Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Regelungsanordnung. Anordnungsanspruch. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs 2 Nr 1a FreizügG/EU 2004. Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs 2 Nr 1 iVm § 2 Abs 3 S 1 Nr 2 FreizügG/EU 2004. vorläufige Entscheidung nach § 41a Abs 7 S 1 Nr 1 SGB 2. Ermessensreduzierung auf Null. Sozialhilfe. Leistungsausschluss für Ausländer ohne Aufenthaltsrecht. Vereinbarkeit mit dem EuFürsAbk. erlaubter Aufenthalt. Anordnungsgrund. unzureichende Arbeitsbemühungen. Freizügigkeit von Unionsbürgern. Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer oder selbstständiger. Existenzsicherung
Leitsatz (amtlich)
1. Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen gem § 2 Abs 3 S 1 Nr 2 FreizügG/EU (juris: FreizügG/EU 2004) das Recht nach § 2 Abs 1, 2 Nr 1 FreizügG/EU unberührt bleibt.
2. Zu der Frage, ob das dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende gem § 41a Abs 7 S 1 Nr 1 SGB II eingeräumte Ermessen aufgrund des existenzsichernden Charakters der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II auf Null reduziert ist.
3. Zum Verhältnis zwischen Anordnungsgrund und Arbeitsbemühungen.
Orientierungssatz
1. Die Meldung beim Arbeitsamt und die Wahrnehmung sämtlicher von dort angebotener Vermittlungen genügen nicht, um als Arbeitsuchender iS des § 2 Abs 2 Nr 1a FreizügG/EU 2004 zu gelten. Daneben bedarf es vielmehr intensiver Eigeninitiativen. Die Stellensuche muss im Einzelnen in nachprüfbarer Weise dokumentiert werden.
2. Ein "erlaubter" Aufenthalt iS des Art 1 EuFürsAbk iVm Art 11 EuFürsAbk setzt "eine (weiterhin bestehende) materielle Freizügigkeitsberechtigung" voraus (vgl BSG vom 3.12.2015 - B 4 AS 59/13 R).
Normenkette
SGB II § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, § 41a Abs. 7 S. 1 Nr. 1; SGB XII § 23 Abs. 1, 3 S. 1 Nr. 2; FreizügG/EU § 2 Abs. 2 Nr. 1a, Abs. 3 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 2; RL 2004/38/EG Art. 7 Abs. 3; EFA Art. 1; EFA Art. 11; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1, 3, Art. 100 Abs. 1 S. 1
Tenor
Die unter dem Aktenzeichen L 5 AS 1357/17 B ER registrierte Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 26. Juni 2017 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Auf die unter dem Aktenzeichen L 5 AS 1358/17 B ER PKH registrierte Beschwerde hin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 26. Juni 2017 hinsichtlich der Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch der Antragstellerin geändert. Der Antragstellerin wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht und für das unter dem Aktenzeichen L 5 AS 1357/17 B ER registrierte Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt S, beigeordnet.
Gründe
Die unter dem Aktenzeichen L 5 AS 1357/17 B ER registrierte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtete Antrag der Antragstellerin (mit dem sie ab dem 20. Juni 2017 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch ___AMPX_)_SEMIKOLONX___XSGB II___AMPX_(_SEMIKOLONX___X, hilfsweise Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch ___AMPX_)_SEMIKOLONX___XSGB XII___AMPX_(_SEMIKOLONX___X “in gesetzlicher Höhe„ begehrt) ist zulässig, jedoch weder gegenüber dem Antragsgegner noch gegenüber dem Beigeladenen begründet.
Ein Anordnungsanspruch ist nicht glaubhaft gemacht (§ 86b Abs. 2 Satz 2, 4 Sozialgerichtsgesetz ___AMPX_)_SEMIKOLONX___XSGG___AMPX_(_SEMIKOLONX___X in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung ___AMPX_)_SEMIKOLONX___XZPO___AMPX_(_SEMIKOLONX___X).
Die Antragstellerin (eine erwerbsfähige, 1976 in Brasilien geborene, spanische Staatsbürgerin, die seit dem 2. Februar 2014 in der Bundesrepublik Deutschland lebt ___AMPX_)_SEMIKOLONX___Xvgl. Bl. 6, 8 der Akten des Antragsgegners___AMPX_(_SEMIKOLONX___X) ist gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 a) SGB II in der seit dem 29. Dezember 2016 gültigen Fassung des “Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch„ vom 22. Dezember 2016 (Bundesgesetzblatt 2016 Teil I S. 3155) - an dessen Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht der Senat keinen Zweifel hegt (vgl. dazu die Stellungnahmen der vom Ausschuss für Arbeit und Soziales gehörten Sachverständigen F W D und B H ___AMPX_)_SEMIKOLONX___XAusschussdrucksache 18(11)827 S. 7 - 10, 22 - 25___AMPX_(_SEMIKOLONX___X; Ulmer, ZRP 2016, 224 - 226; Landessozialgericht ___AMPX_)_SEMIKOLONX___XLSG___AMPX_(_SEMIKOLONX___X Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 17. März 2016, L 9 AS 1580/15 B ER; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11. Februar 2016, L 3 AS 668/15 B ER; LSG Hamburg, Beschluss vom 14. April 2016, L 4 AS 76/16 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. März 2016, L 12 SO 79/16 B ER; Sozialgericht ___AMPX_)_SEMIKOLONX___XSG___AMPX_(_SEMIKOLONX___X Dresden, Beschluss vom 24. November 2016, S 32 AS 4260/16 ER; SG Dortmund, Be...