Entscheidungsstichwort (Thema)
Vormerkung. Pflichtbeitragszeiten. Nachweis. Glaubhaftmachung. Rente wegen Erwerbsminderung. Berufsunfähigkeit. Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen. Schwere spezifische Leistungsbehinderung. Funktionsstörung der Hände
Leitsatz (redaktionell)
Ist der Versicherte gesundheitlich noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, scheidet ein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI aus.
Normenkette
SGB VI §§ 43, 240
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 07. Mai 2007 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Streitig ist die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.
Die Klägerin hat nach den Eintragungen im Sozialversicherungsausweis vom 01. September 1981 bis zum 15. Juli 1983 erfolgreich eine Ausbildung zum Facharbeiter für Postverkehr durchlaufen (Facharbeiterbrief vom 15. Juli 1983). Vom 01. August 1983 bis zur betriebsbedingten Kündigung am 03. Mai 1995 war sie als Schalterangestellte beim Post- und Fernmeldeamt B beschäftigt. Seither ist sie arbeitslos. Sie bezieht derzeit Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
Am 22. Dezember 2003 stellte die Klägerin einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, in welchem sie sich seit Dezember 2003 wegen eines Carpaltunnelsyndroms beider Hände für erwerbsgemindert hielt.
Die Beklagte berücksichtigte zunächst Unterlagen aus einem Reha- Verfahren der Klägerin, unter anderem sozialmedizinische Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen Berlin-Brandenburg e. V. (MDK) vom 16. Juni 2003 und 08. Januar 2004 sowie Berichte des behandelnden Facharztes für Chirurgie Dipl. med. R vom 26. Januar, 01. September und 22. September 2003. Die Beklagte veranlasste außerdem eine Untersuchung und Begutachtung der Klägerin durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. In seinem Gutachten vom 13. Juni 2004 stellte er ein Carpaltunnelsyndrom (CTS) beidseits nach erfolgter Operation sowie ein neuropathisches Schmerzsyndrom der Hände beidseits (rechts mehr als links) fest und hielt die Klägerin deshalb nur noch für in der Lage, täglich regelmäßig leichte körperliche Arbeiten zeitweise im Stehen, zeitweise im Gehen, überwiegend jedoch im Sitzen in Tagesschicht unter Vermeidung von Akkordarbeiten sechs Stunden und mehr zu verrichten. Arbeiten, die den ständigen ausgesprochenen Gebrauch beider Hände und Arme erforderten, seien nicht möglich. Ihre erlernte Tätigkeit könne sie nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich ausüben. Es müsse noch eine suffiziente Schmerztherapie durchgeführt werden.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. Juli 2004 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab, da die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei.
Auf den Widerspruch der Klägerin hiergegen holte die Beklagte zunächst einen Befundbericht von Dipl. med. R ein, worin dieser wesentliche Funktionseinschränkungen aller Gelenke und der Wirbelsäule nicht bestätigen konnte (Bericht vom 15. September 2004). Er bescheinigte einen Verdacht auf Chronifizierung und Fibromyalgie-Syndrom (FMS). Ein weiterer Bericht vom 15. März 2005 enthielt im Wesentlichen die gleichen Aussagen. Sodann beauftragte die Beklagte den Facharzt für Orthopädie/Chirotherapie/Homöopathie Dr. B mit der Untersuchung und Begutachtung der Klägerin. In seinem Gutachten vom 25. Juli 2005 diagnostizierte er ein chronisches lumbales Schmerzsyndrom mit gesicherten degenerativen, ligamentären und myalgieformen Veränderungen sowie ein Schmerzsyndrom beider Hände bei Zustand nach mehrfacher CTS-Operation. Die Klägerin könne täglich regelmäßig noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten zeitweise im Gehen, zeitweise im Stehen und zeitweise im Sitzen sechs Stunden und mehr verrichten. Zu vermeiden seien die Wirbelsäule belastende Tätigkeiten wie Heben und Tragen schwerer Lasten sowie anhaltende Zwangshaltungen, anhaltende Belastungen der Hände und Tätigkeiten mit erhöhten Anforderungen an die Feinmotorik sowie an die komplexe Koordinierung. Als Angestellte im Postverkehr könne sie nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich arbeiten. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. September 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage vor dem Sozialgericht (SG) Potsdam hat die Klägerin geltend gemacht, ihre Beschwerden hätten sich im Laufe der Zeit eher verschlechtert. Sie habe ständig Schmerzen in den Händen, Taubheitsgefühle und Kraftlosigkeit. Seit einem Bandscheibenvorfall im September 2004 habe sie zudem große Rückenprobleme mit Schmerzen, die in die Beine ausstrahlten, und ein Taubheitsgefühl im linken Fuß.
Das SG hat zunächst Befundberichte von dem behandelnden Orthopäden Dr. Z vom 30. März 2006 und von Dipl. med. R vom 11. September 2006 eingeholt. Anschließend hat es den Orthopäden Dr. M mit der Untersuchung der Klägerin und der Erstellung eines Fachgu...