsgegnerin zu 1. teilte den Antragstellern mit Schreiben vom 14. Februar 1997 mit, über die Wahlanfechtung habe nach § 9 Abs. 5 Wahlordnung die Antragsgegnerin zu 2. endgültig durch schriftlichen Bescheid zu entscheiden. In einer Stellungnahme vom 14. Februar 1997 gegenüber der Antragsgegnerin zu 2. führte die Antragsgegnerin zu 1. zu den geltend gemachten Anfechtungsgründen unter anderem aus, die Zurückweisung der 186 Wahlbriefe als ungültig sei gemäß § 4 Abs. 8 Satz 2 der Wahlordnung zu Recht erfolgt. Danach habe der Wähler den Wahlbrief (§ 4 Abs. 5 Satz 3 Wahlordnung) mit seinem Absender und gegebenenfalls mit dem Aufdruck seines Vertragsarztstempels zu versehen. Diese Bestimmung, die aus der bis zum 22. März 1996 geltenden alten Wahlordnung übernommen worden sei (§ 7 Abs. 2 Satz 4 Wahlordnung a.F.), solle dem Wahlausschuß die gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 Wahlordnung vorgeschriebene Prüfung und Zählung der Wahlbriefe ermöglichen. Die Bedeutung des Vertragsarztstempels bei den niedergelassenen Vertragsärzten bestehe darin, daß dieser eine Art Dienstsiegelfunktion habe. Der Aufdruck des Vertragsarztstempels auf dem Wahlbrief mache nicht nur die Überprüfung des Absenders durch Vergleich mit der Wählerliste möglich, sondern gewährleiste schon rein äußerlich, daß der Wahlberechtigte ein solcher aus dem Kreis der niedergelassenen Vertragsärzte sei, weil die außerordentlichen Mitglieder und die ordentlichen Mitglieder aus dem Kreis der in den Einrichtungen gemäß § 311 Abs. 2 SGB V angestellten Mitglieder im Regelfall nicht über einen persönlichen Vertragsarztstempel verfügten. Der Umstand, daß gemäß § 4 Abs. 8 Satz 2 Wahlordnung der Absender nur "ggf." mit dem Aufdruck des Vertragsarztstempels zu versehen sei, bedeute nicht, daß der Aufdruck des Vertragsarztstempels nicht obligatorisch, sondern fakultativ sei.
Mit Schreiben vom 14. Februar 1997 an die Antragsteller teilte die Antragsgegnerin zu 2. mit, die aufsichtsrechtliche Prüfung der dargelegten Anfechtungsgründe werde einige Zeit in Anspruch nehmen. Zudem werde darauf hingewiesen, daß die Aufsichtsmittel auch bei einer Wahlanfechtung gemäß § 78 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch -SGB V- i.V.m. § 89 Sozialgesetzbuch Viertes Buch -SGB IV- sowie § 4 Abs. 2 der Satzung der Antragsgegnerin zu 1. i.V.m. § 9 Abs. 5 Wahlordnung begrenzt seien. Im Falle einer festgestellten Rechtsverletzung habe zunächst eine Beratung der Antragsgegnerin zu 1. zu erfolgen mit dem Ziel, auf Behebung der Recht...