Entscheidungsstichwort (Thema)
Student. Beurlaubung. Urlaubssemester. Lebensunterhalt. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss bei Ausbildungsförderung. Keine abstrakte Förderungsfähigkeit eines Studenten im Urlaubssemester
Leitsatz (amtlich)
Auf einen Studenten im Urlaubssemester ist § 7 Abs. 5 SGB II nicht anwendbar
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. Dezember 2007 geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig für die Zeit vom 05. Februar bis zum 31. März 2008 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller dessen notwendige außergerichtliche Kosten des gesamten Verfahrens zu zwei Fünfteln zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde mit dem sinngemäßen Antrag,
den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. Dezember 2007 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller ab dem 08. November 2007 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren,
ist zulässig gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Hierzu hat der betreffende Antragsteller das Bestehen des zu sichernden materiellen Anspruches (Anordnungsanspruch) sowie die besondere Dringlichkeit des Erlasses der begehrten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 der Zivilprozessordnung).
1. Hiervon ausgehend sind nur für die Zeit ab der Beschwerdeentscheidung des Senats (05. Februar 2008) bis zum 31. März 2008 sowohl der Anordnungsgrund als auch der Anordnungsanspruch zu bejahen:
Der Anordnungsgrund ergibt sich daraus, dass der Antragsteller glaubhaft gemacht hat, dass er ohne sonstige Einkünfte oder sonstiges Vermögen ausgestattet ist und einer sofortigen gerichtlichen Entscheidung zur Erlangung effektiven Rechtsschutzes bedarf. Der Anordnungsanspruch ist gleichfalls glaubhaft gemacht worden. Die Leistungsvoraussetzungen nach § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Zweites Buch (SGB II) sind zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Der Antragsgegner kann sich aber auch nicht auf die den Anspruch ausschließende Vorschrift des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II berufen. Denn die Ausbildung des Antragstellers ist nicht im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig.
An der Grundvoraussetzung für eine Förderung nach dem BAföG, nämlich dem Besuch einer Ausbildungsstätte, fehlt es, wenn und solange der Auszubildende von der Ausbildungsstätte beurlaubt ist (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 25. 08. 1999, 5 B 153/99, zitiert nach juris). Deshalb steht § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II einem Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit einer Beurlaubung nicht entgegen. Dies entsprach für die Anwendung des früheren § 26 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschluss vom 25. 08. 1999, 5 B 153/99, zitiert nach juris). Der Senat sieht keine Veranlassung, die Vorschrift des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II, die nahezu wortlautgleich mit § 26 Abs. 1 Satz 1 BSHG ist, nunmehr verändert auszulegen.
Der Antragsteller hat auch die Beurlaubungsvoraussetzungen glaubhaft gemacht. Er hat durch Vorlage von Urkunden belegt, dass er bis zum 31. März 2008 vom Studium beurlaubt ist. Darüber hinaus hat er auch durch Vorlage von ärztlichen Attesten glaubhaft machen können, dass die Beurlaubung wegen einer psychischen Erkrankung erfolgte und insoweit eine Missbrauchsbefürchtung des Antragsgegners nicht gerechtfertigt ist.
2. Im Übrigen jedoch war die Beschwerde zurückzuweisen. Für die Zeit nach dem 31. März 2008 fehlt es derzeit an einem Anordnungsanspruch, weil der Antragsteller insoweit keine Beurlaubung von seinem Studium glaubhaft gemacht hat. Für die Zeit vor der Beschwerdeentscheidung des Senats (05. Februar 2008) fehlt es hingegen an einem Anordnungsgrund:
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschlüsse vom 23. Januar 2008, Az: L 25 B 43/08 AS ER, und vom 16. Januar 2008, Az: L 25 B 2274/07 AS ER) beurteilt sich in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nach dem Zeitpunkt, in dem das Gericht über den Eilantrag entscheidet; im Beschwerdeverfahren ist dies der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO], § 123 Randnummern 165, 166 mit weiteren Nachweisen zur Parallelproblematik in § 123 VwGO). Dies folgt daraus, dass in dem Erfordernis eines Anordnungsgrundes e...