Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Statthaftigkeit der Anhörungsrüge bei bestehender Möglichkeit der Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde
Orientierungssatz
Die Anhörungsrüge nach § 178a Abs 1 SGG findet nur statt gegen Endentscheidungen. Endentscheidungen sind Urteile oder Beschlüsse, die ein Verfahren im letzten Rechtszug abschließen. Unter Beachtung dieses Grundsatzes der Subsidiarität ist eine Anhörungsrüge ausgeschlossen, wenn ein Rechtsmittel oder Rechtsbehelf zwar grundsätzlich statthaft ist, der Rechtsmittelführer aber die geltende Frist versäumt, den Rechtsbehelf also konkret nicht mehr einlegen kann oder konkret nicht einlegen will.
Tenor
Die Anhörungsrüge des Klägers gegen das Urteil des Senats vom
18. November 2009 - L 3 U 329/06 - wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Kläger begehrte mit seiner Klage und Berufung die Feststellung der bei ihm bestehenden schizophrenieähnlichen Erkrankung als Folge eines als Arbeitsunfall anzuerkennenden Ereignisses von Mai oder Juni 1985. Dieses Begehren ist vom Senat mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 18. November 2009 zurückgewiesen worden. An der mündlichen Verhandlung haben sowohl der Prozessbevollmächtigte des Klägers, Herr Rechtsanwalt Sch, als auch der Bruder des Klägers, Herr J S, teilgenommen. Der Bruder des Klägers hat hierbei ein von ihm vorbereitetes Schriftstück vom 15. November 2009 nebst Anlagen zur Akte gereicht, in dem er sich mit dem eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten auseinandergesetzt und seine persönliche Auffassung zum medizinischen Sachverhalt dargelegt hat. Das mit Tatbestand, Entscheidungsgründen und Rechtsmittelbelehrung versehene Urteil ist ausweislich der in den Akten befindlichen Empfangsbekenntnisse dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 25. November 2009 und der Beklagten am 26. November 2009 zugestellt worden.
Mit Schreiben vom 07. Dezember 2009 hat der Kläger, jetzt nur noch vertreten durch seinen Bruder J S, Anhörungsrüge nach § 178a Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben. Er führt im Wesentlichen aus, sein mündliches und schriftliches Vorbringen in der mündlichen Verhandlung sei vom Senat nicht bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt worden. Der Senat habe das auf seinen Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholte Gutachten des medizinischen Sachverständigen Prof. Dr. R seiner Entscheidung zugrunde gelegt, obwohl er an diesem Gutachten - und zwar auch noch in der mündlichen Verhandlung - umfänglich Kritik geübt habe. Das Gutachten sei fehlerhaft, der Sachverständige hätte vereidigt werden und der Senat hätte weiter medizinisch ermitteln müssen.
Der Beklagten ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
II.
Die Anhörungsrüge des Klägers ist gemäß § 178a Abs. 1 Nr. 1 SGG als unzulässig zu verwerfen, § 178a Abs. 4 Satz 1 SGG.
Nach § 178a Abs. 1 SGG ist das Verfahren auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Die Anhörungsrüge findet damit nur statt gegen Endentscheidungen. Endentscheidungen sind Urteile oder Beschlüsse, die ein Verfahren im letzten Rechtszug abschließen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 178a Rdnr. 3).
Vorliegend hat der Senat zwar die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, allerdings wäre dem Kläger die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 160a SGG möglich gewesen. Hierauf ist er auch in der Rechtsmittelbelehrung des Urteils des Senats hingewiesen worden. Auch die Nichtzulassungsbeschwerde ist ein Rechtsmittel im Sinne des § 178a SGG (vgl Leitherer, a. a. O. § 178a Rdnr. 4). Dem Kläger stand somit ein anderer Rechtsbehelf als die Anhörungsrüge zur Verfügung (Grundsatz der Subsidiarität der Anhörungsrüge). Unter Beachtung der Subsidiarität ist eine Anhörungsrüge ausgeschlossen, wenn ein Rechtsmittel oder Rechtsbehelf zwar grundsätzlich statthaft ist, der Rechtsmittelführer aber die geltende Frist versäumt, den Rechtsbehelf also konkret nicht mehr einlegen kann (vgl. insoweit Leitherer, a. a. O., § 178a Rdnr. 4a; so auch Bayerisches Landessozialgericht Beschluss vom 19. Mai 2009 - L 10 AL 96/09 RG -, in juris) oder - offensichtlich wie hier - konkret nicht einlegen will.
Lediglich ergänzend ist auszuführen, dass der Senat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht verletzt hat. Ob eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vorliegt, ist zunächst nach den Maßstäben des Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) zu beurteilen, da unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte die Verletzung des Verfahrensgrundrechts auf rechtliches Gehör die Rüge eröffnen soll (vgl. Leitherer, a. a. O., § 178a Rdnr. 5). Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs besagt, dass der Beteiligte ...