Entscheidungsstichwort (Thema)

einstweiliger Rechtsschutz. Vorwegnahme der Hauptsache. Feststellung der Versicherungspflicht. Erwerbsminderungsrente. Erhaltung des Versicherungsschutzes. zuständiger Versicherungsträger. Rentenversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Für das Begehren auf Feststellung eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses im vorläufigen Rechtsschutzverfahren fehlt es an einem Anordnungsgrund, wenn es dem Antragsteller in der Sache um die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente geht. Er muss sein vorläufiges Rechtsschutzbegehren in einem solchen Fall gegen den Rentenversicherungsträger - hier die BfA - richten.

 

Orientierungssatz

"Vorläufiger" Rechtsschutz muss jedoch auch im Lichte von Art 19 Abs 4 S 1 GG nur dann gewährt werden, wenn dem betroffenen Antragsteller das Abwarten der Hauptsacheentscheidung nicht zugemutet werden kann.

 

Gründe

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 8. April 2002 ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag der Antragstellerin vom 27. März 2002 zu Recht abgelehnt. Der Antrag, im Wege einstweiliger Anordnung festzustellen, dass die Antragstellerin in der Zeit vom 1. April 1996 bis zum 12. Juli 1998 versicherungspflichtig beschäftigt war, ist jedenfalls unbegründet. Denn ungeachtet der Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit gerichtliche Feststellungen im Hinblick auf ihre fehlende Vollstreckbarkeit überhaupt Gegenstand vorläufigen Rechtsschutzes sein können, hat die Antragstellerin für ihr Begehren nach § 86 b Abs. 2 SGG einen Anordnungsgrund nicht mit der für den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nicht nötig. Denn wie sie in ihrer Beschwerdebegründung bereits selbst dargelegt hat, würde mit der von ihr begehrten Feststellung die Hauptsache vorweggenommen, weil mit dieser -- einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum betreffenden -- Feststellung ein Status festgeschrieben würde, der sich bei einem eventuellen Misserfolg ihrer Klage nicht mehr revidieren ließe (vgl. hierzu auch Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Kommentar, Stand: Januar 2002, § 123 Rdnr. 156). Die Tatsache, dass mit einer Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren die Hauptsache vorweggenommen würde, schließt den Erlass "einstweiliger" Anordnungen zwar nicht schlechterdings aus, weil dies gegen das in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) postulierte Gebot effektiven Rechtsschutzes verstieße. "Vorläufiger" Rechtsschutz muss jedoch auch im Lichte von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nur dann gewährt werden, wenn dem betroffenen Antragsteller das Abwarten der Hauptsacheentscheidung nicht zugemutet werden kann. Dies ist hier entgegen der Auffassung der Antragstellerin aber nicht der Fall. Denn es darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass die hier begehrte Feststellung lediglich als "Mittel zum Zweck" beantragt worden ist. Im Ergebnis geht es der Antragstellerin nämlich nicht allein um die Statusentscheidung. Vielmehr will sie als Folge dieser Entscheidung die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung erreichen, die u.a. davon abhängig ist, dass sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls der Erwerbsminderung drei Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt hat. Ebenso wie dies z.B. auch bei medizinischen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung der Fall wäre, ist es ihr insoweit zuzumuten, nach Ablehnung dieser Leistung durch den hierfür zuständigen Träger (hier der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte) gegenüber diesem -- bezogen auf die letztlich begehrte Leistung -- um vorläufigen Rechtsschutz nachzusuchen. Hieran ändert im Fall der Antragstellerin nichts, dass -- worauf die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte mit ihrem Schreiben vom 10. August 2001 bereits zutreffend hingewiesen hat -- die Prüfung der Versicherungspflicht und des eventuellen Beitragseinzuges für die strittige Zeit vom 1. April 1996 bis zum 12. Juli 1998 der Antragsgegnerin obliegt. Denn deren Entscheidung ist nur für das auf die Gewährung der begehrten Rente gerichtete Hauptsacheverfahren vorgreiflich. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte müssen die genannten Fragen inzidenter geprüft und die Rente muss gegebenenfalls auch ohne statusbegründende Entscheidung der Antragsgegnerin vorläufig gewährt werden. Sperrwirkung käme insoweit nur einer bestandskräftig gewordenen negativen Statusentscheidung zu, an der es hier jedoch im Hinblick auf das nach wie vor anhängige Klageverfahren S 81 KR 594/02 fehlt. Eine Rechtsschutzlücke, die anders als durch die hier begehrte Feststellung nicht geschlossen werden könnte, liegt nach allem nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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